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Der grüne Tod

Der grüne Tod

Titel: Der grüne Tod
Autoren: Alan Dean Foster
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spannte sich Pip an und flatterte mit den Flügeln. Gleichzeitig riss sie ihren Rachen weit auf und fauchte bedrohlich. Coerlis erstarrte, immer noch lächelnd, mitten in der Bewegung, während seine beiden Begleiter reflexartig in die Innentaschen ihre Jacken griffen.
    »Das würde ich lieber nicht tun.« Flinx’ Tonfall war ruhig, jedoch bestimmt. »Alaspinische Minidrachen verfügen auf der empathischen Ebene über ein gewisses Maß an telepathischen Kräften. Sie kann meine Empfindungen spüren. Bin ich zufrieden, ist sie es auch. Bin ich wütend, ist sie es auch. Und wenn ich mich bedroht fühle … Nun, wenn ich mich bedroht fühle, reagiert sie dementsprechend.«
    Nun doch ein wenig beeindruckt zog Coerlis behutsam seine Hand zurück. Pip legte wieder die Flügel an, blieb jedoch wachsam und ließ den Fremden nicht aus den Augen. »Nicht nur ein wahres Prachtexemplar, sondern auch noch sehr nützlich. Ich muss mich in puncto Sicherheit leider auf diese beiden hässlichen und hirnlosen Proteinklumpen verlassen.« Keiner der beiden Bodyguards zeigte die geringste Regung. »Dies nette Tierchen hingegen kann man unter dem Jackenärmel mit sich herumtragen oder, wenn es müde ist, einfach in die Reisetasche stecken. Ich wette, es wäre für jeden, der einem zu nahe kommt, eine ziemlich böse Überraschung.«
    Flinx schwieg und zog stattdessen vor, Coerlis seine eigenen Schlüsse ziehen zu lassen. Allmählich begann er, der Sache überdrüssig zu werden. Zudem zog die ganze Angelegenheit entschieden zu viel Aufmerksamkeit auf sich. Inzwischen hatte vermutlich längst jemand, der alte Mann vielleicht oder sogar die hübsche Küchenchefin selbst, die Obrigkeit informiert. Flinx hatte nicht die Absicht, noch vor Ort zu sein, wenn sie eintraf. Sein Blick fiel auf den Durchgang zur Küche.
    Coerlis, der auf keiner wie auch immer gearteten Ebene über irgendein Maß an telepathischen Kräften verfügte, gebot hingegen durchaus über ein gewisses Maß an Menschenkenntnis. »Falls Sie darauf spekulieren, dass irgendjemand die Polizei alarmiert, damit sie sich des kleinen Störfalls annimmt, würde ich mir an Ihrer Stelle keine allzu großen Hoffnungen machen. In der Provinz Tuleon kann ich nämlich so ziemlich überall tun und lassen, was ich will, wenn Sie verstehen.« Pip nicht aus den Augen lassend beugte sich der Mann nun ein klein wenig nach vorn.
    »Jegliche Art von Einigung, die wir beide hier erzielen, wird ohne das Eingreifen irgendwelcher Außenstehender stattfinden.« Er stupste mit dem Finger gegen Flinx’ purpurnen Becher. »Gibt es sonst noch etwas, das Sie gern wissen möchten?«
    »Ja. Wen haben Sie vor kurzem verloren?«
    Die Frage schien Coerlis völlig zu überrumpeln. Er straffte sich, und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Wovon reden Sie da?«
    »Sie haben jemanden verloren, der Ihnen sehr nahestand, jemand, der Ihnen viel bedeutet hat. Und Sie sind über diesen Verlust noch nicht hinweg. Die Folgen sind Angst, Sorge, Kummer und der irrationale Wunsch, rücksichtslos nach allem zu schlagen, das schwächer ist als Sie. Es ist der verzweifelte Versuch, die Kontrolle zurückzuerlangen: nicht über die anderen, sondern über sich selbst.«
    Coerlis’ plötzliche Unsicherheit zeugte nur von dem inneren Aufruhr, der in ihm tobte. »Wer sind Sie? Was sind Sie?«
    »Nur ein aufmerksamer Reisender.«
    »So ‘ne Art Wandertherapeut?«
    »Nein.« Ganz langsam und Zentimeter um Zentimeter hatte Flinx seinen Stuhl ein wenig vom Tisch abgerückt.
    Als wollte Coerlis erneut seine Überlegenheit demonstrieren, verwandelte sich sein angespanntes Lächeln in ein bösartiges Grinsen. »Sie stochern hier in meiner Vergangenheit herum und stellen mir blöde Fragen. Ich wette, meine Cousins haben Sie angeheuert. Nicht dass mich das großartig interessieren würde. Von mir aus können Sie so viel herumstochern, wie Sie wollen. Sie werden deshalb noch lange nichts finden.« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort. »Sie wissen also Bescheid über meinen Vater. Na und, wen kümmert’s? Er ist seit über zwei Jahren tot.«
    »Sie trauern immer noch um ihn. Die Erinnerung an ihn quält Sie. Ihr ganzes Leben lang hat er Sie beherrscht, und nun leiden Sie verständlicherweise unter einem Minderwertigkeitskomplex, den Sie nicht abschütteln können.«
    Flinx’ Einschätzung der emotionalen Verfassung seines Gegenübers beruhte zum Teil auf empathischer Wahrnehmung, zum Teil auf reiner Spekulation.
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