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Der Hollywood-Mord

Der Hollywood-Mord

Titel: Der Hollywood-Mord
Autoren: Joseph Wambaugh
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senkrechten Wunde lief das Blut immer noch, wenn auch nicht mehr stoßweise.
    Al Mackey hörte die Sirene als erster. Seine Stimme war nicht zu verstehen. Er sagte Martin Welborn irgendwas von der Ambulanz.
    »Wer … wer hat dir weh getan?« fragte Martin Welborn.
    Danny Meadows sagte: »Daddy?«
    Dann, als er sich noch vor Entsetzen schüttelte, durchzuckte es Martin Welborn! Wo? Wo?
    »Sohn!« sagte er. »Wo … wo is … wo …«
    Martin Welborn fing an zu schreien. Vor dem Haus stoppte gerade die Ambulanz. Martin Welborn sprang auf und begann wie ein Verrückter zu suchen. Er riß Haufen von schmutzigen Kleidern auseinander. Er rannte zum Ausguß. Er wühlte mit den Händen im Mülleimer. Martin Welborn rutschte in dem Blut aus und fiel hin, als er ins Wohnzimmer stürmte.
    Er sah nicht, daß die Sanitäter ins Haus kamen. Er hörte nicht, wie Al Mackey ihnen verzweifelt Anweisungen gab. Er mußte es finden! Er rannte ins Schlafzimmer und suchte zuerst nach dem Messer. Dann suchte er nach weiteren Blutspuren. Er hörte nicht, daß Al Mackey ihm was zubrüllte. Die Toilettenschüssel!
    Er rannte ins Badezimmer. Er tauchte mit der Hand in das gelbe Wasser. Al Mackey brüllte ihn immer noch an.
    Martin Welborn stieß seinen Partner aus der Türöffnung und raste zurück ins Wohnzimmer, während die Sanitäter mit Danny Meadows, den sie in eine Decke gewickelt hatten, zum Bürgersteig runterrannten.
    Martin Welborn fand es im Wohnzimmer. Es lag in einem Aschenbecher unter einem Haufen Zigarettenkippen. Es war angebrannt worden. Er schluchzte heftig, als er es aus dem Aschenbecher nahm. Er taumelte ins Badezimmer und wusch es im Waschbecken ab. Al Mackey stand zitternd neben ihm und brüllte ihm was ins Ohr.
    »Um Gottes willen, Martin! Halt! Um Gottes willen!«
    Martin Welborn wickelte es in ein Taschentuch und brachte es ins Kinderhospital. Ein Chirurgenteam arbeitete fünf Stunden lang und nähte den kleinen Penis wieder an. Zehn Tage lang dauerte die Ungewißheit. Dann gaben die Ärzte zu, daß die Operation mißglückt war. Eine zweite Amputation mußte schließlich durchgeführt werden, um das Leben von Danny Meadows zu retten.
    Es wurde ermittelt, daß beide Eltern an der sechsmonatigen Teufelsaustreibung bei ihrem mittleren Kind Danny Meadows, einem chronischen Bettnässer, entscheidend beteiligt gewesen waren. Ihre anderen Kinder hatten sie ebenfalls vernachlässigt, aber nie gequält. Der letzte Akt war nach der letzten Warnung erfolgt, er dürfe nicht mehr ins Bett machen. Es wurde nie präzise ermittelt, wer von den beiden das Messer geführt hatte. Sie beschuldigten sich gegenseitig.
    Und ihr Sohn, Danny Meadows, war Martin Welborn begegnet und wurde für ihn zum erbarmungslosen kleinen Gespenst, zu einem aus einer ganzen Heerschar von anderen Gespenstern, die nachts aufstanden, um Martin Welborn zu foltern.
    Schließlich ließ der stechende Schmerz langsam nach. Und auch die Tränen versiegten, die ihm die Todesangst in die Augen getrieben hatte. Er löste die Gurte und fiel auf den Boden seines Schlafzimmers. Sein nackter Körper war schweißgebadet. Er versuchte, sich hinzusetzen, aber er mußte sich wieder hinlegen. Er versuchte es nochmals. Er spürte, daß alles Blut seines Körpers in seinem Schädel herumwirbelte. Ihm war zu schwindlig, als daß er hätte aufstehen können. Er zog die Decke vom Fußende seines Bettes.
    Die Härte des Fußbodens würde die Schmerzen erträglicher machen. Er zog die Decke über sich und schlief auf dem Boden ein. Er hatte schreckliche Angst davor, daß die Schmerzen zurückkommen könnten, aber sie blieben weg.

 

    18
    Die karmesinroten Slipper
    Am nächsten Nachmittag erzielten sie im Mordfall Nigel St. Claire den entscheidenden Durchbruch, an den sie kaum noch geglaubt hatten. Es kam alles so plötzlich und so dramatisch, daß Al Mackey so gut wie sicher sein konnte, daß er im Mordfall Nigel St. Claire niemals einen Menschen verhaften mußte. Und das war sicherlich die beste von allen Lösungen, die man sich vorstellen konnte.
    Am Morgen erschien Al Mackey wie üblich vor dem Apartment von Martin Welborn. Weil Martin Welborn noch nicht vor dem Haus stand, ging Al Mackey zur Tür und klopfte. Er wartete nur ein paar Sekunden und griff dann gleich nach seinem beschichteten Polizeiausweis. In Gedanken sah er Marty schon wieder dahängen wie ein großer toter Martin, und die Panik packte ihn, als er sich abmühte, um das Schloß aufschnappen zu lassen.
    Dann
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