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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs
Autoren: Sara Douglass
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Korridor. Dort kam ihnen eine weitere Dame entgegen. Sie blieben stehen und verneigten sich, während sie an ihnen vorbeiging. Garth bestaunte noch immer mit großen Augen das kostbare Seidengewand und das fremdartige Parfüm, als sie auch schon im Vorraum hinter dem Thronsaal standen und der Diener sie dem stämmigen Zeremonienmeister übergab.
    »Ihr werdet Seiner Königlichen Hoheit stets mit der gebührenden Ehrfurcht begegnen«, forderte der Zeremonienmeister mit Entschiedenheit und faßte dabei vor allem Garth ins Auge.
    Der nickte nur stumm. Er fühlte sich in seinen besten Kleidern ohnehin schon unbehaglich genug, und die Aufregung war ihm auf den Magen geschlagen.
    Der Zeremonienmeister rümpfte die Nase und strich sich mit der Innenseite seines Handgelenks das öltriefende eisengraue Haar aus der Stirn. »Ihr werdet Euch verneigen, wenn Ihr eintretet, und ein zweites Mal, wenn Ihr Euch verabschiedet.«

    »Wir haben verstanden«, sagte Joseph. Er hatte Garth am Vorabend so gut wie möglich auf die Audienz vorbereitet, aber es konnte nicht schaden, wenn dieser Mann seine Anweisungen noch einmal wiederholte.
    »Und Ihr kehrt Seiner Hoheit niemals den Rücken zu. Und…
    ah!«
    Der Zeremonienmeister hatte Josephs kleine Tasche entdeckt.
    »Was habt Ihr da drin?« Seine Hände flatterten wie aufgescheuchte Vögel, und aus einer Ecke eilte ein Gardist herbei.
    »Nur meine Pulver und Tränke«, versicherte Joseph hastig und reichte dem Gardisten die Tasche zur Überprüfung.
    Der Zeremonienmeister beruhigte sich wieder, beäugte die beiden aber weiterhin mit Mißtrauen. Er war eng mit Oberon Fisk befreundet, und der Hofheiler empfand es als tiefe Kränkung, daß der König es für nötig hielt, wegen seines Mals diesen Quacksalber aus der Provinz zu Rate zu ziehen. Fisk selbst war heute dem Hof ferngeblieben, um Baxtor nicht zu begegnen.
    »Schön«, schnaubte er. »Ich werde mich erkundigen, ob der König bereit ist, Euch zu empfangen, oder ob er mit wichtigeren Angelegenheiten beschäftigt ist.«
    Der Ton des Zeremonienmeisters ließ keinen Zweifel daran, daß zumindest aus seiner Sicht alles andere wichtiger war als Joseph und Garth.
    Doch Cavor konnte es offenbar kaum erwarten, Joseph Baxtor zu sehen, denn der Höfling kam schon nach gut einer Minute mit hochrotem Kopf und wütend geballten Fäusten zurück.
    »Seine Hoheit lassen bitten«, sagte er steif und neigte den Kopf. Garth folgte seinem Vater in den Thronsaal. Es wollte ihm nicht gelingen, seine Aufregung zu beherrschen. Sein Magen schlug Purzelbäume.

    Der Thronsaal war ein langgestrecktes Oval. Der Thron stand von Joseph und Garth aus gesehen am hinteren Ende auf einem Podest. Der Boden, feinstes Kirschholzparkett, war mit Elfenbein eingelegt, die Wände schmückten Bildteppiche in leuchtenden Farben, die verschiedene Heldenszenen darstellten. Von der hohen gewölbten Decke hingen Kronleuchter aus Silber und Kristall.
    Weihrauchdüfte schwebten durch den Saal wie dünne Nebelschwaden.
    Und an den Wänden standen Scharen von schweigenden Höflingen, Diplomaten und Gesandten – alle in Begleitung von kostbar gekleideten Damen mit kunstvollen Frisuren. Garth schluckte. Hoffentlich richtete niemand das Wort an ihn. In dieser Umgebung kam er sich vor wie ein Karrengaul in einem Schlammloch.
    Der Zeremonienmeister ging vor ihnen her und hielt noch im ersten Drittel des Saales an.
    »Der Heiler Joseph Baxtor und sein Sohn Garth«, meldete er mit hörbarer Verachtung.
    Joseph verneigte sich elegant, und Garth beeilte sich, es ihm gleichzutun. Wo hatte sein Vater nur die höfischen Manieren gelernt?
    »Tretet doch näher!« sagte eine freundliche Stimme, und Joseph und Garth richteten sich wieder auf. »Nur keine falsche Scheu. Ich habe mit Euch zu reden, Joseph. Wir haben uns viele Jahre nicht mehr gesehen.«
    Wieder rümpfte der Zeremonienmeister die Nase, dann gab er den Weg frei.
    Joseph schenkte Garth ein aufmunterndes Lächeln und ging selbstbewußt auf den Thron zu. Genau fünf Schritte vor dem Podest beugte er das Knie und senkte den Kopf. »Sire, ich bin Euer ergebener Diener.«

    Garth kniete hinter seinem Vater so hastig nieder, daß er fast gestürzt wäre. In den Reihen der Höflinge wurde gekichert.
    Die Wangen brannten ihm, und er studierte das Elfenbeinmuster im Fußboden so angelegentlich, als wolle er es sich für alle Zeiten einprägen.
    Vom Podest war ein Rascheln zu hören, dann näherten sich Schritte, und schließlich fiel ein
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