Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)

Titel: Der Herr der Unterstadt: Thriller (German Edition)
Autoren: Daniel Polansky
Vom Netzwerk:
tatsächlich schafft, ihn bewusstlos zu schlagen, kommt er gewöhnlich zu schnell wieder zu sich und macht Schwierigkeiten. Und wenn er am Boden bleibt, dann heißt das im Allgemeinen, dass sein Gehirn angeknackst ist und er den Rest seines Lebens damit zubringt, sich vollzuscheißen. Meiner Ansicht nach wäre es da besser, tot zu sein.
    Und das Ganze würde ohnehin äußerst riskant sein, selbst wenn alles nach Plan verlief.
    Doch ich hatte Adeline ein Versprechen gegeben.
    Die Nacht schritt fort. Jede Minute, die verstrich, bedeutete Zeit für Beaconfield – Zeit, um zu dem Schluss zu gelangen, dass der beste Ausweg aus dieser Sache darin bestand, Zeisig Brightfellows Monster vorzuwerfen. Die Artillerie in meinem Ranzen verschaffte mir nur dann eine reelle Chance, wenn niemand sah, wie ich sie installierte. Warum musste ausgerechnet Dunkan heute Dienst haben? Warum konnte er nicht zu Hause am Feuer sitzen und Whiskey trinken? Aber sosehr ich diese Laune des Schicksals auch verfluchte – daran ließ sich nichts ändern.
    Ich schloss kurz die Augen.
    Dann warf ich einen Stein gegen die Mauer, um die Aufmerksamkeit des nichts ahnenden Wachtpostens abzulenken. Gleichzeitig sprang ich auf. Im Nu war ich hinter ihm und schlang ihm den Draht um den Hals.
    Das Garottieren ist eine leise, aber langsame Methode des Tötens. Dunkan brauchte lange, um zu sterben. Zuerst versuchte er, den Draht zu packen, und kratzte wie wild an seinem geschwollenen Hals herum. Nach einer Weile ließ er die Arme sinken und hörte auf, sich zu wehren. Ich drückte ihm den Hals zu, bis sich sein Gesicht blaurot färbte und die Beine im Todeskampf zuckten. Dann legte ich ihn hinter der Mauer, wo ihn niemand sehen konnte, auf den Boden.
    Tut mir leid, Dunkan. Ich wünschte, es hätte eine andere Möglichkeit gegeben.
    Ich schlich um das Gebäude und brachte die Dinge an, die ich für meinen Plan brauchte. Niemand bemerkte mich – die Bewachung war ausgesprochen lax. Vielleicht war Beaconfield ja so dumm, dass er nicht mit meinem Kommen rechnete. Das hoffte ich zumindest.
    Nachdem alles angebracht war, kehrte ich zur Hintertür zurück und knackte das Schloss, vielleicht nicht so gekonnt wie der Doktor, aber ohne große Probleme. Sobald ich im Haus war, fing ich an, die Sekunden zu zählen. Bei jedem Geräusch innehaltend, pirschte ich mich voran. Die Sicherheitsvorkehrungen waren seltsam mangelhaft. Keine einzige Patrouille ließ sich blicken, noch nicht einmal am Aufgang zur Treppe war jemand postiert.
    Als ich die Tür zum Arbeitszimmer des Herzogs öffnete, stand er mit einem Glas in der Hand vor dem hohen Fenster und sah zu, wie der Schnee fiel. Er fuhr herum und starrte mich schockiert an, als er mich erkannte. Dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. Er leerte sein Glas und stellte es auf den Schreibtisch. »Das ist schon das zweite Mal, dass Sie unaufgefordert in mein Arbeitszimmer kommen.«
    Ich schloss die Tür hinter mir. »Das erste Mal. Gestern habe ich jemanden geschickt.«
    »Ist das das Verhalten eines Freundes? Missbraucht ein Freund die Gastfreundschaft, um private Korrespondenz zu stehlen?«
    »Wir sind keine Freunde.«
    Er blickte leicht gekränkt drein. »Nein, vermutlich nicht – aber das liegt nur an den Umständen. Ich glaube, wenn die Dinge anders verlaufen wären, hätten Sie festgestellt, dass ich ein äußerst annehmbarer, ja, umgänglicher Mensch bin.«
    Zweieinhalb Minuten. »Glaub ich nicht. Ihr Blaublüter seid für meinen Geschmack ein bisschen zu abgedreht. Im Grunde bin ich nämlich ein schlichtes Gemüt.«
    »Ja, offen und aufrichtig. Eine Beschreibung, die genau auf Sie passt.«
    Jeder von uns wartete ab, ob der andere seine Maske der Freundlichkeit fallen lassen würde. In meinem Kopf tickte die Uhr weiter – drei Minuten.
    Der Herzog lehnte sich gegen den Schreibtisch. »Ich muss zugeben, das Vorgehen, zu dem Sie sich entschlossen haben, überrascht mich.«
    »Ich gebe zu, es ist ein wenig direkt, aber ich hatte keine andere Wahl.«
    »Dann hat Sie also der Alte geschickt, ja? Die Loyalität, die dieser Irre einzuflößen vermag, schockiert mich. Er wird bei Ihrem Selbstmordkommando jedenfalls nicht das Leben verlieren.«
    »Das hat nichts mit Loyalität zu tun. Ich musste förmlich Druck auf ihn ausüben.« Über Beaconfields Gesicht huschte ein überraschter Ausdruck. »Und was macht Sie so sicher, dass ich derjenige sein werde, der diesen Raum nicht lebend verlässt?«
    Er brach in Lachen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher