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Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe

Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe

Titel: Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe
Autoren: Verschiedene
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Ort. Die wenigen Sterne, die sich während der Dämmerung am Himmel gezeigt hatten, waren hinter einer Mauer schwarzer, regenschwerer Wolken verschwunden, und selbst das Licht des Mondes, der noch immer als beinahe perfekt gerundete Scheibe am Firmament stand, drang nur manchmal durch eine Lücke in der Gewitterfront. Die Luft roch nach Regen, und der Wind trug vom nahen Meer Salzwassergeruch und den einsamen Schrei einer Möwe heran.
    »Bleibt immer dicht hinter mir«, flüsterte Priscylla. Ihre Stimme drang nur gedämpft unter der braunen, tief in die Stirn gezogenen Kapuze ihres Mantels hervor, war aber trotzdem deutlich zu vernehmen, denn es war still, beinahe geisterhaft still. Der Ort schien ausgestorben zu sein. Die schmale, nach Süden führende Straße lag menschenleer vor uns, und hätte es nicht den sanften, roten Widerschein eines Feuers hinter uns gegeben, hätte man wirklich glauben können, Goldspie wäre ausgestorben.
    Aber das war es nicht. Wir hatten niemanden gesehen, seit wir das Haus verlassen hatten, aber die Stimmen und Schritte dutzender Menschen gehört, und die ersten drei, vierhundert Yards waren zu einem wahren Spießrutenlauf geworden. Priscylla hatte uns durch Seitenstraßen und Hinterhöfe geführt, auf Wegen, die ein nicht Einheimischer wahrscheinlich in hundert Jahren nicht gefunden hätte. Wir waren von Schatten zu Schatten gehuscht wie Verbrecher, hatten uns immer wieder mit angehaltenem Atem hinter Hausecken oder in Türen geduckt und für die erste halbe Meile fast eine Stunde gebraucht. Mein Herz hämmerte noch immer, und obwohl die unmittelbare Gefahr vorüber war – oder vielleicht auch gerade deshalb – zitterten meine Hände.
    Irgend etwas ging in der Stadt vor. Den Geräuschen nach zu urteilen, die wir gehört hatten, mußte die gesamte Bevölkerung Goldspies auf den Beinen sein, obwohl es hart auf Mitternacht zuging, und ihr Ziel war der Marktplatz im Zentrum der Stadt.
    Hinter uns, dachte ich mit einer Spur von Erleichterung. Je weiter wir uns dem Stadtrand genähert hatten, desto weniger Menschen hatten wir gehört. Jetzt waren die Straßen so leer, daß wir es wagen konnten, ein wenig offener vorzugehen und die Bürgersteige zu benutzen, wenngleich wir uns weiterhin immer im Schatten der Häuser hielten. Priscylla hatte Bannermann und mir dunkle Mäntel ähnlich dem ihren gegeben, die wir über unsere Kleidung geworfen hatten, aber weder Bannermann noch ich rechneten ernsthaft damit, daß diese Tarnung mehr als einem flüchtigen Blick standhalten würde. Allein die Tatsache, daß wir uns nicht zum Stadtzentrum hin bewegten, mußte uns verdächtig machen. Wenn wir auch nur einem Menschen begegneten, waren wir verloren.
    Priscylla blieb plötzlich stehen, hob die Hand und lauschte einen Moment mit geschlossenen Augen.
    »Was ist?« fragte Bannermann besorgt.
    Priscylla brachte ihn mit einer unwilligen Geste zum Schweigen, schloß für zwei, drei Sekunden die Augen und fuhr mit einer abrupten Bewegung herum.
    »Jemand kommt!« sagte sie. »Schnell weg hier!« Sie deutete auf eine Toreinfahrt, die wir vor wenigen Augenblicken passiert hatten, warf einen gehetzten Blick über die Schulter zurück und rannten los. Bannermann und ich folgten ihr. Unsere Schritte verursachten harte, klackende Echos auf dem harten Straßenpflaster, und für einen Moment bildete ich mir ein, der Lärm müßte bis zum anderen Ende der Stadt zu hören sein. Aber es waren nur wenige Schritte, und die Toreinfahrt war dunkel und groß genug, uns genügend Deckung zu geben. Hastig duckten wir uns neben Priscylla in den Schatten des künstlichen Gewölbes.
    Nach einer Weile hörte ich ebenfalls Schritte. Schnelle, schwere Schritte; die Schritte von Menschen, die es sehr eilig hatten. Ich strengte mich an, in der blaugrauen Dämmerung jenseits des Tores etwas zu erkennen, konnte aber nicht viel mehr als ein paar gedrungene, rasch ausschreitende Schatten wahrnehmen, die auf der anderen Straßenseite an unserem Versteck vorübergingen.
    Mit angehaltenem Atem wartete ich, bis sie vorbei waren und ihre Schritte wieder in der Nacht verklangen.
    Ein dumpfer, einzelner Trommelschlag wehte vom anderen Ende der Stadt zu uns herüber.
    »Was war das?« flüsterte Bannermann.
    Priscylla sah ihn an, schüttelte irritiert den Kopf und stand auf. »Nichts«, sagte sie. »Nichts Wichtiges.«
    Bannermann knurrte, streckte blitzschnell die Hand aus und riß sie unsanft am Arm zurück. »Einen Moment, Kindchen«,
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