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Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)

Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)

Titel: Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)
Autoren: Nicole Schröter
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dufteten. Die Wäsche lag von nun an stets
frisch gebügelt in den Kleiderschränken. Wenn die schreckliche Ehefrau nach
Hause kam, fand sie regelmäßig nur noch ihre Wäsche – ein zerknautschtes
Häufchen in einer Ecke der Waschküche – vor. Die Wäsche der schrecklichen
Ehefrau wusch Frau Besler nicht. Ihre Wäsche sei ihr zu schmutzig - diese
Schlüpfer, winzig, nur so eine Kordel um sich den Po zu bedecken, einfach
ekelhaft – erzählte sie jedem, der ihr samstags mit ihrem Eimerchen begegnete.
     
    Als die schreckliche Ehefrau sich bei Günther darüber
beklagen wollte, sah dieser sie nur verständnislos an. „Sei doch froh, dass sie
uns hilft und dir die ganze Arbeit abnimmt.“ Mehr hatte er dazu nicht zu sagen.
Er fand es herrlich, so entlastet zu sein und gleichzeitig nach einem
anstrengenden und unbefriedigendem Arbeitstag, von den lieblichen Gerüchen
seiner Kindheit eingelullt zu werden.
     
    So war es auch nicht verwunderlich, dass die schreckliche
Ehefrau kurz darauf, natürlich von Frau Besler, dabei ertappt wurde, wie sie
mit einem schrecklich schmierigen Mann, in einer Eisdiele saß, lachte und sich
küsste, anstatt zu Hause, wie Frau Besler meinte, ihrer Pflicht als Mutter und
Ehefrau nachzukommen.
     
    Ebenso wenig erstaunt es, dass Günther bereits am selben Abend
davon erfuhr, zutiefst verletzt war, und seine schreckliche Ehefrau, mit samt
ihren Schlüpfern, vor die Tür setzte.
     
    Frau Besler war zufrieden. Von nun an hatte ihr Leben wieder
einen Sinn. Fünf Tage in der Woche war sie wieder voll in ihrem Element als
Mutter und Hausfrau, was ohnehin das war, was sie am besten konnte. Die zwei
Tage am Wochenende, die Günther sich erbeten hatte, um mal mit den Kindern oder
auch mit ein paar Kumpels alleine verbringen zu können, gönnte sie ihm von
Herzen. Für zwei Tage fand sich immer genug Arbeit in ihrem eigenen Häuschen,
um sich nicht einsam fühlen zu müssen.
     
    So zogen sie gemeinsam die Kinder groß. Günther verdiente
das Geld – hinzu kam das Geld, dass die schreckliche Ehefrau ihm wegen der
Kinder schuldig war. Und natürlich legte Frau Besler jeden Monat eine
ausreichende Summe in die Keksdose, die sie hinter den Tellern im Küchenschrank
deponiert hatte – und seine Mutter erledigte spielend den Haushalt.
     
    Günther fand, dass sein Leben gar nicht mehr so übel sei. Er
hatte alles, was er zum Leben brauchte. Das Einzige, was ihm manchmal zu
schaffen machte, war der Gedanke an eine Frau. Natürlich war seine Mutter auch
eine Frau, und niemand bewältigte die Aufgaben einer Ehefrau besser als sie,
aber da er ein Mann war, konnte er zunehmend nicht darüber hinweg sehen, dass
ihm ab und zu ein junger, üppiger Frauenkörper auf seiner anderen Betthälfte
fehlte.
     
    Wenn er mit seinen Kumpels unterwegs war, an den
Wochenenden, lernte er gelegentlich eine Frau kennen. Manchmal verstand er sich
mit einer von ihnen eine Zeit lang ganz gut. Aber die Frauen, die er
kennenlernte, hatten alle denselben Fehler: Sobald er sie mit zu sich nach
Hause brachte und sie seiner Mutter vorstellte, reagierten sie mit zunehmender
Eifersucht. Dabei war seine Mutter ausgesprochen freundlich zu ihnen, backte
wunderbare Torten, wenn sie eine von ihnen zu Kaffee und Kuchen eingeladen hatte.
     
    Frauen waren merkwürdige Wesen. Sie machten alles immer so
kompliziert. Also beließ er es dabei und begnügte sich fortan damit, ein Mal
pro Monat – das Geld nahm er aus der Haushaltskasse hinter den Tellern im
Küchenschrank – in die große Stadt zu fahren, sich eine wohlgeformte Frau
auszusuchen und sich für Geld zu erleichtern.
     
    Obwohl er immer erst gegen Ende des Monats in die große
Stadt fuhr, denn wenn es nicht gereicht hätte, wäre er natürlich nicht
gefahren, kam es nicht ein einziges Mal vor, dass sich nicht mehr genug Geld
dafür in der Haushaltskasse befand.
     
    Frau Besler starb vier Monate nach Günthers
dreiundfünfzigsten Geburtstag. Sie war übers Wochenende zu sich nach Hause
gefahren. Am Samstag hatten Nachbarn sie noch mit ihrem Eimer zum Abfalleimer
gehen sehen. Am Sonntag hatte sie niemand gesehen und am Montagabend fand
Günther sich nach der Arbeit allein in seiner Küche wieder und nichts duftete
nach Essen und seine Wäsche, die noch von seiner samstäglichen Kneipentour über
dem Küchenstuhl hing, lag nicht gewaschen im Schrank.
    Er war verärgert. All die Jahre hatte er sich auf sie
verlassen können.
     
    Günther rief bei seiner Mutter an, aber niemand nahm
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