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Der große Fetisch

Der große Fetisch

Titel: Der große Fetisch
Autoren: L. Spraque de Camp
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Akzent: »Wirklich eine Schande, Marko, aber das ist die Sache für mein Buch. Warte, bis du das Kapitel über deinen Prozeß liest!«
    Marko sah Mongamri scharf an. Diese Haltung kam ihm seltsam vor, vor allem, da es in gewisser Weise Mongamri gewesen war, der Marko dazu gebracht hatte, die Anti-Evolution zu lehren.
    Vor einiger Zeit, im Monat Aristoteles (oder Ristoli, wie er bei den Vizantiern hieß), war Mongamri mit einer Menge Notizen in Skudra aufgetaucht. Er erklärte, er sei ein Anglonier, der den Kontinent bereise und davon lebe, seine Erlebnisse niederzuschreiben und Vorträge zu halten. Er war auf der Suche nach einem Ort, an dem er ein paar Monate in aller Stille schreiben könne, bevor er nach Hause, nach Lann, zurückkehre. Da die anderen Familien in Skudra Fremde nur aufnehmen mochten, wenn sie ungeheuerlich hohe Mieten zahlten, war Mongamri natürlich im Haus des toleranteren, weltläufigeren Marko Prokopiu gelandet.
    Marko war so manche Nacht lang mit seinem Untermieter aufgeblieben, hatte über die Welt jenseits der Berge von Skudra und über die Gedanken geredet, die die Menschen in anderen Ländern bewegten. Marko fing an, in Chet Mongamri seinen besten Freund zu sehen. Das hieß nicht viel, da er kaum Freunde und Vertraute schon gar nicht hatte. Jetzt sah Marko, daß Mongamri bestenfalls das Kapitel eines Buches in ihm sah.
    »Kommen Sie, Marko«, sagte Ivan Haliu und packte ihn am Ellbogen.
    Marko ließ sich abführen.
     

 
2.
     
    Marko Prokopiu saß auf einem Hocker in einer Ecke seiner Zelle. Er hatte die Ellbogen auf die Knie und sein Kinn auf die Fäuste gestützt und starrte auf den Boden. Draußen strich schräg der Regen am vergitterten Fenster vorbei.
    Für manche ist Einsamkeit eine Strafe; Marko war jedoch froh, daß er keinen Zellenkameraden hatte. Er wollte nur auf seinem Hocker sitzen und in öder Mutlosigkeit schwelgen.
    Hinter seinem düsteren Gesicht wälzte sich ein Durcheinander von Gefühlen. Ein Teil seines Verstands war stolz, war er doch ein Märtyrer der Wahrheit. Ein anderer schämte sich, weil er sich einer bloßen Theorie zuliebe, die vielleicht nicht einmal stimmen mochte, einer Bestrafung ausgesetzt hatte. Ein dritter teilte ihm mit, alles sei zu Ende, und er könne seinem Leben ein Ende machen, während ein vierter ihn mit dem Gedanken trösten wollte, daß ihm wenigstens seine Mutter und seine Frau Petronela und sein Freund Mongamri die Treue halten würden.
    Das Schloß schnappte, und die Tür ging quietschend auf. Der Wärter Ristoli Vasu sagte: »Marko, Ihre Mutter möchte Sie besuchen. Kommen Sie.«
    Marko folgte dem Wächter stumm in den Vorraum. Dort stand die kleine Olga Prokopiu in ihrem alten Regenmantel aus Wolle, mit Stupagummi wasserdicht gemacht.
    »Mutter!« sagte er. Er widerstand der Regung, sie zu umarmen, als er sah, daß sie einen Kuchen in der Hand trug.
    »Hier, Marko«, sagte sie. »Sieh zu, daß du ihn nicht auf einmal hinunterschlingst.« Mit einem scharfen Blick gab sie ihm den Kuchen. »Setz dich jetzt hin. Ich möchte nicht, daß du umfällst, wenn ich dir die Neuigkeiten sage.«
    »Was für Neuigkeiten?« sagte Marko beunruhigt.
    »Petronela ist mit diesem Mongamri durchgebrannt.«
    Marko klappte der Mund auf. »Was … wann …«
    »Vor ein oder zwei Stunden. Deshalb bin ich hier. Ich hab’ dir ja gesagt, daß nichts Gutes herauskommt, wenn du diesen Fremden ins Haus nimmst. Beide haben nichts Gutes gebracht. Diese Anglonier haben so viel Anstand im Leib wie ein Kaninchen.« –
    Marko lehnte sich zurück, wartete, daß sich sein betäubter Verstand wieder erholen würde.
    Seine Mutter sagte scharf: »Jetzt nur nicht geflennt. Du bist ein erwachsener Mann, und es gehört sich nicht, solche Gefühle zu zeigen. Du weißt, was du zu tun hast.«
    Marko warf einen Blick auf die Wände aus dicken Stupastämmen. »Wie denn?«
    »Irgend etwas wird schon passieren.« Sie sah auf den Kuchen, den Markos riesige Hände arg zerdrückt hatten.
    »Ach so«, sagte Marko. Er wischte sich eine flüchtige Träne ab und riß sich zusammen. Wenn er von widrigen Umständen nicht überwältigt war, konnte er so gut denken wie nur jeder. »Erzähl, was passiert ist.«
    »Nach dem Essen hab’ ich mich niedergelegt. Als ich aufwachte, rief ich Petronela, damit sie mir beim Abwaschen helfen möge. Keine Antwort, auch nicht, als ich an ihre Tür klopfte. Als ich in dein Zimmer ging, sah ich Anzeichen, daß sie überstürzt gepackt hatte, und auf der Kommode
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