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Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)

Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)

Titel: Der Hase aus Amerika und andere Beziehungskisten (German Edition)
Autoren: Nicole Schröter
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wissen, dass Marie seit sechs Monaten
schwanger ist. Aber Antonella ist nicht nachtragend. Sie weiß, dass Maries
Möglichkeiten eingeschränkt sind. Als Marie sie um ein dringendes Treffen
bittet, ist Antonella sofort bereit dazu.
     
    Schon am darauffolgenden Vormittag treffen sich die beiden
in einem abgelegenen Café. Als Antonella Marie kommen sieht, kann sie es nicht
vermeiden, ihr auf den schon unübersehbar gewölbten Bauch zu starren. Dann
schlägt sie die Hände vors Gesicht. Sie bestellen einen Cappuccino und Marie
beginnt, Antonella unter Tränen die ganze Misere zu berichten. Antonella hört
wortlos zu. Sie macht Marie keine Vorhaltungen. Als Marie geendet hat, sieht
sie ihre Freundin hilflos und verzweifelt an. Sie möchte nach Hause, nach
Deutschland. Sie möchte ihr Kind in Deutschland zur Welt bringen, aber sie ist
hier gefangen. Sie sieht keinen Ausweg.
     
    Einen Moment lang denkt Antonella nach. Dann hat sie eine
Idee: Marie soll Roberto und seiner Mutter glaubhaft machen, dass sie große
Angst vor der Entbindung habe. Dass sie Angst habe, durch die starken Schmerzen
der italienischen Sprache nicht mehr mächtig zu sein und daher unbedingt in
einem deutschsprachigen Krankenhaus entbinden wolle. Außerdem müsste Robertos
Mutter Maries Krankenhausaufenthalt in Italien aus eigener Tasche bezahlen, da
Marie hier nicht versichert ist. In Deutschland dagegen wäre alles kostenlos
für Marie. Na, wenn das kein Argument ist. Sie lachen beide befreit.
    Es gelingt Marie tatsächlich, ihr Anliegen so glaubhaft
vorzutragen, dass Roberto und seine Mutter sich darauf einlassen.
     
    Nach langen, natürlich heimlichen, Telefonaten mit Maries
Mutter, die ihr auch eine Fahrkarte für einen Autoreisezug, der leider erst ab
Basel fährt, besorgt, beginnt Marie ihre große Reisetasche zu packen. Sie
achtet darauf, dass sie keine Dinge einpackt, die den Eindruck erwecken
könnten, sie käme nicht zurück. Sie weiß, dass sie das meiste wird zurücklassen
müssen. Aber das Wichtigste wird sie mitnehmen: ihr Auto und ihr ungeborenes
Baby! Alles andere ist unwichtig und ersetzbar, ihr Baby und ihre Freiheit
dagegen nicht! Marie ist froh, als sie dies endlich begreift.
     
    Als die Reise endlich losgeht, ist Marie bereits im siebten
Monat. Roberto und die von ihm eigentlich unerwünschte Antonella begleiten
Marie zu ihrem kleinen Auto. Roberto drückt sie kurz und förmlich an seine
Brust, Antonella streichelt ihr zum Abschied über die Wange. Nur Antonella
weiß, dass Marie nicht zurückkommen wird. Niemals mehr!
     
    Marie kommt gut voran. Als sie die Alpen passiert, beginnen
ihre Lebensgeister, mit jedem Meter, den die schmalen Straßen sie höher in die
Berge tragen, zu wachsen. Alle Last, Angst und Enge fallen von Marie ab. Sie
kurbelt das Fenster herunter und zieht die saubere, frische Bergluft tief in
ihre Lungen ein. Sie könnte Schreien vor Freude, sich wieder lebendig zu
fühlen.
     
    Nach sieben Stunden im Auto erreicht sie Basel. Ihr dicker
Bauch schmerzt und obwohl sie einige Toilettenpausen eingelegt hatte, spürt sie
das Wasser in ihren geschwollenen Beinen. Marie wünscht sich nichts sehnlicher,
als ihre Beine lang auf einem Bett ausstrecken zu können. Aber bis zur Abfahrt
des Zuges sind es noch fast zwei Stunden. Also parkt sie ihren Wagen am Bahnhof
und geht in einen Imbiss, um eine Kleinigkeit zu essen. Und natürlich, um
wieder auf Toilette zu gehen. Das Baby in ihrem Bauch ist schon recht groß, und
so drückt es ihr stetig auf die Blase, was sie zu vielen Pausen veranlasst.
     
    Es ist schon dunkel, als Maries Auto endlich auf dem Zug
steht. Ein netter Schaffner trägt Marie den Koffer und führt die Schwangere zu
ihrem Abteil. Ein richtiges kleines Zimmer findet Marie vor. Ein mit frischer 
weißer Bettwäsche bezogenes Bett lädt zum Schlafen ein. Ein kleines
Waschbecken, ja sogar eine eigene Toilette hat ihre Mutter ihr wohlweislich
dazugebucht. Marie bittet den Schaffner noch, sie am Morgen rechtzeitig zu
wecken, da sie mit dem dicken Bauch etwas länger brauche, sich fertigzumachen.
     
    Marie schafft es gerade noch sich die Zähne zu putzen, dann
lässt sie sich erschöpft in die Kissen sinken und schläft, trotz der lauten
Fahrgeräusche, auf der Stelle ein. Hätte sie in der Nacht nicht vier Mal ihre
Blase geweckt, hätte sie sicher durchgeschlafen, bis der Schaffner sie um 5.30
Uhr weckt.
     
    Als Marie endlich fertig angezogen und frisiert ist, und
sich über das Frühstück, dass der
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