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Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe

Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe

Titel: Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe
Autoren: Verschiedene
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unbeschreiblich. Ich genoß den Augenblick in vollen Zügen.
    »Das ... äh ...«
    »Ist etwas damit nicht in Ordnung?« fragte ich, betont freundlich. »Ich kann mich ausweisen, wenn es Ihnen darum geht.«
    »Na... natürlich nicht, Sir«, antwortete der Kassierer. »Es ist nur ...«
    »Ich sehe nicht aus wie jemand, der solche Kreditbriefe mit sich herumträgt, ich weiß«, seufzte ich. »Aber vermutlich hätte ich sie nicht mehr lange, wenn man es mir ansähe.« Ich zog meine Brieftasche, reichte ihm meinen Paß und wartete, bis er den Namen darin mit dem in dem Kreditbrief verglichen hatte.
    »Wie ... möchten Sie das Geld, Sir?« fragte er, noch immer stockend und unsicher, wenn auch jetzt sichtlich aus anderen Gründen.
    »Klein«, antwortete ich. »Ich muß ein paar Besorgungen machen. Einen neuen Anzug zum Beispiel. Können Sie mir einen guten Schneider hier in der Nähe empfehlen?«
    Der Kassierer schüttelte den Kopf, während er bereits damit begann, ein-und fünf-Pfund-Noten in sauberen kleinen Stapeln vor mir abzuzählen. »Ich fürchte, mit einem Schneider kann Goldspie nicht aufwarten, Sir«, antwortete er. »Aber Sie können zu Leyman gehen.«
    »Leyman?«
    »Der Laden auf der anderen Straßenseite. Es ist das beste Geschäft im Ort. Und das einzige«, fügte er nach kurzem Zögern hinzu.
    Hinter mir waren Schritte. Aber ich war sicher, daß sich die Tür nicht geöffnet hatte.
    »Ich bin sicher, Sie werden etwas Passendes bei ihm finden, Sir«, fuhr der Kassierer, plötzlich äußerst redselig geworden, fort. »Er hat eine große Kollektion von Anzügen und Kleidern. Das meiste bezieht er direkt aus London, wissen Sie?«
    Die Schritte kamen näher. Sie hörten sich schwerfällig an; plump, tapsend. Nicht wie die eines normalen Menschen. Im Grunde überhaupt nicht wie die eines Menschen ... Ich widerstand mit aller Kraft der Versuchung, mich herumzudrehen. Wenn hinter mir jemand stand – und wenn dort jemand war, dann war er nicht mein Freund – dann würde ihn das nur zum Angriff provozieren.
    »Ich müßte auch ein Telegramm aufgeben«, fuhr ich mit gespielter Gleichgültigkeit fort. Mein Blick suchte unauffällig die Wand hinter dem Kassierer. Das Sonnenlicht fiel ungemildert durch die Fenster hinter meinem Rücken, und unsere beiden Schatten zeichneten sich deutlich auf dem weißen Verputz ab.
    Aber nur unsere Schatten! Kein Dritter.
    »Das können Sie auf dem Postamt, Sir. Aber ich fürchte, dazu ist es heute schon zu spät. Die Post schließt hier schon zur Mittagsstunde. Goldspie ist ein kleiner Ort, Sie verstehen?«
    Die Schritte waren jetzt ganz nahe, und plötzlich glaubte ich einen schwachen, süßlichen Geruch zu spüren. Etwas wie Fäulnisgestank, vermischt mit Salzwasser, dem Geruch von Tang und feuchtem Sand und noch etwas anderem, undefinierbaren. Und es wurde merklich kälter.
    Etwas schneller, als ich eigentlich wollte, raffte ich mein Geld zusammen, legte den Großteil davon in meine Aktenmappe und stopfte den Rest unordentlich in die Jackentaschen.
    Dann ließ ich mich zur Seite fallen, einfach so, ohne die geringste Vorwarnung und ohne auch nur mit einem Wimpernzucken zu verstehen zu geben, daß ich die Gefahr bemerkt hatte. Ich prallte auf die Schulter, rollte mich ab und kam mit einem kraftvollen Sprung wieder auf die Füße. Blitzschnell wich ich ein paar Schritte zurück, erreichte eine geschützte Ecke und blieb, leicht vornübergebeugt und mit gespreizten Beinen stehen. Meine Linke schwenkte die Aktenmappe wie einen Schild, während die andere Hand mit einer blitzartigen Bewegung den silbernen Knauf meines Spazierstockes löste. Das Florett, das darin verborgen war, sprang wie von selbst in meine Hand. Der rasiermesserscharf geschliffene Stahl bildete eine blitzende, tödliche Barriere vor mir.
    Es gab allerdings nichts, wovor sie mich hätte beschützen können.
    Der Schalterraum war nach wie vor leer. Die einzigen Lebewesen, die sich darin aufhielten, waren ich und der Kassierer.
    Ein Kassierer, der mich jetzt aus ungläubig aufgerissenen Augen anstarrte und vergeblich nach Worten rang. Sein Blick irrte zwischen mir und der Stelle, an der ich noch vor Sekunden gestanden hatte, hin und her.
    »Sir ...«, sagte er unsicher, »wenn ich vielleicht fragen dürfte ...«
    Ich ignorierte ihn, lauschte angestrengt und sog hörbar die Luft ein. Die Schritte waren verstummt, im gleichen Moment, in dem ich mich zur Seite geworfen hatte. Der seltsame Geruch war noch spürbar, aber es
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