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Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht

Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht

Titel: Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht
Autoren: Verschiedene
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Handlungen zielgerichtet und überlegt, denn da war ein anderer, stärkerer Geist im Hindergrund, der sie lenkte. Für Bruchteile von Sekunden sah ich durch die Augen der Ratte.
    Und für Bruchteile von Sekunden sah ich Shadow so, wie sie wirklich war.
    Sie war groß. Eine Frau oder zumindest ein Wesen solcher Sanftheit und Grazie, daß sie nichts anderes als eine Frau sein konnte. Schneeweißes Haar fiel in unzähligen Locken über ihre Schultern, breitete sich wie eine Flut über das strahlende Weiß ihres Gewandes aus und berührte die gewaltigen, weitgespannten Flügel, die zwischen ihren Schulterblättern hervorwuchsen...
    Ich schrie auf.
    Shadows Kopf ruckte hoch, und in ihren goldenen Augen flammte Schrecken, dann nackte, panische Angst. Plötzlich fuhr sie herum, stieß einen schrillen Laut aus und deutete auf die Ratte.
    Im gleichen Moment erlosch die geistige Verbindung zwischen uns, und ich sah Shadow wieder so, wie ich sie sehen sollte. Die Ratte quietschte, fuhr auf der Stelle herum und versuchte verzweifelt, sich in Sicherheit zu bringen.
    Sie kam nicht weit. Wie eine graue Flut stürzten sich hunderte ihrer Rassegenossen auf sie und rissen sie buchstäblich in Stücke.
    Wie vor den Kopf geschlagen starrte ich Shadow an. Ich wußte, daß das, was ich gesehen hatte, die Wahrheit war. Aber ich weigerte mich, es zu glauben. »Nein«, stammelte ich. »Das... das ist nicht... nicht möglich. Das... das kann... kann nicht sein! Nicht... das. Du... du kannst kein... kein –«
    »Schweig!« schrie sie, und das Wort wurde von einem gedanklichen Hieb solcher Wucht begleitet, daß ich taumelte und mich wie unter Schmerzen zusammenkrümmte. »Sprich das Wort nicht aus!«
    Ich stürzte, prallte mit dem Gesicht gegen einen Stein und verlor beinahe das Bewußtsein. Trotzdem spürte ich den Schmerz kaum. Hinter meiner Stirn tobte das Chaos, und für Sekunden balancierte ich auf der messerscharfen Trennlinie zwischen Wahnsinn und Normalität entlang. Es konnte nicht sein! Nicht, wenn nicht alles, woran Menschen jemals geglaubt hatten, falsch sein sollte!
    »Iä!« rief Shadow. Plötzlich war ihre Stimme nichts als ein widerliches Krächzen, die grausame Verhöhnung des Bildes, das ich durch die Augen der Ratte gesehen hatte. »Iä Shub-Niggurath! Ngaa-thgaa nhafth!«
    Meine Hand tastete verzweifelt über den Boden, kroch in meine Jackentasche und umklammerte etwas Kleines, Hartes, ohne daß ich erkannte, was es war. Shadows Stimme fuhr fort, diese scheußlichen Töne zu produzieren, und unter uns, in der Grube, begann Shub-Niggurath langsam Gestalt anzunehmen. Wie durch einen blutigen Nebel sah ich, wie Lady Audley mit einem entschlossenen Schritt vortrat, über den Rand der Grube geriet und wie in Zeitlupe nach vorne kippte.
    Ich riß den Arm hoch und schleuderte den Stein. Der Shoggotenstern drang in das grüne Leuchten ein, eine halbe Sekunde, ehe Lady Audley mit weit ausgebreiteten Armen in Shub-Nigguraths Rachen fiel.
    Und die Zeit blieb stehen. Es dauerte nur den tausendstel Teil einer Sekunde und trotzdem Ewigkeiten.
    Das grüne Leuchten erlosch. Der schwarze Balg des GROSSEN ALTEN zuckte wie unter einem Hieb, zog sich zusammen, bebte, zitterte, versuchte vor dem verfluchten grauen Stein zurückzuweichen und wand sich unter Krämpfen.
    Dann zerplatzte er. Im gleichen Moment, in dem der Shoggotenstern sein unheiliges Fleisch berührte, löste sich das Ungeheuer auf, verging in einer lautlosen Explosion grellweißer Helligkeit. Ein unglaubliches Brüllen erklang, ein Schrei solcher Verzweiflung und solchen Zornes, daß sich die Schöpfung selbst darunter zu krümmen schien, ein Schrei voll Abermillionen alten Hasses. Shub-Niggurath verging, und sein Sterben ließ den Himmel selbst erbeben, schleuderte Shadow und mich und alle anderen zu Boden und ließ die Erde aufstöhnen.
    Und dann –
    Schwarz.
    Kein Körper. Kein Ding. Keine Substanz, nicht einmal nur Dunkelheit, sondern etwas wie das Böse an sich, das, was die schwarze Scheußlichkeit anstelle einer Seele trug, die Essenz des Bösen selbst. Das Prinzip des Schlechten, Zerstörerischen.
    Es ging unglaublich schnell, noch schneller als das Sterben Shub-Nigguraths zuvor. Ein körperloses Etwas löste sich aus dem Chaos, das am Grunde des Grabes tobte, hüpfte wie ein Beil hoch in die Luft, sprang hierhin und dorthin, berührte Menschen und Ratten und wieder Menschen und wieder Ratten, als suche es etwas –
    und raste im Zickzack über den Friedhof
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