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Der Hollywood-Mord

Der Hollywood-Mord

Titel: Der Hollywood-Mord
Autoren: Joseph Wambaugh
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öffnete sich die Tür. Martin Welborn sagte: »Bist du unter die Einbrecher gegangen, Aloysius, mein Junge?«
    Er war geduscht, rasiert, gebürstet und fein in Schale. So gepflegt und ordentlich wie immer. Aber er war sehr bleich und hatte dunkle Ränder unter den Augen, und in seiner Stimme war ein leichtes Zittern, als er sagte: »Also, mein Sohn, gefällt dir mein neuer Anzug? Glitzert es, wenn ich gehe?«
    Al Mackey gefiel es gar nicht, wie es in Martin Welborns Augen glitzerte. Und ihm gefiel die ganze Art nicht, in der sich Martin an diesem Tag bewegte, in der er redete oder sonst was tat. Marty stand fast den ganzen Morgen, den sie damit verbrachten, sich durch den Berg von Papierkram zu wühlen, irgendwie neben sich. Bis zum Mittag arbeiteten sie sich durch die Papiere. Dann war Al Mackey völlig erschöpft und schaute rüber zu Marty, der damit beschäftigt war, mögliche Fehler in bezug auf Logik und Zusammenhänge zu entdecken.
    Während seiner zweiundzwanzig Dienstjahre hatte Al Mackey einfach zu viele kennengelernt, die an der schlimmen Polizistenkrankheit zerbrochen waren. Er hatte 1968 einen Partner im Funkstreifenwagen gehabt, der während einer allgemein gehaltenen Rede über die sichere Handhabung von Schußwaffen, in der darauf hingewiesen worden war, daß zwanzig Prozent der im Dienst erschossenen Polizisten der Nation unglückseligerweise von anderen Polizisten getroffen worden waren, die Versammlung erschreckt hatte, indem er ausrief: »Aber wieviel Prozent haben sich selber erschossen?« Auch er hatte diesen glitzernden, in unendliche Fernen starrenden Blick gehabt. Zwei Wochen später hatte er sich auf dem Parkplatz des Reviers erschossen und wurde selbst ein Teil der furchtbaren Statistik, die das Department nicht führte.
    Kurz nach Mittag luden Schultz und Simon ihr Mord-und-Totschlag-Kollegenteam zu einem durchfallfördernden Imbiß an ihrer Lieblings-Burrito-Bude ein.
    »Los, Marty, komm mit. Seit gestern hab ich keinen Chili-Cha-Cha mehr getanzt«, sagte Al Mackey.
    »Ich hab keinen Hunger, Al. Geh du doch.«
    »Los, Marty, du mußt was essen.«
    »Ich hab wirklich keinen Hunger. Hau schon ab.«
    Nur widerwillig begleitete Al Mackey die beiden Kolosse, und es wurde ihm fast übel, als er sah, wie sie pro Mann vier Burritos verdrückten.
    Erst nach ein Uhr kamen sie zurück. Martin Welborn war nicht im Squadroom. Al Mackey sah in der Ausgangsliste nach und stellte fest, daß Marty die Absicht gehabt hatte, zur Personalabteilung zu gehen. Was hatte Marty bei der Personalabteilung zu suchen? Aber ehe er Zeit hatte, länger darüber nachzudenken, passierte der entscheidende Durchbruch.
    Das Frettchen kriegte einen Anruf vom Raubdezernat in der Innenstadt. Als er den Hörer auflegte, brüllte er so laut »HURENSOHN!«, daß Gladys Bruckmeyer aus ihrem Schreibmaschinenstuhl hochschoß, sich die Knie ihrer Strumpfhose aufriß und dadurch ihr krampfadriges altes Fahrgestell entblößte.
    »Was, zum Teufel, stimmt denn bei dir nicht?« erkundigte sich Schultz.
    »Sie haben das Schlitzauge übern Haufen geschossen! Und Ganz-einfach-Bill auch! Sie haben sie beide übern Haufen geschossen!«
    Da war keine Zeit mehr, auf Martys Rückkehr zu warten. Da wurde es für Al Mackey und das Frettchen nur noch höchste Zeit, im Code-drei-Einsatz mit einem schwarzweißen Funkstreifenwagen über den San Bernardino Freeway zum County-Hospital zu rasen, wo zwei Detectives vom Raub sie am Fahrstuhl erwarteten. Auf dem Weg zur Intensivstation erfuhren sie, daß Bill Bozwell und sein vietnamesischer Kompagnon, dessen kalifornischer Führerschein ihn als Loc Nguyen auswies, noch mehr Pech als gewöhnlich gehabt hatten, als sie zehn Minuten nach zwölf auf einem Parkplatz an der Hill Street in der Innenstadt von Los Angeles einen Diamantenhändler überfallen hatten. Nachdem sie den Händler, der seine Ware nicht kampflos hergeben wollte, zusammengeschlagen hatten, liefen sie direkt in die Arme von drei Detectives vom Raub- und Fälschungs-Dezernat, die in einem Kaufhaus ihre Dienstzeit damit totgeschlagen hatten, nach Golfbällen zu Ausverkaufspreisen zu suchen. Bei einer sehr einseitigen Schießerei hatten die Detectives Bill Bozwell und Loc Nguyen mit sieben 38er Kugeln durchsiebt. Ganzeinfach-Bill war bei der Einlieferung ins Krankenhaus gestorben, und Loc Nguyen würde, nach Auskunft der Ärzte, den Nachmittag nicht überleben.
    Die Kollegen vom Raub sagten, es gebe auf der Intensivstation einen neunmalklugen
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