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Der große deutsche Märchenschatz

Der große deutsche Märchenschatz

Titel: Der große deutsche Märchenschatz
Autoren: Anaconda
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der Prinzessin, ihren Vater zu bitten, dass er die Hochzeit noch ein Jahr aufschöbe; unterdessen würde sich Rat finden, und sie könnte so lange nach wie vor ihren Pastetenbäcker sehen.
    Dies geschah auch, und da die Amme um das Geheimnis wusste, so konnte er täglich die Pasteten in ihr Zimmer bringen und beide sich ungestört sprechen, solange sie wollten. Auch vergaß derselbe niemals etliche Pasteten für die Amme mitzubringen, die mit Gold gefüllt waren. So gewann ihn diese sehr lieb und versprach ihm, alles zu tun, was möglich wäre, ihnen zu helfen.
    Da die beiden Verliebten aber täglich vertrauter wurden und oft halbe Tage lang zusammensaßen, ohne Vorsicht zu gebrauchen, so geschah es, dass, als sie einst wieder so recht traulich beisammensaßen, es dem Prinzen, ihrem Bräutigam, einfiel, den König zu bitten, mit ihm zu seiner Braut zu gehen. Aber welch Erstaunen ergriff sie, als sie beim Eintritt die schöne Prinzessin in den Armen des Pastetenbäckers sahen. Der Vater wollte fast vor Schrecken in Ohnmacht fallen, der Prinz aber vor Wut zergehen. Der Pastetenbäcker benutzte die Verwirrung und lief davon. Der Prinz, im Übermaß seiner Wut, verwünschte sie alle, da er von seiner Mutter die Feerei gelernt hatte, dass sie in derselben Stellung unbeweglich blieben, bis er sie wieder aufwecke. Dies geschah auch sogleich. Über die Amme hatte er aber keine Macht, da sie selber eine Fee war.
    Diese war sehr betroffen über den Vorfall; da sie nicht mächtig genug war, den Zauber zu vernichten, so bedachte sie sich kurz, ging zum Pastetenbäcker und sagte ihm alles. Dieser war sehr betrübt darüber; die Amme tröstete ihn aber und sagte ihm, wenn er wirklich die Prinzessin so sehr liebte, wie er zeige, so könnte er ihr noch helfen und den Zauber auflösen. Er beteuerte seine Liebe und war sogleich bereit, alles zu tun und auch sein Leben dafür hinzugeben.
    Â»Nun gut«, sagte die Amme, »so sollst du dich anschicken, eine weite Reise zu machen. In einem Lande, viele tausend Meilen von hier, wohnt ein Popanz, der Oberste aller Popanze, dem nichts verborgen ist und der das Größte und Kleinste weiß, was durch die Zauberei geschieht und geschehen kann. Zu diesem musst du hin und sieben Federn aus seinem Schwanz zu kriegen suchen.«
    Als dies der Pastetenbäcker hörte, war er sehr erschrocken und antwortete der Amme, dass solches unmöglich wäre, da er wüsste, dass alle Menschen, die zu dem Popanz kämen, von ihm aufgefressen würden. Die Amme eröffnete ihm aber, der Popanz hätte eine schöne Frau, die keine Menschen fresse; diese müsste er zu sprechen suchen und sie bitten, ihm zu helfen. Sie wüsste durch ihre Kunst, dass der Popanz alle Nachmittage um vier Uhr ausginge und nicht nach Hause käme vor Abend; unterdessen könnte er hingehen und die Frau bitten, ihm die sieben Federn zu verschaffen und sieben Fragen zu beantworten, die sie ihm jetzo sagen wollte: die erste beträfe die Entzauberung des Schlosses und seiner Bewohner; die zweite: wie eine andere Prinzessin, die schon seit vielen tausend Jahren im Schlaf läge, aufgeweckt werden könnte; die dritte: wie der Weinstock in dem Garten eines Königssohns, der sonst so schöne Trauben getragen, nun aber verdorrt und dieser darüber in Krankheit gefallen, wieder zum Grünen zu bringen; viertens: woher es käme, dass der Prinz so hässlich und bucklig wäre, da doch seine Mutter eine Fee und ihn so schön, als sie gewollt, hätte schaffen können; fünftens: wo der Mann wohne, der Tag und Nacht auf dem Rücken trägt; sechstens: wo das Schiff zu kriegen, dass so gut zu Lande als zu Wasser geht; siebentens: wie die Frau des Popanz zu entführen wäre; denn dazu müsste er sich zur schuldigen Dankbarkeit entschließen: An ihrer Einwilligung wäre nicht zu zweifeln; denn das würde die Bedingung sein, worunter sie ihm die sieben Federn aus dem Schwanz des Popanzes verschaffen wolle, indem sie sehr unglücklich mit demselben lebe. Die Amme gab ihm hierauf einen versiegelten Zettel und sagte ihm, er sollte ihn nicht eher aufbrechen als in der Nacht um zwölf Uhr vor dem Tore der Stadt, und alsdann solle er die Worte, die darauf geschrieben stünden, dreimal laut ausrufen: Sogleich würde er sich in einem dichten Walde befinden, in welchem ein großes Schloss stehe. Er solle sich aber in dem
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