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Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Der Grosse Eisenbahnraub: Roman

Titel: Der Grosse Eisenbahnraub: Roman
Autoren: Michael Crichton
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Shilling Sixpence, stellen Sie sich das mal vor.«
    Erklärlich, daß Rivers dies kostspielig fand: Die Bank zahlte ihm zwölf Shilling pro Woche.
    »Wozu ist sie gut?« wollte Pierce wissen.
    »Gegen Kopfschmerzen, Schuppen und Haarausfall«, erwiderte Rivers, »das wird jedenfalls behauptet. Komische kleine Bürste. Er schließt sich regelmäßig einmal die Stunde in seinem Büro ein und bürstet sich damit.« An dieser Stelle lachte Rivers über die Launen seines Dienstherrn.
    »Er muß ein großes Büro haben.«
    »O ja, groß ist es, komfortabel auch. Er ist ein wichtiger
    Mann, dieser Mr. Trent.«
    »Hält es sicher auch in Ordnung?«
    »Und ob. Die Reinmachefrau kommt jeden Abend, wischt Staub, putzt, rückt alles zurecht, und jeden Abend, wenn er das Büro verläßt, sagt Mr. Trent zu der Reinmachefrau: ›Jedes Ding an seinen Platz, dann findet man auch alles.‹ Er geht immer Punkt sieben.«
    Den Rest der Unterhaltung vergaß Pierce sofort, denn was nun noch gesprochen wurde, war für ihn nicht von Interesse. Er wußte bereits, was er hatte wissen wollen – Trent bewahrte den Schlüssel nicht in seinem Büro auf. Andernfalls hätte er nie zugelassen, daß es in seiner Abwesenheit geputzt wurde, denn Reinmachefrauen standen in dem Ruf, leicht bestechlich zu sein. Ein gründliches Putzen kam einer gründlichen Durchsuchung oft sehr nahe.
    Aber selbst wenn der Schlüssel sich nicht in Trents Büro befand, konnte es trotzdem sein, daß er in der Bank aufbewahrt wurde. Mr. Trent konnte ihn in einem der Kellertresore verschlossen haben. Um sich Klarheit zu verschaffen, hätte Pierce sich an einen anderen Angestellten wenden müssen, aber das wollte er auf alle Fälle vermeiden. Er wählte einen anderen Weg.

Der Stut z er
    Teddy Burke, vierundzwanzig, arbeitete um zwei Uhr nachmittags auf dem Strand . Es war die Stunde, zu der die elegante Welt flanierte. Wie die anderen vornehmen Herren hatte Teddy
    Burke sich mit Sorgfalt gekleidet. Er trug einen hohen Hut, einen dunklen Gehrock, Röhrenhosen sowie ein dunkles seidenes Halstuch. Diese Ausstattung hatte ihn ein hübsches Sümmchen gekostet, war aber eine notwendige Voraussetzung für sein Gewerbe, denn Teddy Burke war unter den stutzerhaften Ganoven einer der stutzerhaftesten.
    In dem Gedränge, in dem Herren und Damen von einem der eleganten Geschäfte dieser Straße zum nächsten schlenderten, um sich die Auslagen anzusehen, würde es niemandem auffallen, daß Teddy Burke nicht allein war.
    Nicht in dieser Straße, die Disraeli einmal die »erste Straße Europas« genannt hatte. Teddy Burke arbeitete nach seinem bewährten Muster. Er selbst war der eigentliche Taschendieb, der »Stipper«. Ihm zur Seite stand der »Beispringer«, der im Notfall die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken hatte. Und vor und hinter ihm gingen zwei weitere Helfer, die sogenannten »Schatten«. Alle vier gutgekleideten Männer bewegten sich unauffällig in der Menge. Hier bot sich dem Auge Zerstreuung genug.
    Es war ein strahlender Frühsommertag. Die Luft war lau und duftete nach Pferdemist, obwohl die vielen Straßenkehrer ihn emsig aufkehrten. Es herrschte starker Verkehr: ein Gewimmel von Karren, Blockwagen, bunt beschrifteten ratternden Pferdeomnibussen, zweiund vierrädrigen Droschken. Von Zeit zu Zeit rollte eine elegante Kalesche mit einem uniformierten Kutscher auf dem Bock und livrierten Dienern auf dem hinteren Trittbrett vorbei. Kinder in zerlumpten Kleidern huschten durch die Menge und schlugen zum Vergnügen der Passanten, die ihnen ein paar Pennies zuwarfen, vor den Pferdehufen Rad. Diese Vergnügungen ließen Teddy Burke ebenso kalt wie die üppigen Auslagen in den Schaufenstern. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf sein nächstes Opfer, eine elegante Dame in einem dunkelroten, mit schweren Volants besetzten Reifrock. In wenigen Augenblicken, während sie weiterflanierte, würde er sie »stippen«.
    Seine Mannschaft hatte sich formiert. Einer seiner Schatten hielt sich drei Schritte vor dem Opfer, ein anderer fünf Schritte dahinter. Falls mit dem Griff etwas schiefging, würden die beiden Schatten eingreifen und für Verwirrung und Aufregung sorgen.
    Das Opfer bewegte sich zwar, aber das störte Teddy Burke nicht. Er hatte vor, die Dame im Vorbeigehen auszunehmen, während sie von einem Schaufenster zum nächsten ging. Dies war die schwierigste Art des Taschendiebstahls.
    »Los, jetzt«, sagte er. Der Beispringer schob sich neben ihn. Seine Aufgabe war es, die Sore,
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