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Der Hauch von Skandal (German Edition)

Der Hauch von Skandal (German Edition)

Titel: Der Hauch von Skandal (German Edition)
Autoren: Nicola Cornick
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her?“
    Schweigen.
    „Wie lange?“, brüllte Alex.
    „Vier Stunden, Mylord“, antwortete Frazer widerwillig. „Vielleicht fünf.“
    „Warum, zum Teufel, haben Sie mich nicht geweckt?“
    Frazer machte ein empörtes Gesicht. „Lady Grant hat mich gebeten, es nicht zu tun.“
    Alex rieb sich die Schläfen. Joannas Abwesenheit, die Leere der Zimmer, die Stille – all das schien ihn zu verspotten. Ihm fiel ein, dass er derjenige gewesen war, der Joanna aufgefordert hatte, nach London zurückzukehren. Er hatte ihr gesagt, dass er sich von Spitzbergen aus einschiffen wollte. Er hatte mehr oder weniger angedeutet, dass er sie nicht wiedersehen wollte. In seiner Verbitterung über ihren Verrat hatte er das auch tatsächlich vorgehabt, doch jetzt, wo sie nicht mehr da war, erkannte er, wie sehr Enttäuschung und Zorn ihn blind gemacht hatten für das, was er wirklich wollte.
    Er griff nach seinem Umhang. „Bitte packen Sie mein Gepäck, Frazer, und lassen Sie es mit dem der anderen zum Hafen bringen. Wo ist Captain Purchase?“
    „Captain Purchase bringt die letzten Vorräte auf die Sea Witch , Mylord.“
    Alex eilte aus dem Gästehaus, die Stufen hinunter und zum Klostertor hinaus. Er konnte die Sea Witch allein in der Bucht liegen sehen, ein winziges Schiff auf dem blauen Meer vor der Kulisse der schroffen schwarzen Berggipfel. Die See war ruhig und glitzerte in der Sonne.
    Er fand Purchase inmitten seiner Männer, denen er half, Fässer mit eingelegten Eiderenteneiern und Salzheringen an Bord zu rollen. Bei dem Anblick musste Alex daran denken, wie sehr Joanna dieses Essen verabscheuen würde – bis ihm einfiel, dass sie es gar nicht zu sich nehmen würde. Das Gefühl des Verlustes schnürte ihm beinahe die Kehle zu.
    „Ist das wahr?“, fragte er drängend. „Ist sie weg?“
    „Ich nehme an, du meinst Lady Grant“, erwiderte Purchase mit grimmiger Miene. „Ja, es ist wahr. Sie sind heute Morgen mit Einsetzen der Flut aufgebrochen.“ Ein schwaches, kaltes Lächeln umspielte seine Mundwinkel, während er und Alex nebeneinanderstanden und das Beladen des Schiffs verfolgten. „Sie hat mir die Schiffsmiete für weitere sechs Monate gezahlt“, fuhr Purchase fort. „Und zwar für dich.“ Der Blick, den er Alex zuwarf, war voller Abneigung. „Sie hat es dir leicht gemacht, Grant, sie hat dir die Sea Witch überlassen.“ Er schwieg eine Weile. „Und? Wohin willst du jetzt segeln?“ Sein Tonfall verriet, dass die Hölle für ihn durchaus eine gute Option war.
    Alex betrachtete das gut ausgerüstete kleine Schiff. Es war kein Kriegsschiff, aber es hatte sich tapfer geschlagen. Und genauso hatten sie es am Anfang vereinbart, er und Joanna. Er hatte ihr seinen Namen und seinen Schutz geschenkt, und sie hatte ihm die Freiheit versprochen, sich seine Träume zu erfüllen.
    Doch mittlerweile hatte er andere Träume.
    Er dachte an ihre Abmachung. Er hatte verlangt, dass Joanna keine gefühlsmäßigen Ansprüche auf ihn erhob. Er hatte darauf bestanden, dass er sein Leben als Forschungsreisender fortsetzen konnte, keine Kompromisse oder Zugeständnisse eingehen musste und frei war zu reisen, ohne Verpflichtungen und Verantwortungen.
    Er war grenzenlos egoistisch gewesen.
    Was konnte ein Abenteurer der Frau bieten, die ihn liebte? Sein Herz vielleicht, seine Gegenliebe.
    Er dachte an Dev, der ihm in London gesagt hatte, Chessie brauchte kein Geld, sondern Gesellschaft und Liebe. Er dachte an Joanna, die ihm vorgeworfen hatte, seine Familie materiell gut zu versorgen, aber die Gefühle außer Acht zu lassen. Er dachte an den Handel, den er ihr vorgeschlagen hatte, und an ihr Täuschungsmanöver, weil sie sich so sehnlichst ein Kind wünschte, dass sie alles dafür getan hätte, eins zu bekommen. Er dachte daran, wie sie zu ihm zur Rabenvilla gekommen war und den Schutzschild eingerissen hatte, den er nach Amelias Tod um sein Herz errichtet hatte. Am meisten aber dachte er an das große Opfer, das sie gebracht hatte mit ihrem Verzicht auf Nina Ware, denen zuliebe, die das Mädchen lieb hatten. Und was hatte er ihr im Gegenzug angeboten? Materielle Sicherheit vielleicht, aber dazu ein leeres und liebloses Leben.
    Aber das ließ sich ändern.
    Alex’ Herz begann schneller zu schlagen. „Kannst du die Raison einholen?“, fragte er Purchase abrupt.
    Purchases’ Augen leuchteten auf. „Du willst zu ihr?“
    „Ich wäre ein Narr, wenn nicht.“
    „Du bist schon ziemlich lange Zeit ein Narr. Warum willst du mit
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