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Der Hollywood-Mord

Der Hollywood-Mord

Titel: Der Hollywood-Mord
Autoren: Joseph Wambaugh
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Al Mackey gefragt hatte, ob sie den Einsatz übernehmen sollten, weil es ganz in der Nähe wäre. Er hatte gesagt: »Ich bin müde, Al. Mach, was du willst.« Die Worte waren in seinem Kopf jetzt noch so scharfkantig wie die Nadelspuren bei einer Stahlgravierung. Er erinnerte sich präzise.
    Wenn er den letzten Teil des Satzes nicht gesagt hätte. Wenn sie zwei Blocks näher am Revier gewesen wären. Wenn die Nachbarin etwas ausführlichere Angaben gemacht hätte, wäre der Funkruf ein Code drei gewesen, und ein Funkstreifenwagen wäre als erstes dagewesen.
    Ist es das am Ende? Ist alles ein Unfall? Ein Zufall? Eine Serie von kleinen Launen des Schicksals?
    Mister und Missis Meadows seien sicherlich keine bösen Menschen, hatte der Pflichtverteidiger gesagt. Und er hatte sicherlich recht. Sie hatten nicht die Würde des Bösen. Mußten nicht alle durchgefallenen Seminaristen die Lacher auf ihrer Seite haben? Das Böse gibt es gar nicht. Das Gute auch nicht. Es gibt keine Wahl. Nur Unfälle und Zufälle.
    Sie trafen lange vor dem ersten Funkstreifenwagen ein. Die kreischende Frau stand vor dem Haus von Danny Meadows. Sie sagte kein einziges Wort. Sie zeigte nur immer auf das Haus und schrie. Al Mackey griff nach ihrem Arm, und sie versuchte zu reden. Sie wurden nicht schlau daraus. Martin Welborn zog seinen Revolver und ging auf das Haus zu. Er erinnerte sich genau an das, was Al Mackey gesagt hatte: »Sei vorsichtig, Marty.«
    Al kam die Stufen herauf, als Martin Welborn sehr vorsichtig das Innere des ominösen Holzhauses betrat. Drinnen liefen drei gefleckte Hundewelpen herum. Urin und Kothaufen der Welpen waren überall. Das ganze Haus stank danach. Und nach dem Geruch von verschüttetem Bier und Portwein. Martin Welborn ging sehr vorsichtig weiter durch den Gestank und den Abfall, als Al durch die Tür kam, die Kanone in der Hand. Sie wußten nicht, wonach sie überhaupt suchten.
    Al Mackey stieß vorsichtig eine Schlafzimmertür auf, und beide duckten sich kurz, jeder auf seiner Seite. Al ging als erster ins Schlafzimmer. Die Matratze hatte keine Laken und war beschmutzt mit Menstruationsblut und Urin und Sperma. Die nicht bezogenen Kopfkissen waren genauso gefleckt wie die Hunde. Was die Definition für unbewohnbare Häuser betraf, so war dies hier nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht mal in einem so schlimmen Zustand, daß es ohne weiteres als unbewohnbar gelten konnte. Es gab keine zerbrochenen oder gesprungenen Fensterscheiben. Keine Büchsen mit giftiger Farbe oder Chemikalien, keine Fläschchen mit Betäubungsmitteln oder andere tödliche Substanzen.
    In dem Funkruf war von einem Fall von Messerstecherei für die Ambulanz geredet worden. Aber wer war mit dem Messer verletzt worden? Und wo? Dann hörten sie das Wimmern von der Veranda.
    Martin Welborn ging durch das verdreckte Wohnzimmer, während die fetten Welpen glücklich fiepten und in seine Hosenaufschläge bissen. Zuerst dachte er, er würde das Wimmern eines anderen Welpen hören. Dann wußte er es besser. Es war menschliches Wimmern. Dann fand Martin Welborn den kleinen Danny Meadows.
    Er lag auf der Veranda unter dem freistehenden Waschtisch, zusammengeknüllt wie ein Lumpensack. Auf dem Linoleum vor dem Waschtisch war eine große Blutlache. Einer der herumwieselnden Welpen tapste durch die Pfütze und sprang dann mit blutigen kleinen Pfoten auf Martin Welborns Bein, als der Detective sich hinkniete, um sich Danny Meadows näher anzusehen.
    Danny Meadows war acht Jahre alt. Sein Gesicht wirkte geisterhaft. Er stand unter einem Schock. Er starrte aus riesengroßen blauen Augen vor sich hin und sagte »Daddy?« zu Martin Welborn.
    Danny Meadows trug ein schmutziges grünes T-Shirt, Socken und Turnschuhe. Er hielt seine blauen Jeans vor sich, als ob er sich schämen würde. Die Jeans waren blutdurchtränkt. Er sah Martin Welborn in die Augen und sagte »Daddy?« Der fette Welpe platschte durch das Blut, sprang um Martin Welborn herum und versuchte, mit ihm zu spielen.
    Martin Welborn streckte die Hand aus und zog Danny Meadows sanft die blutigen Jeans weg. Der Junge wimmerte, aber dann ließ er sie los. Martin Welborn stöhnte auf und ließ seinen Revolver in das Blut fallen. Er fiel dem jungen Hund auf die Pfote, und der kläffte los und rannte winselnd ins Wohnzimmer. Danny Meadows schaute Martin Welborn an und sagte: »Daddy?«
    Dort, wo der Penis hätte sein sollen, war ein großes Loch. Das meiste Blut war geronnen, aber aus der klaffenden,
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