Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der große Fetisch

Der große Fetisch

Titel: Der große Fetisch
Autoren: L. Spraque de Camp
Vom Netzwerk:
weil einer aufstand und zum nächsten Spucknapf strebte oder hinauswollte, um sich einen Schluck Slivic zu genehmigen. Wieder andere flüsterten und murmelten, bis Richter Kopitar androhte, den Saal räumen zu lassen.
    Die Zeugen der Anklage, die Jorgi Miltiadu versammelt hatte, wurden nicht aufgerufen, da die Verteidigung die Tatbestände zugab, die sie bezeugen sollten. Dazu veranlaßte Miltiadu, daß die Frage nach der Wahrheit der Lehre der Herabkömmler als nicht zur Sache gehörig abgelehnt wurde, wodurch Rigas Lazarevi keine Gelegenheit hatte, die Bücher vorzuweisen, die er als Beweisstücke mitgebracht hatte. Marko war das eigentlich recht. Viele der Bücher stammten aus dem Ausland, und Marko wußte gut, wie wenig die Bewohner Skudras intellektuelle Erörterungen schätzten, wie sehr sie alles Fremde haßten.
    Zur Essenszeit, als Muphrid fast schon im Zenit stand, waren nur noch die Plädoyers zu halten. Das Gericht zog sich zurück. Marko aß zusammen mit den anderen Gefangenen, hauptsächlich frischen Käse und Pilze, dazu ein wenig Hammel. Gefangene, Richter, Geschworene, Zeugen, Wärter und Zuschauer verliefen sich, um ihr Mahl einzunehmen und eine dreistündige Ruhepause zu halten.
     
    Nach der Siesta kehrten Marko und die übrigen zurück, um sich die Schluß ansprachen anzuhören. Jorgi Miltiadu nahm sich die ausländische Herkunft Markos vor.
    »… dieser Fremde hat also nicht nur versucht, den Geist unserer Jugend durch falsche und gottlose Ansichten zu vergiften. Er wandte sich sogar an einen anderen Ausländer, diesen Fremden dort.« Er zeigte auf Mongamri, der wütend zurückstarrte. »Und von dem hat er die verdammenswerte Lehre gehört, daß eigentlich alle Menschen in ihrer eigenen Welt Fremde sind. Hat man je etwas so Unvizantinisches vernommen?«
    »Lassen Sie sich nicht von den Scheinargumenten meines Kollegen täuschen, daß es die Pflicht eines Lehrers sei, der Wahrheit zu folgen, gleich, wohin sie führt. Ist Marko Prokopiu ein Gott, daß er die Wahrheit erkennen kann, wo doch weisere Köpfe als der seine sich widersprechen? Offensichtlich nicht. Sollen wir Männern, die den Makel fremden Blutes mit sich tragen, gestatten, unseren Kindern beizubringen, daß weiß schwarz sei oder Kforri flach oder Muphrid kalt, nur weil sie durch eine Laune oder durch ausländischen Einfluß in die Irre geführt wurden? Da können wir gleich die Hexen von Mnaenn, die Einstein anbeten, einladen, in unseren Schulen ihre tödlichen Künste zu lehren! Oder auch die schwarzen Eremiten von Afka, die lehren, daß sie das erwähnte Volk ihres Gottes seien!
    Wer soll da entscheiden, was Wahrheit ist? Niemand anderer als die Regierung Seiner Durchlaucht Kral Maccimos, die sich bei den scharfsinnigsten Geistern der Kralschaft Rat holen und sich auf die göttliche Weisheit der Heiligen Drei verlassen kann, die in der Vereinigten Kirche Gestalt angenommen hat …«
    So ging es weiter; Markos Mut sank. Als Rigas Lazarevi an die Reihe kam, griff er Jorgi Miltiadu heftig an, die Geschworenen durch den Hinweis auf die nicht zur Sache gehörige Herkunft Markos beeinflußt zu haben. Er mochte jedoch geltend machen, was er wollte, er kam um die Tatsache nicht herum, daß Marko gegen das Gesetz verstoßen hatte.
    Als die Geschworenen hinausgeschickt wurden, rief der Protokollführer den nächsten Fall auf, und als der abgeschlossen war, kamen die Geschworenen mit ihrem Spruch zurück.
    »Schuldig.«
    Die Zuschauer klatschten. Marko krümmte sich innerlich. Was, im Namen Justinns, hatte er ihnen denn je angetan? Wenn er freigelassen wurde, wollte er dieses engstirnige, hinterwäldlerische Dorf mit seinen unvernünftigen Fehden und seinem bitteren Fremdenhaß weit hinter sich lassen. Er war ein Narr gewesen, so lange bei ihnen zu bleiben und sich einzureden, es sei seine Pflicht, ihre wilden Bälger zu belehren.
    Der Richter sagte: »Marko Prokopiu, ich verurteile Sie zu drei Jahren Haft im Bezirksgefängnis. Die Haft beginnt mit dem heutigen Tag. Außerdem werden Sie mit einer Buße von tausend Dlars bestraft, die bei Nichterfüllung in ein weiteres Jahr Haft umgewandelt wird.«
    Darauf folgte wieder einiger Beifall. Überraschtes Murmeln war auch zu hören, weil die Strafe so hart ausgefallen war.
    Marko sah flüchtig, wie sich Jorgi Miltiadu und der Metropolit die Hände schüttelten, und dann traten seine Freunde zu ihm. Seine Frau und seine Mutter preßten seine Hände. Chet Mongamri sagte mit seinem anglonischen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher