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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz
Autoren: Anaconda
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Töchterlein gar zu schön war und sie auf keine Weise ihrer Schönheit nachteilig sein wollte, als nächtlich aus dem Garten des gegenüberliegenden Jungfrauenklosters die schönsten Petersilienwurzeln zu entwenden und das Töchterchen damit zu füttern. Das Gelüst der schönen Petersilie war nicht unbekannt, ebenso wenig blieb der Diebstahl verborgen, und die Äbtissin war über ihre schöne Nachbarin nicht wenig erzürnt.
    Die drei Prinzen kamen auf ihrer Wanderung auch in das Städtlein, wo Petersilie mit ihrer Mutter wohnte, und gingen gerade durch die Straße, als das schöne Mägdlein am Fenster stand und ihre langen, wunderprächtigen Haare kämmte und flocht. Entzündet von Liebe, stieg in einem jeden der Wunsch auf, die Schöne zu besitzen, und kaum war der Wunsch über die Lippen gekommen, als auch ein jeglicher, in blinder Eifersucht, seinen Säbel zog und auf seinen brüderlichen Mitbewerber losging. Der Kampf ward nicht wenig heftig, auch die Äbtissin trat an die Pforte, und kaum hatte die fromme Frau gehört, dass ihre Nachbarin die Ursache sei, als aller Grimm, früher und späterer, sich in ihr zu der Verwünschung sammelte: Sie wünschte, dass Petersilie in einen hässlichen Frosch verwandelt würde und unter einer Brücke am entferntesten Ende der Erde säße.
    Kaum ausgesprochen, ward Petersilie ein Frosch und war verschwunden. Die Prinzen, die nun keinen Gegenstand des Kampfes hatten, steckten ihre Degen ein, umarmten sich wieder brüderlich und zogen heim zu ihrem Vater.
    Der alte Herr merkte indes, dass er stumpf und schwach in den Regierungsgeschäften ward, und wollte daher das Reich abtreten, aber wem? Dazu konnte sich sein väterliches Herz nicht entschließen, unter den drei Söhnen zu wählen. Das Schicksal sollte es bestimmen, und er ließ sie daher vor sich kommen.
    Â»Meine lieben Kinder«, sprach er, »ich werde alt und schwach und will meine Regierung niederlegen, kann mich aber nicht entschließen, einen von euch zu wählen, da ich euch alle drei gleich zärtlich liebe und denn doch auch dem Besten und Klügsten von euch mein Volk übergeben wollte. Ihr sollt mir daher drei Aufgaben lösen, und wer sie mir löst, der soll mein Erbe sein. Das erste ist: Ihr müsst mir ein Stück Leinwand von hundert Ellen bringen, das man durch einen goldenen Ring ziehen kann.«
    Die Söhne verneigten sich, versprachen ihr Möglichstes zu tun und machten sich auf die Reise. Die beiden ältesten Brüder nahmen viel Gefolge und viele Wagen mit, um alle die schöne Leinwand, die sie finden würden, aufzuladen, der Jüngste ging ganz allein. Bald kamen drei Wege, zwei lustig und trocken, der dritte düster, feucht und schmutzig. Die beiden älteren Brüder nahmen die beiden ersten Wege, der Jüngste nahm Abschied von ihnen und schlenderte den düsteren Weg entlang.
    Wo nur schöne Leinwand war, besahen sie die älteren Brüder und erstanden sie, ihre Wagen krachten unter der Last, und wo nur irgend der Ruf sie hinwies, dahin eilten sie auch und kauften. Sie kehrten reich versehen zurück. Der Jüngste dagegen ging mehrere Tagereisen auf seinem unwirtlichen Wege fort. Nirgends wollte ihm ein Ort erscheinen, in dem er auch nur eine erträglich feine Leinwand gefunden, und so reiste er lange und ward immer missmutiger.
    Einst kam er an eine Brücke, setzte sich an dem Rande nieder und seufzte recht tief über sein böses Schicksal. Da kroch eine missgestaltete Padde aus dem Sumpf hervor, stellte sich vor ihn und fragte, mit nicht ganz übertönender Stimme, was ihm denn fehle.
    Der Prinz, unwillig, antwortete: »Frosch, du wirst mir nicht helfen.«
    Â»Und doch«, erwiderte der Frosch. »Sagt mir nur eure Leiden.«
    Nach mehreren Weigerungen erklärte endlich der Prinz die Ursache, warum ihn sein Vater ausgesendet habe.
    Â»Dir soll geholfen werden«, sagte die Padde, kroch in ihren Sumpf zurück und zerrte bald ein Läppchen Leinwand, nicht größer als eine Hand und nicht eben zum saubersten aussehend, hervor, das sie vor den Prinzen niederlegte und ihm andeutete, das solle er nur nehmen. Der Prinz hatte gar keine Lust, ein so übel scheinendes Läppchen anzunehmen, doch lag etwas in den Zuredungen der Padde, das ihn bereitwillig machte, und er dachte: »Etwas ist doch besser als gar nichts«, steckte daher sein
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