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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman
Autoren: Eva Maaser
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sein.“
    Wie alt war Baian? Wittiges schätzte ihn auf wenigstens vierzig. Zwei der Söhne hatte er kennengelernt, es waren erwachsene Männer, ein dritter war jene Geisel in Passau. Er, Wittiges, hatte mit neunundzwanzig nur diesen einen, ein elfjähriges Kind.
    „Sind deine Frauen unfruchtbar?“, fuhr Baian augenzwinkernd fort. Offensichtlich belustigte ihn das Thema. „Dann verstoße sie.“
    In der Runde der Awarenkrieger machte sich Heiterkeit breit.
    Bemerkungen wie diese gehörten zu den Versuchen, Wittiges Ansehen und Autorität zu untergraben. Beim ersten Zusammentreffen, als Wittiges feierlich die mitgebrachten Geschenke überreicht hatte - darunter kostbare Wollstoffe, Gewürze, Tiegel mit duftenden Salben, silberne Gewandfibeln, Becher, Schalen -, hatte Baian kaum einen Blick darauf geworfen und einen seiner Männer angewiesen, sie unter den Gefolgsleuten zu verteilen.
    „Ich denke nicht daran“, erklärte Wittiges so gelassen wie möglich. Unnötig, auch noch darauf hinzuweisen, dass er als überzeugter Christ nur eine Ehefrau hatte. Aletha . In Gedanken nannte er ihren Namen wie eine Beschwörungsformel gegen allen Überdruss, den er empfand.
    „Ein Mann muss Söhne haben“, beharrte Baian, und ein Spur von Mitleid klang in seiner harschen Stimme auf. Er beugte sich vor und sprach ein wenig leiser, um klarzumachen, dass es sich um eine vertrauliche Frage handelte. „Oder fällt es dir schwer, mit einer Frau ...“ Er fasste sich vielsagend an den Schritt und erntete erneut Heiterkeit von Seiten seiner Leute.
    Wittiges lächelte nur stur und kalt.
    Sichtlich enttäuscht machte Baian eine Bemerkung zu den Kriegern neben ihm. Die nickten ausdruckslos.
    Das hasste Wittiges am meisten. Dieses Gerede, das über seinen Kopf hinwegging, das ihn misstrauisch machte und ihm nur zu deutlich zeigte, wie fremd und ausgeliefert er unter diesen Barbaren war. Sein Zorn wuchs. Er hatte sich nicht um diese Mission gerissen, sie war ihm aufgezwungen worden. Und Venantius tat wenig, um sie ihm leichter zu machen. Nur ab und zu schenkte er ihm gönnerhaft eine Perle des Wissens, das er angeblich über die Awaren besaß.
    Die junge Frau huschte wieder herein, beugte sich zu einem der Männer hinab und flüsterte ihm etwas zu. Wittiges erschien sie nun noch begehrenswerter. Als sie sich zurückzog, fing er zufällig ihren Blick ein. Dieser Blick ging ihm unter die Haut. Viel zu lange hielt er ihn fest, bis er endlich begriff, dass er sich ungehörig verhielt. Schließlich wusste er nicht, wer sie war. Als sie den Kopf zur Seite wandte, entdeckte er ihre kostbaren goldenen Ohrringe. Zu seinem Entzücken blieb sie im Raum, wenn auch hinter den Männern. Er konnte sie gerade noch erkennen, und sobald ihm die Unterredung mit den Awaren allzu sehr zusetzte, schaute er zu ihr hinüber.
    Baian wollte wissen, wie Sigibert, an den er sich noch gut erinnerte, gestorben war. Wittiges litt Höllenqualen bei dem Versuch, die feige, hinterhältige Ermordung des Königs durch dessen eigenen Bruder als ruhmreichen Tod auf dem Schlachtfeld darzustellen.
    „Einmal erwischt es jeden“, murmelte Baian bedauernd. „Aber er muss verdammt unvorsichtig gewesen sein“, setzte er hämisch hinzu. „Du wirst einsehen, dass sein Tod die Lage vollkommen ändert.“ Sein Ton wurde schärfer, als er rasch weitersprach. „Ihr Franken“ – er deutete mit dem Finger auf Wittiges – „habt einen Kinderkönig, der uns nichts bedeutet. Mit diesem Kind haben wir keinen Vertrag. Aber ich bin vielleicht bereit, einen neuen zu schließen“, setzte er großspurig hinzu, als Wittiges zu einer Entgegnung ansetzte. „Das kommt ganz auf euer Angebot an.“
    Baian schien sich seiner Überlegenheit sehr sicher.
    Hauptsächlich oblag es Venantius, die eigentlichen Absichten des Khagans durch harmlos anmutendes Geplauder mit dessen Leuten herauszufinden. Was er bisher erfahren und Wittes mitgeteilt hatte, klang allerdings unglaublich. Demnach strebte Baian nach nichts Geringerem als dem geheiligten, oströmischen Kaiserthron, der für die ganze westliche Welt, ja für alle Nationen der Erde der Inbegriff der unantastbaren Macht einer mehr als tausendjährigen Geschichte war, das Zentrum höchster, je erreichter Kultur.
    Baian als Kaiser?
    Der Awarenfürst trug sein struppiges Haar in unzählige Zöpfe geflochten, die sein Haupt wie eine Matte aus Rattenschwänzen bedeckten. Seine Kleidung bestand aus einem Fellumhang und mehreren lieblos zusammengenähten
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