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Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht

Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht

Titel: Der Hexer - NR10 - Wenn der Stahlwolf erwacht
Autoren: Verschiedene
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Geräusches zu sehen.
    Besser gesagt – ich wollte es.
    Ich führte die Bewegung nicht einmal halb zu Ende.
    Es war nicht so, daß mir meine Muskeln nicht mehr gehorchten oder irgend etwas sie lähmte; vielmehr hatte ich für einen kurzen, schrecklichen Moment das Gefühl, als ob hinter meiner Stirn ein zweiter, fremder Wille sei, kaum weniger stark als mein eigener und von düsterer, animalischer Art.
    Zitternd und gegen meinen Willen drehte ich den Kopf wieder zurück, stemmte mich halb in die Höhe und starrte den Rattenmann an. Etwas schien mit seinem Gesicht zu passieren – vielleicht auch mit meinen Augen, das wußte ich nicht – aber plötzlich schienen seine Züge zu verschwimmen, sich aufzulösen wie eine Maske aus weichem Wachs, irreal und unwichtig zu werden. Alles, was noch Bestand in dieser schrecklichen Persiflage eines tierischen Antlitzes hatte, waren die Augen. Augen, die größer und größer zu werden schienen, grundlosen schwarzen Schächten gleich, in denen mein Wille und meine Lebenskraft versickerten wie Wasser in der Wüste.
    Verzweifelt versuchte ich mich gegen den furchtbaren Einfluß zu wehren. Mit einem kleinen, noch klar gebliebenen Teil meines Denkens begriff ich, was mir geschah – der Rattenmann übernahm meinen Willen, machte mich mit der puren Kraft seines Geistes zu einem hilflosen Etwas. Es war nichts anderes als das, was ich selbst schon viele Male zuvor bei anderen getan hatte; und doch vollkommen anders. Denn während ich diese furchtbare Gabe, die ich von meinem Vater geerbt hatte, nur benutzte, wenn ich selbst in Lebensgefahr war und mich verteidigen mußte, würde er mich töten.
    Der Gedanke gab mir noch einmal neue Kraft. Mit aller Macht stemmte ich mich gegen den geistigen Druck, und für Sekunden schien es beinahe, als hätte ich Erfolg: Sein Gesicht hörte auf, vor mir wie eine Spiegelung im kochenden Wasser zu zucken, und seine Augen schienen zu flackern; der mörderische Sog ließ nach, und ich schöpfte neue Hoffnung.
    Irgend etwas berührte meinen Fuß, aber ich ignorierte das Gefühl, torkelte einen Schritt auf den Rattenmann zu und hob abwehrend die Hände vor das Gesicht. Erneut zupfte etwas an meinem Fuß, dann gruben sich messerscharfe Krallen in meine Haut, und etwas Kleines, Pelziges begann in meinem Hosenbein nach oben zu kriechen.
    Sekunden später schien sich eine Speerspitze in meine Haut zu bohren, als die Ratte ihr Ziel erreichte und ihre Zähne mit aller Kraft in meinen Oberschenkel grub. Ich brüllte vor Schmerz, krümmte mich und fiel auf die Knie. Verzweifelt hämmerte ich mit den Fäusten auf die zuckende Ausbeulung in meinem Hosenbein, schrie erneut, als sich die Zähne des Nagers dadurch noch tiefer in mein Fleisch gruben und schlug noch einmal zu. Diesmal traf ich besser; die Ratte zuckte noch einmal, verlor plötzlich ihren Halt und glitt an meinem Bein hinab.
    Und trotzdem hatte sie ihr Ziel erreicht.
    Ich war halb wahnsinnig vor Schmerz und Ekel. Als ich diesmal den Blick hob und den schrecklichen schwarzen Augen des Rattenmannes begegnete, hatte ich seinem Willen nichts mehr entgegenzusetzen.
    Es war nicht einmal mehr ein Kampf. Er fegte meinen Willen beiseite wie ein Riese ein Spielzeugschwert, kam langsam weiter auf mich zu und hob die Hände. Ich sah, daß seine Fingernägel zu langen, mörderischen Krallen geworden waren. Ein schreckliches, gieriges Hecheln drang aus seinem halb geöffneten Maul.
    Noch einmal versuchte ich, mich mit meinen magischen Kräften gegen ihn zur Wehr zu setzen, und wieder spürte ich, wie mein Angriff verpuffte wie ein Wassertropfen, der auf eine glühende Herdplatte fiel. Resignierend und vollkommen erschöpft ließ ich mich zurücksinken, starrte dem Rattenmann entgegen und wartete auf den Tod.
    Aber der tödliche Hieb kam nicht.
    Einen halben Schritt vor mir blieb der Unheimliche stehen, starrte aus seinen grundlosen Augen auf mich herab und berührte mich schließlich beinahe sanft mit einer seiner Krallenhände an der Stirn. Und –
    Es war eine Welt unter einer schwarzen Sonne. Es gab kein Licht, sondern nur eine ungesunde, graue Helligkeit, die aus dem Nirgendwo kam und sich matt auf den schwarzen Wellen des erstarrten teerigen Sumpfes spiegelte, der die Oberfläche dieser absurden Welt bedeckte. Hier und da durchbrachen Dinge den gewellten Boden, schwarze Strünke wie verbranntes Buschwerk, die aber lebten und sich wie in einem unfühlbaren Wind wiegten und wanden, peitschende Bündel grauschwarzer
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