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Der Held und die Feuergöttin

Der Held und die Feuergöttin

Titel: Der Held und die Feuergöttin
Autoren: Horst Hoffmann
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und daß er immer wieder bekämpfen würde, wo er ihm auch begegnete. Doch es war Ehrfurcht vor der Zeit und ihren Geheimnissen.
    Unwillkürlich hob er einen der Splitter auf. Die Glut des Vulkans brach sich darin, und wieder fühlte sich Mythor in eine fremde Welt versetzt, jenseits von gestern, heute und morgen. Und da erinnerte er sich daran, daß er ähnliche Empfindungen schon einmal gehabt hatte - damals, als es galt, den Baum des Lebens zu erklimmen. Die Versuchung war groß, sich ganz den Visionen anzuvertrauen und mehr über jene im Dunkel des Vergessens versunkene Zeit zu erfahren, da die Welt jung war und der Lichtbote in sie hinein trat.
    Doch rechtzeitig erkannte der Sohn des Kometen die Gefahr, die damit verbunden war. Er schleuderte den Splitter von sich fort in den Krater.
    »Wir müssen es mit allen tun!« rief er Oniak zu. »Alle Scherben müssen vernichtet werden.«
    »Du glaubst, daß noch etwas von… ihr in ihnen ist? Von der Schwarzen Göttin?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich will sichergehen.«
    Oniak half Mythor dabei, die Splitter aufzusammeln und in den glühenden Abgrund zu werfen. Keinem der beiden ungleichen Männer entging dabei, daß die Lava sich brodelnd und zischend Fuß um Fuß in die Höhe schob. Nicht mehr lange, und sie würde dieses Gewölbe überfluten, das nun über keinen magischen Schutz mehr verfügte.
    Und als Mythor den letzten Splitter der flüssigen Glut übergab, geschah etwas Seltsames. Weder er noch Oniak merkten etwas davon. Denn die Erinnerung daran löschte sich in ihnen ebenso aus wie die an alles, was sie an diesem Ort gesehen und erlebt hatten.
    Sie sahen das Standbild der Göttin, die sieben Aschehaufen auf dem Fels und die geschrumpften, leblosen Kugeln, doch sie blickten an ihnen vorbei, als wären sie überhaupt nicht da.
    Mythor glaubte zwar, daß es etwas geben mußte, an das er sich erinnern müßte, doch er tat es als Einbildung ab. Er wußte nur, daß sie schon viel zu lange unterwegs waren, um Ramoa zu finden. Es fiel ihm nicht ein, Oniak nach dem Weg zu fragen, denn auch das war vergessen.
    Mythor wußte nur, daß die Lava unaufhörlich stieg, und daß sie einen Weg nach oben finden mußten, solange noch Zeit dazu war. Sein Geist war verwirrt. Aber wieder sagte er sich, daß Ramoa nur weiter oben zu finden sein konnte, wo die Luft besser und die Hitze nicht so stark war. Wenn er das Steigen der Lava richtig deutete, stand ein Ausbruch des Vulkans unmittelbar bevor. Er war schon früher ausgebrochen, und wenn Ramoa lebte, so mußte sie sich in einer sicheren Zone des Berges aufhalten.
    Wenn er auch vergessen hatte, was die Tukken hierhergelockt hatte, um die Inseln zu erobern, so war ihm das Gefühl dafür geblieben, daß es nicht die Feuergöttin war, die sie gerufen hatte. Er war nun überzeugt davon.
    Aber es gab mehrere Stollen, die aus dem Hohlraum herausführten. Welchen sollten er und Oniak nehmen?
    Einer glich dem anderen, und Mythor wählte jenen, auf den er gerade blickte. Es war ein reines Glücksspiel. Oniak folgte ihm mit dem Dreizack in der Hand. Mythor hatte wieder das Seil über der Schulter.
     
     
    *
     
    Erschreckend schnell erwachte der Berg aus seiner trügerischen Ruhe. Mythor mußte sich wieder dem schwachen Lichtschein des Gläsernen Schwertes anvertrauen. Sobald er und Oniak eine Verästelung der Gänge erreichten, wählten sie jenen, der am steilsten nach oben führte.
    Der Boden bebte. Dumpfes Grollen aus der Tiefe pflanzte sich im Gestein fort. Viel zu schnell nun wurde die Luft heißer und stank nach Schwefel.
    Mythor versuchte, einen Anhaltspunkt zu finden. Sie mußten aus dem Berg heraus und zum Drachen - ob mit oder ohne Ramoa. Nur wenn die Tau sie rechtzeitig zurückholten, hatten sie eine Überlebenschance. Und auch nur, falls sie einen Schutz vor dem erwarteten Ausbruch fanden.
    Ab und an war das Geschrei von Tukken aus der Ferne zu hören, aber keiner zeigte sich. Mythor trug Oniak auf den Armen, wenn dieser am Ende seiner Kräfte war, setzte ihn dann wieder ab und zog ihn nach, wenn es galt, durch enge Kamine zu klettern.
    Dann endlich, Mythor hatte die Stollen und Abzweigungen nicht gezählt, sah er in Altons fahlem Schein Blutstropfen auf dem Boden. Und es war rotes Menschenblut.
    »Irgend jemand benutzte diesen Gang«, murmelte er. »Und zwar vor nicht allzu langer Zeit.«
    »Dort vorne, Honga!«
    Oniak, das hatte sich ja herausgestellt, sah im Dunkeln besser als Mythor. Der Sohn des Kometen ging weiter und
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