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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes
Autoren: Agatha Christie
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zurück.«
    »Ach!« Mir schien, als spräche Genugtuung, vielleicht sogar Erleichterung aus diesem Ausruf.
    »Ich wünsche Ihnen viel Glück bei Ihrer Untersuchung«, fuhr ich in ungezwungenem Ton fort. »Lassen Sie nur ja nicht den Hund des Todes auf mich los, wenn wir uns das nächste Mal begegnen!«
    Seine Hand ruhte in der meinen, als ich das sagte, und ich spürte, wie er zusammenzuckte. Doch er hatte sich rasch wieder in der Gewalt und entblößte die langen, spitzen Zähne zu einem Lächeln.
    »Welche Macht wäre das für einen Mann, der die Macht liebt!«, sagte er. »Das Leben eines jeden Menschen in der eigenen Hand zu halten!«
    Und sein Lächeln wurde breiter.
    Meine direkte Verbindung mit dem Fall war damit zu Ende. Später gelangte das Tagebuch des Arztes in meine Hände. Ich will die spärlichen Eintragungen daraus an dieser Stelle wiedergeben, obwohl man bedenken möge, dass sie erst eine ganze Zeit später in meinen Besitz kamen.
     
    »5. Aug. Habe entdeckt, dass Schwester M. A. unter ›den E r wählten‹ jene versteht, denen die Fortpflanzung der Rasse oblag. Sie standen offenbar in höchstem Ansehen, höher als die Prieste r schaft. Vergleiche die ersten Christen!
    7. Aug. Habe Schwester M. A. überredet, sich hypnotisieren zu lassen. Es gelang mir, sie in Hypnoseschlaf und Trance zu verse t zen, fand aber keinen Rapport.
    9. Aug. Hat es in der Vergangenheit Zivilisationen gegeben, mit denen verglichen die unsere ein Nichts ist? Seltsam, wenn es so wäre, und ich der einzige, der den Schlüssel dazu in Händen hie l te…
    12. Aug. Schwester M. A. sagte heute, dass ›im Stand der Gnade das Tor geschlossen sein muss, auf dass kein anderer G e walt über den Leib gewinne!‹ Interessant! Aber verwirrend.
    18. Aug. Das Erste Zeichen ist also nichts anderes als… (die folgenden Worte wurden ausradiert)… wie viele Jahrhu n derte wird es dann noch dauern, bis das Sechste erreicht ist? Aber wenn es einen abkürzenden Weggäbe zur Macht…
    20. Aug. Habe veranlasst, dass M. A. mit Krankenschwester zu mir zieht. Sagte, Patientin müsse unter Morphium gehalten werden. Bin ich wahnsinnig? Oder werde ich der Übermensch sein, der die Macht über den Tod in seinen Händen hält?«
    (Hier brechen die Aufzeichnungen ab.)
     
    Es war, glaube ich, am 29. August, als ich den Brief erhielt. Er war unter der Anschrift meiner Schwester an mich adressiert, in schrägen, fremdländisch wirkenden Schriftzügen. Ich machte ihn mit einiger Neugier auf. Sein Inhalt lautete wie folgt:
     
    »Cher Monsieur,
    ich habe Sie nur zweimal gesehen, aber ich habe gefühlt, dass ich Ihnen vertrauen kann. Ob meine Träume wahr sein mögen oder nicht, sie sind in der letzten Zeit deutlicher geworden… Und, Monsieur, einer zumindest, der Hund des Todes, ist kein Traum… In jener Zeit, von der ich Ihnen erzählte (ob sie wir k lich existierte oder nicht, weiß, ich nicht), tat Er, der Hüter des Kristalls, das Sechste Zeichen zu früh den Menschen kund… Das Böse hielt in ihren Herzen Einzug. Sie hatten die Macht, nach Belieben zu töten – und sie töteten ohne Gerechtigkeit – im Zorn. Sie waren vor Machtlust trunken. Als wir das sahen, wir, die wir noch rein waren, erkannten wir, dass wir den Kreis auch dieses Mal nicht vollenden und zum Zeichen des Ewigen Lebens gelangen sollten. Er, der der nächste Hüter des Kristalls gewesen wäre, war aufgerufen zu handeln. Damit das Alte sterbe und das Neue, nach endlosen Zeitaltern, wiederkehre, ließ er den Hund des Todes über das Meer (wobei er Acht gab, den Kreis nicht zu schließen), und das Meer erhob sich in Gestalt eines Hundes und verschlang das ganze Land…
    Die Erinnerung daran ist mir schon einmal gekommen – auf den Stufen des Altars in Belgien…
    Dieser Dr. Rose, er gehört zur Bruderschaft. Er kennt das Erste Zeichen und die Form des Zweiten, wenn auch dessen Bedeutung allen außer wenigen Auserwählten verborgen ist. Nun sucht er das Geheimnis des Sechsten Zeichens von mir zu erfahren. Ich habe ihm bislang widerstanden – aber meine Kräfte lassen nach. Monsieur, es ist nicht gut, dass ein Mensch vor seiner Zeit zur Macht gelange. Viele Jahrhunderte müssen vergehen, ehe die Welt so weit sein wird, dass die Gewalt über den Tod in ihre Hände gelegt werden kann… Ich beschwöre Sie, Monsieur, der Sie das Gute und Wahre heben, helfen Sie mir… ehe es zu spät ist.
     
    Ihre Schwester in Christo
    Marie-Angélique.«
     
    Ich ließ das Blatt sinken. Der Grund
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