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Der Graf von Castelfino

Der Graf von Castelfino

Titel: Der Graf von Castelfino
Autoren: CHRISTINA HOLLIS
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schlimmen Erfahrungen deines Vaters lediglich als Vorwand, um nicht zu heiraten. Dabei ist es reine Selbstsucht! Dein Vater hat es wahrscheinlich nicht abwarten können, dich sicher verheiratet zu wissen.“
    „Wie bitte?“ Ihr beißender Spott warf ihn völlig aus der Bahn. Für einige lange Sekunden blickte er sie erstaunt an, unfähig, die passenden Worte zu finden.
    „Während du damit beschäftigt warst, dich um deine Verpflichtungen zu drücken, war dein Vater immer sehr an der Zukunft interessiert. Ich habe mich oft genug mit ihm unterhalten und begriffen, dass er von dem Traditionsdünkel der Bellinis mehr als genug hatte. Er suchte den Wechsel. Ich bin sicher, dass er dich liebend gern als verheirateten Mann gesehen hätte, Gianni. Wahrscheinlich war es ihm letztlich sogar egal, um wen es sich gehandelt hätte, solange diese Frau dich nur aufrichtig liebte.“
    „Was willst du damit sagen?“ Die Verärgerung schwemmte auch andere Gefühle an die Oberfläche. „Ich war sein Erbe. Es war seine Pflicht, sich um mich zu kümmern. Wenn ich daran denke, wie oft er beim Frühstück die Augenbrauen hob, wenn ich wieder einmal in den Schlagzeilen stand … wenn er mich fragte, warum ich ihm nie eines der vielen Mädchen vorstelle, hielt ich das immer für reinen Sarkasmus. Und wenn ich heute an all die Dinnerpartys mit den Prominenten denke, die er in New York oder Athen abhielt, alles Gäste mit ihren erwachsenen Töchtern …“ Seine Stimme verlor sich.
    „Nun, das zerpflückt doch deine Theorie erst recht. Er wollte, dass du vorwärtskommst. Du bist am Ende mit deinen Ausreden, Gianni. Sag mir nun Lebwohl, dann geh und schenk meine Orchidee der armen, leidgeprüften Frau, die du heiraten wirst.“
    Ihre Worte brachten ihn in die Realität zurück. Er nahm Meg bei der Hand und führte sie durch den Raum. Meg befürchtete schon, er würde sie vor die Tür setzen, und bereitete sich innerlich auf diesen Schock vor. Statt zum Ausgang dirigierte er sie in den angrenzenden Speiseraum. Dort war für zwei gedeckt. Silberbesteck, feinstes Porzellan, ein wandhoher Spiegel. Die Orchidee prangte mitten auf dem Tisch. Der Raum war in das weiche Licht von Dutzenden von Kerzen getaucht.
    „Eine italienische Adelige wäre das Letzte, worauf ich Wert lege“, murmelte Gianni. Er sah so verwirrt aus, wie Meg sich fühlte. Das zerzauste Haar und das offene Hemd ließen ihn wie einen wilden Draufgänger wirken, doch seine Manieren wiesen ihn wie immer als Aristokraten aus.
    „Dein Rückzug ist so etwas wie ein Weckruf für mich gewesen. Immer wieder habe ich seither meine Beweggründe überprüft. Mehr denn je bin ich davon überzeugt, dass es falsch von dir war, mich zu verlassen.“
    „Das überrascht mich nicht.“
    Noch bevor sie ausgesprochen hatte, legte ihr Gianni die Hände auf die Schultern.
    „Warte! Hör mich an … du hast eine Lücke in meine Argumentationskette gerissen. Verstehst du? Ich hatte stets das im Auge, was ich für meine Zukunft hielt. Ich wollte einen Weg finden, meinen Familiennamen weiterzutragen. Das ist noch immer mein Bestreben. Doch durch dich bin ich klüger geworden. Ich habe den falschen Weg gewählt.“
    Megs Augen verengten sich. „Kannst du mir sagen, wie viele Arten du kennst, das Herz einer Frau zu brechen?“
    In einer ratlosen Geste breitete er die Arme aus. „Ich habe mich immer für einen zukunftsorientierten Unternehmer gehalten. Doch in Wirklichkeit habe ich nur zurückgeblickt. Ich wurde von der Verpflichtung, plötzlich den Conte spielen zu müssen, getrieben.“
    Er zeigte auf den Zitronenbaum, der eingetopft in der Ecke stand. „Endlich bin ich zu einer Entscheidung gekommen. Presto! Was hältst du davon?“
    Von jedem Zweig hing ein in roten Samt gehülltes Päckchen herab, umwickelt von dünnen Goldfäden. Das Bäumchen bog sich unter der Last.
    „Sieht wie ein Weihnachtsbaum aus“, meinte Meg.
    „Das ist alles für dich.“
    Zögernd trat sie einen Schritt vor. Die kleinen Geschenke forderten förmlich dazu auf, geöffnet zu werden. Doch sie konnte nicht. Sie bildete sich ein, sie seien Tropfen des Herzbluts, das sie seinetwegen vergossen hatte. Langsam und zärtlich strich sie über seinen Handrücken – die letzte Gelegenheit, diese weiche, straffe Haut zu liebkosen. Sie musste zu ihrer Entscheidung stehen, um sich selbst und ihrem Baby die Freiheit zu schenken. Ihr Herz drohte zu zerreißen.
    „Das ist alles dein“, bekräftigte Gianni. „Wenn du es
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