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Der Hüter des Schwertes

Der Hüter des Schwertes

Titel: Der Hüter des Schwertes
Autoren: Duncan Lay
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vorbei mit dem klaren Denken und der Vernunft. Und Edils Tod … war eher ein Mord gewesen.
    »Er hätte versucht, seine Söhne zu rächen«, sagte Martil zu Tomon, aber er merkte, dass nicht einmal das Pferd das glauben würde. »Er hatte die Wahl, mich einfach in Frieden zu lassen!« Aber nicht mehr zum Schluss, sagte er sich.Sich selbst damit zu beruhigen, dass der Mann ein Räuber war und offensichtlich schon vorher getötet hatte, sodass er jetzt mit dem Auslöschen seiner Familie sogar anderen Reisenden das Leben retten würde, war nur ein schwacher Trost. Es änderte nichts an der Wahrheit.
    Martil überlief ein Schauder der Selbstverachtung. »Er ist tot, weil ich ihn töten wollte. Weil ich ihn dafür bestrafen wollte, dass er mich in Zorn gebracht hatte«, sagte er Tomon. »Weil ich wieder die Kontrolle verloren hatte. Genau wie in Bellic.«
    Es war einer der Gründe gewesen, warum er das Heer und selbst sein Heimatland Rallora verlassen hatte, obwohl er dort unten – zumindest für einen Teil der Menschen – ein Held gewesen war.
    »Einer der Gründe? Es war der einzige Grund, du dummer Bastard!«, sagte er sich selbst.
    Bellic. Die eine Tat des Zorns und der Rache, die ihn vom Helden zum Verbrecher gemacht hatte. Die Stadt, die ihn für den Rest seines Lebens heimsuchen würde. Der jahrelange Krieg hatte ihm etwas genommen; die Fähigkeit, sich selbst zu kontrollieren – seine Ruhe zu bewahren. Wenn er zornig wurde, starben Menschen. Selbst hier, in einem anderen Land. Und er wusste nicht, wie er dem ein Ende setzen sollte.
    Ich kann nicht mehr viel aushalten, bevor ich komplett verrückt werde, dachte er … er rieb sich das Gesicht mit zittriger Hand. Von jetzt an wird es anders sein. Ich werde mich ändern, schwor er sich im Stillen.
    Er zog sich langsam frische Kleider an. Aber als er sich hinsetzte, um in seine Stiefel zu schlüpfen, ließ ihn ein lautes Stöhnen sofort wieder auf die Füße springen; er spürte, wie sein Herz raste. Er war schon auf dem Weg zu seinen Schwertern, bevor er begriff, dass die Geräusche von dem schwarzbärtigen Sohn kamen, den er abgeschlachtet hatte. Er versuchte sich aus seinen Eingeweiden zu ziehen und sich auf den Rücken zu legen.
    Martil wischte die Schwerter mit seinem besudelten Hemd ab, bevor er sie kampfbereit in die Hände nahm und den Bemühungen des Jungen zusah. Als er sich sicher war, dass keine Falle auf ihn wartete, ging er vorsichtig zu ihm hinüber. Wenn die Hälfte der Eingeweide sich rund um die Knie ausbreitete, konnte man nicht gut kämpfen, aber in sechzehn Jahren blutiger Kriege hatte Martil viele seiner Freunde, und später seinen Obersten, auf zu ungewöhnliche Art und Weise sterben sehen, um jetzt auch nur das geringste Risiko einzugehen. Martil wusste, was er tun musste. Der junge Räuber konnte noch gut eine Umdrehung des Stundenglases oder länger unter Todesqualen leiden. Er trat einen Schritt auf ihn zu und hob sein Schwert, um dem Leiden des jungen Mannes ein Ende zu bereiten.
    »Wartet!«
    Martil hielt inne und blickte in das junge, brutale Gesicht. Schmerzen und Blut hatten Linien auf die Teile des Gesichts gezeichnet, die nicht von dem dicken, verfilzten Bart bedeckt waren. Die Augen zeigten Intelligenz und einen Hauch Verzweiflung.
    »Ich habe eine Halbschwester. Ihr Name ist Karia. Sie ist erst sechs. Vater hat noch mal geheiratet, nachdem Mutter bei Letens Geburt gestorben war.« Er deutete mit dem Kopf auf seinen Bruder mit der durchgeschnittenen Kehle.
    »Wollt Ihr, dass ich sie und ihre Mutter irgendwo hinbringe?« Martil wusste erst nicht recht, warum er dies gefragt hatte. Die Schuld darüber, dass er die Kontrolle verloren hatte, überkam ihn, und er war erpicht darauf, mehr als erpicht, Wiedergutmachung zu leisten. Auch war er erpicht darauf, von diesem Ort zu verschwinden. Er könnte sich die Mutter und das Kind nehmen, sie ins nächste Dorf bringen und ihnen Geld geben. Das würde alles wiedergutmachen, redete er sich ein.
    Schwarzbart schüttelte den Kopf und biss sich prompt auf die Lippe, wegen der Anstrengung, die ihn das gekostet hatte.
    »Nein. Ihre Mutter starb bei ihrer Geburt. Wir haben Karia in unserem Unterschlupf gelassen, ungefähr zweihundert Schritt westlich von hier.«
    »Was soll ich für Euch tun?«
    »Bringt sie über die Grenze nach Tetril, ins Dorf Thest. Wir haben Verwandtschaft dort. Meinen Onkel Danir. Er wird sich um sie kümmern.«
    Martils Wissen um den exakten Verlauf der Grenze war
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