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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman
Autoren: Eva Maaser
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und übereinandergezogenen Kitteln aus Wolle, Leinen und Seide, teils mit, teils ohne Ärmel. Um seine Hüften wand sich ein doppelter, mit allerhand glitzerndem Tand besetzter Gürtel. Sein Rangabzeichen, wie Venantius Wittiges ausführlich erklärt hatte. Worin aber genau die Bedeutung des Gürtels und seines barbarischen Schmucks bestand, wollte Wittiges gar nicht wissen.
    Zwölf Söhne hatte dieser Ziegenbock. Und wie viele Frauen?
    „Ich mache dir das Angebot, dass wir unsererseits die Grenzen nicht überschreiten“, sagte Wittiges lässig und stellte sich schaudernd Baian als Kaiser vor, „wenn du mir gelobst, sie in Zukunft zu respektieren, und den alten Pakt ohne Änderung erneuerst.“
    Tausend Krieger warteten in Passau nur auf den Befehl von Wittiges, den schmutzigen Haufen niederzumachen, den Baian mit sich führte. Dux Gogo hatte die Entscheidung, Krieg oder kein Krieg, ganz und gar Wittiges anheimgestellt, erwartete aber im Fall eines Kriegs natürlich einen Sieg. Es war ein verlockender Gedanke, diese Laus vor ihm, die nach Pferdepisse, Schweiß und saurer Milch stank, zu zerquetschen.
    „Das ist dein ganzes Angebot?“, schnauzte Baian.
    Bereits zweimal waren die Awaren in byzantinisches Hoheitsgebiet eingefallen, hatten einige Landstriche erobert, waren aber dann von der Armee des Kaisers zurückgeschlagen worden. Sicher wollte Baian für seinen nächsten Kriegszug gegen Konstantinopel eine Unterstützung durch das fränkische Heer, was Wittiges ihm auf keinen Fall zugestehen würde. 
    Er solle Stärke und Entschlossenheit zeigen, hatte Dux Gogo gefordert. Daher hatte Wittiges auf dem letzten Abschnitt der Reise die Truppen zusammengezogen, die nun in Sichtweite der awarischen Grenze bei Passau lagerten. Thüringer, Sueben und Alamannen, ein sehr gemischter Haufen. In Wittiges Abwesenheit unterstanden sie dem comes der civitas von Passau, und wurden außerdem von einem Unterheerführer aus der civitas von Reims mit hundert erfahrenen Kriegern aus den fränkischen Kernlanden an der Kandare gehalten. Sicher hatte Baian inzwischen Kunde von diesem großen Heer. Wieso gab er sich dennoch so anmaßend?
    „Und die üblichen Geschenke“, ergänzte Wittiges herablassend, „dazu Kornvorräte und Futter für eure Pferde, ihr baut ja nicht viel an, so weit ich unterrichtet bin.“
    Laut Venantius verstanden sich die Awaren besser auf Plünderung.
    Wenig später war die Unterredung beendet, und er konnte endlich, müde und taumelig vor Trunkenheit, seine Unterkunft aufsuchen.
    Er schlug den Ledervorhang vor dem Eingang der armseligen Hütte hoch und schlüpfte in den Teil, der ihm vorbehalten war. Der karge Raum wurde von einer Öllampe erleuchtet. Eine Gestalt kniete am Boden und schürte das Feuer in einem kleinen, eisernen Kohlebecken. Wahrscheinlich eine Sklavin. Neben ihr stand ein Krug mit Wasser, aus dem Dampf aufstieg, und eine leere Schüssel. Heißes Wasser zum Waschen! Unvermittelt juckte Wittiges die Haut.
    Er wollte nur noch allein sein. Da er sich nicht in der fremden Sprache verständigen konnte, fasste er die Gestalt am Arm. Sie wandte sich um. Es war die schöne Awarin!
    Er begriff sofort: Baian hatte ihm das Einzige geschickt, womit er tatsächlich Eindruck auf ihn machen konnte.
    2
    „Knie nieder!“, verlangte Bertho herrisch.
    „Nicht schon wieder“, murrte Felix.
    „Doch! Leiste deinen Eid!“, forderte der kleine König unbeeindruckt.
    „Das haben wir tausendmal gespielt, fällt dir nichts anderes ein?“, widersprach Felix erneut.
    „Das ist kein Spiel. Ich muss das üben, weißt du, und außerdem kann ich gar nicht früh genug damit anfangen, mir meine Leute auszusuchen. Ich mache dich zu meinem anstrustio . Wie gefällt dir das?“
    „Das bin ich doch längst.“ Erbittert warf Felix seiner Mutter Aletha einen hilfesuchenden Blick zu, aber die achtete nicht auf ihren Sohn.
    Auf Verlangen Königin Brunichilds hatte Aletha Felix mitgebracht, es war nicht sein eigener Wunsch gewesen, nach Metz zu kommen. Er sehnte sich nach Hause zurück, auf das Gut casa alba unweit von Reims, wo er aufgewachsen war. Seine Mutter hatte ihm erklärt, dass er mit seinen elf Jahren alt genug für höhere Verpflichtungen sei und dass sein Vater es nicht verstehen würde, wenn er sich ihnen entzöge. Childebert, den alle nur Bertho nannten, der siebenjährige König von Austrasien, brauchte einen Freund, dem er vertrauen konnte, und einen verlässlichen, besonnenen Spielgefährten. Zum Spielen,
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