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Der heulende Müller

Titel: Der heulende Müller
Autoren: Arto Paasilinna
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darauf hinterlassen. Abends, bei Einbruch der Dunkelheit, wurde die Tür der Zelle geöffnet, und Piittisjärvi durfte in die Freiheit treten, um die ihm anvertraute Post zu überbringen.
    Der Kommissar hatte für Piittisjärvi eine intensive Be­ schattung organisiert: Knecht Launola, Viittavaara und er selbst folgten dem Briefträger ins Stationsdorf und schlichen lautlos durch den Wald, als er Huttunens Briefkasten ansteuerte. Piittisjärvi spähte umher, um zu prüfen, ob er allein sei, merkte aber nichts von der Beschattung. So trug er die Briefe zum Kasten und kehrte arglos auf die Landstraße zurück.
    Sofort, nachdem er den Standort des Briefkastens preisgegeben hatte, wurde er wieder festgenommen. Rücksichtslos schleifte man ihn in die Zelle, da half kein Protest. Prügel bezog er diesmal allerdings nicht, denn der Kommissar hatte es eilig, sich am Briefkasten auf die Lauer zu legen.
    Anderthalb Tage bewachten der Kommissar und die anderen Männer den Briefkasten des Einsiedlers, ehe die Falle zuschnappte. Der sehr ausgehungerte Huttu­ nen erschien gegen fünf Uhr morgens, um nach Post zu sehen. Knecht Launola, der gerade Wache hielt, meldete dies sofort dem Kommissar.
    Huttunen näherte sich vorsichtig, doch da der Wald einsam und verlassen schien, wagte er es schließlich, den Kasten zu öffnen. Er las die Briefe des Kommissars und der Beraterin viele Male. Als er die wunderbaren Angebote begriff, legte sich seine Unruhe, er kam zu sich, und obwohl er zu Tode erschöpft war, schien ihm aus den Briefen neuer Lebensmut und neue Kraft zu erwachsen. Er war in die Falle gegangen. Die Jäger konnten zuschlagen.
    Huttunen steckte die Briefe ein und ging zur Land­ straße. Er steuerte das Flußufer an, doch kaum hatte er ein paar Schritte getan, ergriffen ihn von beiden Seiten die Häscher. Der völlig überrumpelte Einsiedler wurde zu Boden gerissen. Man band ihm Hände und Füße fest zusammen. Der Kommissar hieb ihm ein paarmal mit dem Schlagstock auf den Rücken, daß seine Schulter­ blätter krachten. Viittavaara holte sein Pferd, und bald dröhnte die Straße unter den Hufen des alten Wallachs. Huttunen lag gefesselt im Wagen, der Kommissar und Viittavaara saßen auf ihm und schlugen auf das Pferd ein. Als sie die Fähre erreichten, hatte der Wallach Schaum vor dem Maul und dampfte vom Galopp. Hut­ tunen lag reglos da, schaute traurig zum Himmel und sagte kein Wort.
    Die Nachricht von der Verhaftung des Müllers hatte im Kirchdorf bereits per Telefon die Runde gemacht. Als die Fähre ans Ufer kam, wartete dort eine dichte Men­ schenmenge. Die erleichterten und triumphierenden Dorfbewohner starrten auf die gefesselte gefährliche Fracht im Wagen. Sie riefen Huttunen zu, ob er immer noch Lust habe, zu heulen oder die Kirchenglocken zu läuten. Oder ob er wieder gekommen sei, die Kirche anzuzünden oder die Bank auszurauben, diesmal richtig mit Pferd und Wagen.
    Tanhumäki, der Leiter der Volksschule, hatte eine Kamera mitgebracht. Er hielt das Pferd an, um eine Aufnahme zu machen. Er verschaffte sich Platz in der Menschenmenge und bat den Kommissar, die Zügel in die Hand zu nehmen, so daß auf dem Foto das Pferd, der Kommissar, der Wagen und der gefesselte Gefangene zu sehen wären. Huttunen drehte sein Gesicht zur Seite, aber Knecht Launola kam sofort und rückte seinen Kopf in den richtigen Winkel für die Aufnahme. Als der Aus­ löser klickte, schloß Huttunen die Augen. Nach der Zeremonie übergab der Kommissar Viittavaara die Zü­ gel, der dem Pferd aufs Hinterteil schlug. Der Einsiedler wurde in die Arrestzelle getragen. Der Kommissar beor­ derte Wachtmeister Portimo ebenfalls in die Zelle, wo er sich neben Huttunen auf die Betonbank setzen mußte. Anschließend fesselte der Kommissar Portimos linke und Huttunens rechte Hand mit Handschellen aneinan­ der, erst danach löste er die Seile von Huttunens Hän­ den und Füßen. Er ließ die beiden Hand an Hand in der Zelle zurück, spähte noch einmal durch die Klappe und sagte zu Portimo:
    »Du bleibst da sitzen und bewachst den Irren.« Die Klappe schloß sich, die Schritte des Kommissars
    entfernten sich in Richtung Kanzlei. Portimo und Huttunen waren allein. Traurig sagte der
    Polizist:
    »So ist es nun wieder gekommen, Kunnari.« »Mißgeschicke passieren eben.«
    Am Morgen ließ der Kommissar den Gefangenen und seinen Bewacher in die Kanzlei holen. Anwesend waren außerdem Siponen, Viittavaara und Ervinen. Der Kom­ missar überreichte
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