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Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe

Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe

Titel: Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe
Autoren: Verschiedene
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Stückweit
    zurückwich.
    »Sind Sie sicher?«
     
    Bannermann riß erstaunt die Augen auf. »Sie nicht?« fragte er. »Was für eine Bestie soll das denn sein, die hier ihr Unwesen treibt?« Er versuchte zu lachen, aber ganz gelang es ihm nicht.
    »Ich weiß es nicht«, murmelte ich unschlüssig. Ich fühlte mich verwirrt und hilflos wie nie zuvor in meinem Leben. »Ich weiß nur, daß ...«
    »Daß was?« fragte Bannermann mißtrauisch, als ich nicht weitersprach.
    »Ich habe Ihnen doch erzählt, daß ich immer genau weiß, ob jemand die Wahrheit sagt oder mich anlügt«, antwortete ich.
    Bannermann nickte stumm.
    »Vielleicht funktioniert meine Gabe bei Wahnsinnigen nicht«, murmelte ich. »Aber ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, daß dieser Mann nicht lügt, Bannermann.«
    »Das behaupte ich auch gar nicht«, antwortete Bannermann ungerührt. »Er glaubt ja auch daran. Er hat Ihnen genau das gesagt, was er für die Wahrheit hält. Der Mann ist verrückt.«
    »Das stimmt, Captain, aber ...«
    Ich brach mitten im Satz ab, als ich sah, wie sich Bannermanns Augen vor Entsetzen weiteten, fuhr mit einer abrupten Bewegung herum und erstarrte ebenfalls.
    Unser Gefangener hatte aufgehört, zu schreien, aber er bäumte sich noch immer vergeblich gegen seine Fesseln, rollte sich hierhin und dorthin und warf sich mit aller Macht herum.
    Ein schmales, in ein weißes Taschentuch eingeschlagenes Bündel war aus seiner Tasche geglitten, und eine weitere Bewegung hatte es davonrollen und aufplatzen lassen.
    Im ersten Moment weigerte ich mich einfach, das rotweiße Ding darin als das zu erkennen, was es war.
    Aber nur im ersten Moment. Schließlich kann man die Augen nicht ständig vor der Wahrheit verschließen.
    Der Gegenstand, der dem Mann aus der Tasche geglitten war, war eine Hand.
    Eine menschliche Hand.
    ** *
    »Er lebt!« donnerte die Stimme. Sie war plötzlich in dem kleinen Raum, mit der Unvorhersehbarkeit eines Sommergewitters und genauso übermächtig. Die Gläser auf dem dunkelbraunen Wandregal begannen beim Klang dieser Stimme zu zittern, und selbst die Flammen im Kamin schienen sich angstvoll zu ducken.
    Der Mann in dem hochlehnigen, braunen Lederstuhl unter dem Fenster zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Er hatte gewußt, daß die Stimme kommen würde. Er wußte es immer vorher. Aber das nahm ihr nichts von ihrem Schrecken.
    »Er lebt!« wiederholte die Stimme. »Er lebt, und er weiß alles. Du hast versagt!«
    »Aber er ... niemand wird ihm glauben«, stotterte der Mann. Seine Lippen waren trocken und rissig vor Aufregung, und seine Hände gruben sich so tief in die ledernen Armstützen seines Sessels, daß seine Fingernägel zu bluten begannen. Sein Blick war starr auf das geschlossene Fenster gerichtet. Er hatte die Läden geschlossen und die Vorhänge zugezogen, um das Sonnenlicht auszusperren. Trotzdem war der Raum von gleißender Helligkeit erfüllt.
    Grüner Helligkeit.
    Es war nicht das Licht der Flammen, die im Kamin prasselten, auch nicht das der Petroleumlampe, die er mit hierher gebracht und auf dem Tisch abgestellt hatte, sondern der unheilige, grüne Schein, der das Auftreten der Stimme stets begleitete.
    Er hatte einmal versucht, ins Herz dieses Lichtscheines zu blicken, vor zehn oder zwölf Jahren. Der Schein hatte ihn für Wochen blind gemacht, und nachdem er sein Augenlicht zurückgewonnen hatte, hatte er nie mehr versucht, das Geheimnis des Lichtes und der Stimme zu ergründen. Er hatte die Warnung verstanden.
    »Niemand wird ihm glauben«, sagte er noch einmal. »Sie werden ihn für verrückt halten und in ein Irrenhaus sperren, genau wie den anderen.«
    »Narr!« zischte die Stimme. »Wozu habe ich dir Macht über die Menschen in dieser Stadt gegeben? Wozu habe ich dir Macht über die Bestie gegeben, glaubst du?«
    Der Mann schluckte. In der Stimme war ein neuer, aggressiver Ton, den er noch nie zuvor in ihr vernommen hatte. Ein Ton, der ihm Angst machte.
    »Ich ... habe dir stets treu gedient«, sagte er stockend. »Und ich ...«
    »Und deinen Gewinn damit gemacht, nicht wahr?« unterbrach ihn die Stimme. »Du hast jetzt vierzehn Jahre von unserem Bündnis profitiert. Jetzt wird es Zeit, daß auch du deinen Teil des Kontraktes erfüllst. O’Banyons Tod gehört dazu.«
    »Ich soll ihn ... umbringen?« keuchte der Mann.
    Eine, zwei Minuten lang schwieg die Stimme. »Ja«, sagte sie dann. »Aber nicht nur ihn. Er ist nicht mehr allein. Es sind Fremde bei ihm.«
    Der Mann erschrak.
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