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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin
Autoren: Courtney Milan
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folgte wieder hastiges Kratzen von Stiften auf Papier.
    Wenn du das sagst , hatte Minnie erläutert, musst du wissen, dass du das auch wenigstens einmal tun musst.
    Er freute sich schon darauf.
    „Wo wir gerade von ihr sprechen“, warf er ein. „Ich denke, es ist an der Zeit, dass ich sie hole.“
    Er wandte sich um, während sich hinter ihm Geflüster erhob. Er öffnete die Seitentür und trat hindurch.
    Minnie wartete im angrenzenden Zimmer, die Hände vor sich verschränkt und lief auf und ab.
    Er blieb stehen, als er sie sah. Sie trug ein Kleid, das er nie zuvor gesehen hatte – eines, das zweifellos in Paris bestellt worden war. Es war leuchtend scharlachrot, die Sorte Kleid, das alle Blicke auf sich zog. Ihr Korsett war eng geschnürt, was ihre Kurven betonte. Und sie trug die Rubine, die er ihr geschenkt hatte.
    Um die Arme, sonst bloß, hatte sie einen Spitzenschal geschlungen und in die Haare Blumen gesteckt. Zu all dem hatte sie noch etwas hinzugefügt, was er nur aus Gemälden aus dem vergangenen Jahrhundert kannte. Sie hatte ein einzelnes Schönheitspflaster an ihrem Mundwinkel angebracht. Es lenkte den Blick auf ihre Narbe, ließ das Spinnennetz aus Linien wie eine absichtliche Verzierung erscheinen, sodass es nicht wie eine Erinnerung an einen sinnlosen Akt der Gewalt wirkte. Das modische Kleid zusammen mit dieser altmodischen Zierde verlieh ihr ein gänzlich zeitloses Aussehen.
    Er merkte, dass er wie festgefroren dastand und sie anstarrte.
    „Weißt du, Minnie“, sagte er leicht heiser, „du bist einfach hinreißend.“
    „Wirklich? Deine Mutter hasst das Schönheitspflaster“, erklärte sie. „Sind es viele?“
    Er kam zu ihr. „Etwa zwanzig. Ich habe mein Bestes gegeben, sie zu zähmen, dass sie sich benehmen. Bist du dir sicher, dass du das hier tun willst?“
    Sie holte Luft; die Edelsteine erzitterten in ihrem Ausschnitt. „Ganz sicher.“
    Er nahm ihre Hand. „Ich kann sie gerne zum Teufel jagen …“
    Ihre Finger waren ganz kalt, klamm, und ihr Atem ging abgehackt.
    „… und ich werde die ganze Zeit über an deiner Seite bleiben“, versprach er. „Niemand wird dir zu nahe kommen.“
    „Ich weiß.“ Sie drückte seine Hand, und dann gingen sie gemeinsam zurück in den Salon. Auf der Türschwelle blieb sie stehen. Er war sich nicht sicher, ob ihr die Nerven versagten, oder ob sie einfach Eindruck machen wollte.
    Wie auch immer, es war klar, dass ihr das gelungen war. Die Männer atmeten hörbar ein, ungläubig – als hätten sie erwartet, dass sie in Hosen erscheinen würde. Und dann beeilten sie sich alle, aufzustehen.
    Minnie lächelte. Robert, der ihre Hand hielt, konnte fühlen, wie schnell ihr Puls ging, wie sich ihre Finger um seine spannten, als sich aller Augen auf sie richteten. Er wusste, wie viel sie dieses Lächeln kostete. Er wusste auch, dass wenn sie in diesem Moment laut würden, wenn sie sich irgendwie wie der Mob verhielten, sie gleich hier ohnmächtig werden würde. Aber die Männer waren totenstill, wollten es keinesfalls riskieren, des Hauses verwiesen zu werden.
    Er geleitete sie zu dem Diwan vorne im Zimmer, wartete, bis sie Platz genommen hatte, dann setzte er sich selbst hin.
    Der Diwan stand leicht erhöht auf einer Art Podium.
    Minnie schaute sich um, sah sie alle an. „Nun“, bemerkte sie. „Näher werde ich einem Thron wohl nicht kommen.“
    Das entlockte den Versammelten ein überraschtes Lachen.
    „Sie werden Nachsicht mit mir üben müssen, meine Herren.“ Ihre Stimme war leise, so leise, dass alle sich vorbeugten, um sie verstehen zu können. „Ich habe um Ruhe gebeten. Meine Stimme ist nicht sonderlich laut, und ich bin nervös.“
    Eine Hand hob sich. „Haben Sie Angst vor der Wahrheit, die wir vielleicht aufdecken könnten?“
    Eine kühne Frage, sie ihr ins Angesicht zu stellen. Minnie zuckte mit keiner Wimper.
    „Nein“, antwortete sie schlicht. „Meine Furcht geht tiefer und rührt von etwas her, das lange zurückliegt. Als ich zwölf war …“ Sie hielt inne, atmete tief durch, dann fuhr sie fort. „Nun, ich glaube, Sie alle wissen, was geschehen ist, als ich zwölf war, von der Aussage meines Vaters im Gerichtssaal angefangen bis zu dem Mob, der mich danach umringte. Daher habe ich diese Narbe.“ Sie berührte ihre Wange. „Seitdem werde ich in großen Menschenansammlungen kurzatmig. Seitdem gelingt es mir einfach nicht, wenn so viele Augen auf mich gerichtet sind, mich nicht an diese Zeit zu erinnern. Und ich bin
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