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Der Hexer - NR12 - Im Land der GROSSEN ALTEN

Der Hexer - NR12 - Im Land der GROSSEN ALTEN

Titel: Der Hexer - NR12 - Im Land der GROSSEN ALTEN
Autoren: Verschiedene
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Aber wir haben Glück: Die Sterne stehen günstig, und es dauert noch lange, bis die Sonne untergeht. Trotzdem – komm.«
    Ich verstand kein Wort von dem, was sie meinte, aber vor meinem inneren Auge entstand plötzlich das Bild eines ausgehöhlten Berges, in dessen Innerem sich blinde schwarze Riesenwürmer durch den Fels fraßen. Ich vertrieb die Vorstellung. Wenigstens versuchte ich es.
    Der helle Fleck über uns wurde größer, und nach einer Weile legte Shadow ihre Fackel so zu Boden, daß sie nicht verlöschen konnte, winkte noch einmal auffordernd mit der Hand und trat vor mir aus dem Berg.
    Was ich bisher für einen Berg gehalten hatte, war in Wahrheit Teil eines gewaltigen, weit über hundert Yard hohen Kraterwalles, dessen Grat so breit wie der Piccadilly-Circus und nahezu vollkommen eben war. Auch hier wirkte der Fels stellenweise, als wäre er sorgsam glattpoliert und hinterher mit einer hauchdünnen Glasschicht überzogen worden, und auch hier gewahrte ich eine enorme Anzahl verschieden großer, runder Löcher. Es sah aus, als wäre der Berg überall angebohrt worden.
    Shadow wartete, bis ich mich vollends auf die Beine erhoben und den überraschenden Anblick einigermaßen überwunden hatte, winkte mir mit der Linken, neben sie zu treten, und deutete mit der anderen Hand nach Norden. Das Bild ließ mir den Atem stocken. Das Wort phantastisch kann den Anblick, der sich uns bot, nur unzureichend beschreiben.
    Es war nicht nur wie ein Bild aus einer fremden Welt – es war eine fremde, vollkommen fremde, bizarre Welt, die sich unter uns ausbreitete.
    Der Krater mußte einen Durchmesser von mindestens hundert Meilen haben; wahrscheinlich mehr. Sein Inneres lag tiefer als die Ebene auf der anderen Seite, und die gegenüberliegende Seite des Kraterwalles verschwamm im Dunst der Entfernung. Die Luft flimmerte vor Hitze, so daß alles, was weiter als ein paar Dutzend Schritte entfernt war, hinter einem Vorhang aus wirbelndem Wasser verborgen schien.
    In der Mitte des Kraters erhob sich ein Berg. Jedenfalls dachte ich im ersten Moment, daß es ein Berg wäre. Dann erkannte ich, was es wirklich war.
    Eine Stadt.
    Eine Stadt? Nein. Es war mehr als das, mehr als ein Bauwerk, mehr als irgend etwas, das ich jemals zu Gesicht bekommen hatte. Es war ein Ungeheuer aus Stein und gestaltgewordenen Schatten, zu groß, um allein von Menschenhand erschaffen worden zu sein, terrassenförmig angelegt und auf schwer in Wort zu fassende Weise verbogen und verzerrt, als hätte ein Gigant einen Berg genommen und so lange zusammengepreßt, bis dieses gewaltige Alptraumgebilde daraus geworden war.
    »Mein Gott«, flüsterte ich. »Was ist das?«
    »Maronar«, antwortete Shadow.

    * * *

    Es dauerte drei Stunden, bis wir den Boden des Kraters erreicht hatten. Über unseren Köpfen berührte die Sonne als flammenspeiendes Feuerrad den Ringwall, aber hier unten, im Schlagschatten der gigantischen Mauer, herrschte bereits tiefste Nacht.
    Erschöpft ließ ich mich gegen die Wand sinken, legte den Kopf gegen den heißen Stein und schloß die Augen. Mein Herz jagte, und meine Knie zitterten selbst jetzt noch so heftig, daß ich mich ernsthaft fragte, ob ich überhaupt noch in der Lage sein würde, weiter zu gehen.
    Dabei war der Abstieg nicht einmal sonderlich schwierig gewesen. Der Kraterwall war – so absurd mir die Vorstellung bei einem Gebilde von mehr als einhundert Meilen Durchmesser vorkam – sorgsam geglättet worden und so perfekt lotrecht, daß jeder Geometer seine helle Freude daran gehabt hätte, aber die gleiche unbegreifliche Macht, die den natürlichen Wall des Kraters in eine unübersteigbare Barriere verwandelt hatte, hatte auch dafür gesorgt, daß jedes Kind mit ein bißchen gutem Willen auf den Kraterrand hinaufgelangen konnte.
    Jedenfalls hatte ich das gedacht, ehe wir den Abstieg begannen. Bis zu diesem Moment hatte ich mir auch eingebildet, vollkommen schwindelfrei zu sein und das Wort Höhenangst nicht einmal zu kennen.
    Aber das war, bevor mich Shadow eine kaum handtuchbreite, in aberwitzigem Winkel mehr als eine halbe Meile in die Tiefe führende Treppe hinabgeleitete, deren Stufen glatt wie poliertes Glas waren und die auf der rechten Seite kein Geländer hatte. Ich hatte das Gefühl, um zehn Jahre gealtert zu sein. Jeder einzelne Muskel in meinem Körper war verkrampft, und meine linke Schulter war blutig gescheuert, so eng hatte ich mich während des Abstieges an den Felsen gepreßt.
    »Wir müssen weiter,
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