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Der Hexer - NR46 - Das Rätsel von Stonehenge

Der Hexer - NR46 - Das Rätsel von Stonehenge

Titel: Der Hexer - NR46 - Das Rätsel von Stonehenge
Autoren: Verschiedene
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wie eine bizarre Wolfsfratze mit fingerlangen Reißzähnen aus dem Helm herausragte. Doch Jeany beachtete sie nicht, sondern starrte nur in die Augen des Mannes, die kalt auf sie herabblickten.
    Der Fremde hob mit einer beinahe lässigen Bewegung sein Schwert und richtete die Spitze auf Jeanys Brust. Plötzlich war der süßliche Geschmack von Blut in ihrem Mund.
    »Die Jagd ist zu Ende!« Seine Stimme drang dumpf und fremd unter der Eisenmaske hervor. Aber Jeany spürte, daß der Mann vor Freude und Triumph beinahe außer sich war.
    Der Mann wollte ihren Tod. Und noch mehr, erkannte Jeany schaudernd.
    Seltsamerweise dämpfte diese Erkenntnis ihre Angst. Tief in ihrem Innern regte sich das Gefühl, daß der Ritter unrecht hatte. Die Jagd war noch längst nicht zu Ende. Außerdem sagte ihr etwas, das zwar ein Teil ihrer selbst war, ihr jedoch so unsagbar fremd erschien, daß sie schon bald Hilfe erhalten würde.
    Es war seltsam, aber plötzlich hatte sie gar keine Angst mehr. Sie war sich der Gefahr, sterben zu können, bewußter denn je, aber es war jetzt nur noch Wissen, keine Panik mehr. Es war, als erwache eine zweite, völlig andere Jeany in ihr.
    Sie gab ihr die Kraft, sich herumzuwerfen und loszurennen.

    * * *

    Jemand rüttelte an meiner Schulter. Die Berührung war nicht einmal sehr fest – geschweige denn schmerzhaft –, aber ich befand mich in jenem Zwischenstadium zwischen wirklichem Wachsein und Schlummer, in dem ich schon immer allergisch auf jegliche Art von Störungen reagiert habe – vor allem, wenn sie vor zwölf Uhr mittags erfolgen.
    Zornig, aber zu müde, dem Kerl all das anzutun, wozu ich im Augenblick Lust verspürte, schlug ich die Hand beiseite, verursachte damit aber nur ein amüsiertes Lachen.
    »Holla, Freund. Wir sind gleich da. Sie sollten jetzt langsam aufstehen; der Zug hat nicht lange Aufenthalt!«
    Ich öffnete die Augen und starrte den Sprecher an, nicht ganz schlüssig, ob ich nun wirklich wach war oder einen Geist vor mir hatte, der sich aus einem Alptraum hinübergeschlichen hatte, um mich zu quälen. Allerdings hatte der kleine, pummelige Kerl vor mir nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem geisterhaften Wesen – allerhöchstens mit einem Quälgeist.
    Noch während ich die seltsame dunkle Kleidung, die er trug, einzuordnen versuchte, nickte er mir mit einem freundlichen Grinsen zu und streckte sich, um einen länglichen Gegenstand aus einem netzartigen Ding zu nehmen, das knapp unter der Decke die Wand entlang gespannt war. Erst als er mir das Ding reichte, erkannte ich, daß es sich um meinen Stockdegen handelte.
    Mein Stockdegen? Ein Netz? Irgend etwas war hier nicht in Ordnung, gelinde ausgedrückt. Aber ich war noch nicht wach genug zu erkennen, was.
    »Das ist wohl alles, was Sie an Gepäck mithaben?« meinte er gemütlich.
    »Gepäck?« echote ich dümmlich. »Was für Gepäck???«
    Ein sehr ungutes Gefühl begann sich in mir breit zu machen – vor allem, als kaum eine Sekunde später ein schriller Pfiff durch den Raum tönte...
    Und plötzlich wußte ich, wo ich mich aufhielt:
    Es war ein Eisenbahnabteil! Jetzt erkannte ich auch, daß es sich bei dem Anzug des kleinen Dicken nicht um eine exotische Tracht, sondern um eine schlichte Schaffneruniform der British Railways handelte.
    Das alles erklärte mir jedoch nicht, was um der Großen Alten willen ich in diesem Zug zu suchen hatte. Denn die letzte Erinnerung, die ich hatte, sagte mir nämlich, daß ich eigentlich in einer Kutsche sitzen sollte, um Howard aufzusuchen...

    * * *

    Die Klinge pfiff mit einem hellen, singenden Geräusch durch die Luft, verfehlte ihr Gesicht um Haaresbreite und bohrte sich tief in die Rinde des Baumes. Der Ritter fluchte, riß seine Waffe wieder an sich und machte einen schwerfälligen Schritt auf Jeany zu. Seine Rüstung behinderte ihn; er stolperte, fiel ungeschickt auf ein Knie herab und schickte Jeany eine wütende Verwünschung nach. Mühsam versuchte er sich hochzustemmen.
    Jeany reagierte mit einer Kaltblütigkeit, die einem stärkeren Willen als dem ihren zu entspringen schien – sie wartete, bis er sich halb erhoben hatte und nur auf den Zehenspitzen balancierte. Für den Bruchteil eines Herzschlages war er verwundbar – und Jeany nutzte diese Chance.
    Mit aller Kraft, die sie überhaupt aufbringen konnte, trat sie zu. Ihr Fuß traf die stählerne Wolfsfratze vor dem Gesicht des Ritters und ließ ihn mit einem Wutschrei nach hinten fallen. Dann wirbelte sie herum und rannte
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