Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der große Fetisch

Der große Fetisch

Titel: Der große Fetisch
Autoren: L. Spraque de Camp
Vom Netzwerk:
Interesse aufgeflammt war. Ein fremdes Mädchen wie Petronela hätte es in Skudra sogar dann schwer gehabt, wenn sie den angesehensten Mann der Stadt geheiratet hätte. Da sie einen der am wenigsten angesehenen geehelicht hatte, fand sie das Ganze unmöglich. Ihr war es wichtig, ein angesehenes Glied der Gesellschaft zu sein.
    Da Marko als Strafe für die Zerstörung des Hockers kein Abendessen erhielt, aß er den Kuchen auf. Niemand, dachte er, konnte so gute Käsekuchen wie seine Mutter machen. Beim dritten Bissen stieß er wie erwartet auf eine Feile. Er sah sie sich an und warf einen Blick auf das vergitterte Fenster. Draußen strömte noch immer der Regen nieder. Sein breites Gesicht begann sacht zu lächeln.
     
    Marko Prokopiu klopfte nach Mitternacht an das Schlafzimmerfenster seiner Mutter. Die alte Frau stand sofort auf und ließ ihn ein.
    »Schön«, sagte sie. »Ich wußte, daß mein Sohn nicht versagen würde, wenn es um seine Ehre geht. Wie willst du nach Thiné kommen?«
    Marko grinste. »Ich habe Richter Kopitars Pferd gestohlen und bin dann in die Schule eingebrochen, um die Kasse mitgehen zu lassen. Ich habe einen Schlüssel zu der Kassette.«
    »Aber Marko! Aus meinem Muttersöhnchen ist ja ein gefährlicher Bursche geworden!«
    »Pah, was haben mir die Gesetze und Vorschriften schon genützt? Hier, nimm das. Du brauchst etwas zum Leben. Gib aber nicht zuviel auf einmal aus, sonst wird man denken, es ist nicht dein Eigentum.«
    Er drängte ihr einen Teil des gestohlenen Geldes auf und betrat dann das Wohnzimmer, das einfach, aber doch geschmackvoll im bäuerlichen Stil der Berge von Skudra eingerichtet war. Olga Prokopius kleiner, zahmer Tersor saß schlafend auf seiner Sitzstange, die häutigen Flügel fest um den Körper geschlagen. Marko ging zur großen, verzierten Truhe, die Milan Prokopiu aus Chef heraufgebracht hatte. Er holte das Kriegsbeil seines Vaters heraus. Er ließ es ein Stück aus dem Lederfutteral gleiten, prüfte, ob alles in Ordnung war, und schob es wieder hinein.
    Milan Prokopiu hatte dieses Stück geschaffen, als er auf der Höhe seiner Kraft war. Die Streitaxt war durch einen stählernen Schaft von einem halben Meter Länge mit dem Holzgriff verbunden. An seinem Ende war eine Lederschlaufe befestigt, die über das Handgelenk zu streifen war, damit die Waffe nicht verlorengehen konnte, sollte sie dem Zugriff des Benutzers entgleiten.
    Marko öffnete den Gürtel seiner Schaffelljacke, fädelte ihn durch die Schlaufe an der Rückseite des Futterals und schloß ihn wieder. Der Stahl der Axt war blau und dick eingefettet, wie alles Eisengerät auf Kforri, wo die feuchte, Sauerstoffreiche Luft sonst alles rasch zersetzt hätte.
    Er nahm dann einen runden, stählernen Schild von der Wand, der hinter dem Buckel einen Griff hatte, auf dem Buckel einen Haken, an dem eine Lampe befestigt werden konnte, und eine Schlaufe, mit der er über den Rücken gehängt werden konnte. Er war kein Krieger, wußte aber, daß es in der Welt rauh zuging.
    »Wie wär’s mit etwas zu essen?« sagte er.
    »Ich hol’ dir was«, sagte seine Mutter. Man konnte eigentlich ohne Proviant von Skudra nach Thiné reisen, weil überall eßbare Pilze in Hülle und Fülle wucherten. Man wußte aber auch, daß man schließlich schwach und krank wurde, wenn man sich ausschließlich von ihnen ernährte.
    Während Olga Prokopiu geschäftig hin und her eilte, fragte Marko: »Gab es Anzeichen, wo die beiden nach Thiné hinwollten?«
    »Nein. Ich nehme an, sie möchten nach Anglonia zurück.«
    Marko überlegte. »Wenn sie nach Chef wollen, nehmen sie ein Schiff über das Mittelmeer. Da sie aber nach Thiné sind, werden sie die Saar mit einer Karawane durchqueren.«
    »Du solltest es wissen, mein Sohn, du bist schließlich gereist.«
    »Ich werde sie einholen«, sagte er.
    »Gib dir Mühe.« Sie warf ihm einen zärtlichen Blick zu. »Laß sie eines schrecklichen Todes sterben, damit ich stolz auf dich sein kann.«
    Marko packte die nötigsten Dinge zusammen, umarmte seine Mutter und trat in den Regen hinaus. Das Pferd Richter Kopitars war hinter dem Haus angebunden. Wie alle Pferde auf Kforri war es stark gebaut und von mittlerer Größe.
    Marko befestigte sein Bündel hinter dem Sattel, band das Pferd los und stieg auf. Das Pferd schüttelte unruhig den Kopf. Es spürte, daß es nicht von seinem Besitzer bestiegen worden war, doch Markos Gewicht hinderte es, ihn abzuwerfen. Marko zog die Kapuze seines Regenmantels tief
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher