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Der Hund kommt - Roman

Der Hund kommt - Roman

Titel: Der Hund kommt - Roman
Autoren: Christine Noestlinger
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ins Wirtshaus. Sie fanden den Auto-Eber. Er lag vor der Theke und schnarchte.
    »Nach dem achten Bier und dem achten Schnaps kippt er um«, erklärte der Wirt. »Vor morgen Mittag wird der sicher nicht wieder.«
    Der Bär und der Hund schauten sich den Auto-Eber genau an und sahen ein, dass der Wirt Recht hatte. Sie mieteten ein Zimmer im Wirtshaus und setzten sich in die Wirtsstube. Ungeheuer durstig und hungrig waren sie.
    »Was darf ich den Damen bringen?«, fragte der Wirt.
    Der Hund hätte sich am liebsten einen Doppelliter Bier und eine doppelte Doppelportion Gulasch bestellt, doch er dachte sich: Das ist sicher nicht ladylike!
    Er flüsterte dem Bären zu: »Bestell was Damenhaftes für uns, lieber Freund.«
    »Zweimal Marillenkuchen und zweimal Eierlikör«, bestellte der Bär.
    Diese Bestellung gab der Bär hinterher noch sechsmal auf, sonst wären er und der Hund kaum satt geworden.
    Gerade als sich der Bär und der Hund erheben und auf ihr Zimmer gehen wollten, kam ein Polizist in die Wirtsstube. Ein ziemlich alter Widder.
    »Ruhig Blut bewahren, lieber Freund«, flüsterte der Bär dem Hund zu und legte beruhigend eine Tatze auf die Pfote vom Hund.
    Der Polizist schaute sich im Wirtshaus um. Er suchte nach einem freien Tisch. Alle Tische waren besetzt. Sogar alle Stühle an allen Tischen waren besetzt. Bloß am Tisch vom Hund und vom Bären war noch ein Stuhl frei.
    »Der wird doch nicht«, flüsterte der Hund und schaute entsetzt.
    »Und ob der wird«, flüsterte der Bär und drückte die Pfote vom Hund. »Das schaffen wir schon, lieber Freund«, murmelte er. »Nur ruhig Blut!«
    Der Polizisten-Widder kam zum Tisch vom Hund und vom Bären, verbeugte sich, sagte: »Gestatten, die Damen«, und setzte sich auf den freien Stuhl, ohne eine Antwort abzuwarten. »Ganz allein unterwegs, die Damen?«, fragte er.
    Der Hund nickte bloß, der Bär sagte: »Was bleibt denn zwei alten, allein stehenden Fräuleins schon anderes übrig, als allein auf Reisen zu gehen?«
    »Aber, aber«, rief der Widder. »Wer redet denn da von alt? So entzückende, junge Damen wie Sie! Sie scherzen wohl?«
    »Sie sind mir aber ein Draufgänger«, kicherte der Bär und drohte dem Widder neckisch mit der Tatze. Der Hund wäre am liebsten unter den Tisch gekrochen.
    »Aber Spaß beiseite!«, sagte der Widder. »Zwei so entzückende Damen sollten wirklich nicht allein reisen. Die Welt ist schlecht, meine werten Fräuleins. Es könnte Ihnen etwas zustoßen, ohne tapfere Männerbegleitung.«
    »Da jagen Sie mir aber einen Schreck ein«, stammelte der Bär und machte Kulleraugen.
    Der Hund meinte, auch etwas zur Unterhaltung beitragen zu müssen. »Wir haben bisher unterwegs nur nette liebe Leute getroffen«, sagte er und schlug die Augen nieder.
    »Weil Sie zwei naive Fräuleins sind«, rief der Widder. »Sie haben keine Nase für die Schlechtigkeit. Da schaut einmal her!«
    Der Widder zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus der Rocktasche. »Gerade habe ich diesen Steckbrief bekommen.« Er entfaltete das Papier und hielt es dem Hund und dem Bären vor die Schnauzen. »Schaut doch recht harmlos aus, dieser Hund, oder nicht?«, fragte er.
    Der Hund starrte auf sein Foto. »In der Tat«, murmelte er. »Dieser Hund scheint mir ein durch und durch ehrenwerter Hund zu sein.«
    »Ist er aber nicht«, rief der Widder. »Dieser Mordshund wird gesucht wegen Einbruch in eine Schule und Amtsanmaßung, wegen Dachbodendiebstahl und Kaminzertrümmerung, Flucht vor behördlichen Organen und Irreführung selbiger, Diebstahl von Gärtnereigentum und Kellereinbruch mit Vorratsentwendung. Um nur die wichtigsten Delikte zu nennen.«
    »Wie man sich irren kann!«, sagte der Bär.
    »Eben, meine werten Fräuleins«, sagte der Widder. Dann sagte er nichts mehr, weil ihm der Wirt ein Bier und eine Portion Gulasch brachte. Er schlürfte und schmatzte bloß drauflos.
    Der Bär gähnte. »Ich denke, wir gehen in die Heia, liebe Schwester«, sagte er.
    »Du denkst richtig, liebe Schwester«, sagte der Hund und gähnte auch. Der Hund und der Bär wünschten dem Widder einen vergnüglichen Abend und wieselten auf ihr Zimmer.
    Der Hund warf sich aufs Doppelbett und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Das war knapp«, stöhnte er.
    »Keine Spur«, sagte der Bär und lachte. »Das war sogar äußerst beruhigend. Wenn dich nicht einmal ein widderliches Polizistenauge erkennt, musst du kein bisschen Angst mehr haben.«
    An diesem Abend lagen der Hund und der Bär
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