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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin
Autoren: Courtney Milan
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eher nüchtern: die Taille so fest geschnürt, dass er sich fragte, wie sie überhaupt atmen konnte, und die Ärmel verliefen ganz gerade von ihren Schultern zu ihren Handgelenken, ohne Stofffalten, um die Linie weicher erscheinen zu lassen.
    Sie sah Robert nicht hinter dem Vorhang stehen. Sie hielt den Kopf schief und betrachtete das Schachbrett, wie ein Mitglied der Abstinenzbewegung eine Kiste Brandy anschauen würde: Als sei es ein Übel, das durch Lieder und Gebete mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden müsse. Und falls das versagte, auch durch Gesetze.
    Sie machte einen zögernden Schritt vor, dann noch einen. Mit einer Hand fasste sie in den Seidenbeutel, der an ihrem anderen Handgelenk baumelte, und holte eine Brille hervor.
    Mit den Gläsern vor den Augen hätte sie eigentlich noch strenger aussehen müssen, aber sobald sie sie aufsetzte, wurde ihr Blick weich.
    Er hatte sich geirrt. Ihre Augen hatte sie nicht verächtlich zusammengekniffen, sondern sie hatte versucht, besser sehen zu können. Es war keine Strenge, die er in ihrem Blick sah, sondern etwas anderes, was er nicht richtig erkennen konnte. Sie streckte die Hand aus und nahm einen schwarzen Springer hoch, drehte und wendete ihn, betrachtete ihn von allen Seiten. Er konnte sich nicht denken, was an der Spielfigur solch konzentriertes Interesse rechtfertigte. Sie war aus massivem Holz und nicht sonderlich kunstfertig geschnitzt. Dennoch musterte sie sie fasziniert und mit leuchtenden Augen.
    Und dann hob sie sie unerklärlicherweise an die Lippen und küsste sie.
    Robert verfolgte das in erstarrtem Schweigen. Er hatte fast das Gefühl, als beobachtete er ein Stelldichein zwischen einer Frau und ihrem Geliebten. Das hier war eine Frau, die Geheimnisse hatte, und sie wollte sie nicht teilen.
    Die Tür im vorgelagerten Zimmer knarrte, als sie weiter geöffnet wurde.
    Die Augen der Frau wurden groß, dann blickte sie sich wild verzweifelt um und warf sich in ihrer Hast, sich zu verstecken, über das Sofa, landete inmitten ihrer Röcke würdelos auf dem Boden, keine zwei Fuß von ihm entfernt. Auch da sah sie Robert noch nicht. Sie rollte sich zu einem Ball zusammen, zerrte ihre Röcke hinter die Sofalehne, atmete flach und schnell.
    Gut, dass er das Sofa vorhin ein Stück von der Wand abgerückt hatte. Anderenfalls hätte sie keine Chance gehabt, ihre Röcke dahinter zu verstecken.
    Ihre Faust umklammerte immer noch die Schachfigur; sie schob sie mit einer ruckartigen Handbewegung unters Sofa.
    Dieses Mal kamen schwerere Schritte in den Raum.
    „Minnie?“, rief eine Männerstimme. „Miss Pursling? Sind Sie hier?“
    Sie rümpfte die Nase und presste sich rückwärts gegen die Wand. Aber sie antwortete nicht.
    „Himmel, Mann.“ Eine weitere Stimme, die Robert nicht wiedererkannte – jung und mit der undeutlichen Aussprache eines Betrunkenen. „Um die beneide ich dich wahrlich nicht.“
    „Sprich nicht schlecht von meiner zukünftigen Verlobten“, verlangte die erste Stimme. „Du weißt doch, dass sie perfekt für mich ist.“
    „Die furchtsame kleine Maus?“
    „Sie wird mir den Haushalt tadellos führen. Sie kümmert sich um meine Bequemlichkeit. Sie wird die Kinder versorgen, und sie wird sich nicht wegen meiner Mätressen beschweren.“ Man hörte Türangeln quietschen – das unmissverständliche Geräusch beim Öffnen der Glastüren vor den Bücherregalen.
    „Was tust du da, Gardley?“, wollte der Betrunkene wissen. „Suchst du nach ihr unter den deutschsprachigen Büchern? Ich denke nicht, dass sie dort hinein passt.“ Das Letzte begleitete ein hässliches Lachen.
    Gardley. Das konnte unmöglich der ältere Mr. Gardley sein, der Besitzer einer Schnapsbrennerei – nicht unter Berücksichtigung der jugendlichen Stimme. Es musste sich also um Mr. Gardley den Jüngeren handeln. Robert hatte ihn nur aus einiger Entfernung gesehen – ein wenig bemerkenswerter junger Mann mittlerer Körpergröße mit mittelbraunem Haar und Gesichtszügen, die ihn schwach an ungefähr fünf andere Leute erinnerten.
    „Ganz im Gegenteil“, erwiderte der Angesprochene. „Ich denke, sie wird ausgezeichnet passen. Was Ehefrauen angeht, wird Miss Pursling genau wie diese Bücher sein. Wenn ich sie hervorholen und lesen will, wird sie da sein. Wenn ich das nicht will, wird sie geduldig warten, genau dort, wo ich sie gelassen habe. Sie wird mir eine angenehme Ehefrau sein, Ames. Außerdem mag meine Mutter sie.“
    Robert konnte sich nicht erinnern, einen
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