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Der Gott von Tarot

Der Gott von Tarot

Titel: Der Gott von Tarot
Autoren: Piers Anthony
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Missio­nars in Deutsch­land hat­te einen so klu­gen Kopf und war of­fen­sicht­lich so fromm, daß man sie als Jo­han­nes VII. auf den Papst­thron hob. Trotz der Ver­klei­dung als Mann blieb sie – ach – doch ei­ne Frau und da­her ein Pfuhl des Fre­vels. Sie un­ter­lag ih­ren nie­de­ren weib­li­chen Trie­ben, ließ ein Mit­glied ih­res Haus­hal­tes zu sich ins Bett und er­litt so­mit die dä­mo­ni­sche Er­fül­lung ih­res Ge­schlechts. Im Jah­re 707, wäh­rend ei­ner fei­er­li­chen Pfingst­pro­zes­si­on durch die Stra­ßen Roms in Be­glei­tung der Pries­ter­schaft, ent­band man die als Päps­tin Jo­han­na be­kannt ge­wor­de­ne Frau an ei­ner Stel­le zwi­schen Ko­los­se­um und der Kir­che des Hei­li­gen Cle­mens von ei­nem Ba­stard­sohn. So ver­riet sich die­se Päps­tin als Hu­re in Män­ner­klei­dern. Na­tür­lich hat die Kir­che die­se Ge­schich­te un­ter­drückt und als My­thos de­kla­riert, aber es gibt Leu­te, die sich noch dar­an er­in­nern. Dies ist der In­halt des Zwei­ten Schlüs­sels des Ta­rot, wel­cher heißt: Die Päps­tin. Ist es nicht im­mer­hin ei­ne wahr­haf­ti­ge Spie­ge­lung der Na­tur der Ge­schlech­ter?
     
    Bru­der Paul ging an den üp­pi­gen Ge­mü­se­gär­ten der Sta­ti­on vor­bei auf das Bü­ro von Hoch­wür­den zu. Es war ein schö­ner Som­mer­tag. Er hoff­te, er ha­be sich gut be­tra­gen, doch beim Ge­hen summ­te er ner­vös vor sich hin.
    Der An­blick der Mie­ne von Hoch­wür­den ver­stärk­te sei­ne Zwei­fel. Ir­gend et­was sehr Wich­ti­ges schi­en im Schwan­ge zu sein, und er be­fürch­te­te, wie­der ge­fehlt zu ha­ben. Da die Dis­zi­plin in­ner­halb des Or­dens sehr streng war, be­ging Bru­der Paul zahl­rei­che Feh­ler und hat­te be­reits ei­ne Rei­he von Stra­fen er­hal­ten.
    Bei sei­nem Ein­tritt er­hob sich Hoch­wür­den und kam auf Paul zu, um ihn zu be­grü­ßen. „Es ist gut, dich zu se­hen, Paul. Du hast dich gut ent­wi­ckelt.“
    Das hör­te sich gut an! Die­ses Mal ging es al­so nicht um ir­gend­wel­che Ver­ge­hen. „Ich tue, was mir der Herr be­fiehlt, Mut­ter Ma­ria“, sag­te er be­schei­den und ver­barg sei­ne Er­leich­te­rung.
    „Mmm“, stimm­te die Pries­ter­mut­ter zu. Sie setz­te sich nicht wie­der hin, son­dern schritt un­ru­hig im Bü­ro auf und ab. „Paul, vor uns liegt ei­ne kri­ti­sche Ent­schei­dung, und ich muß et­was tun, was mir nicht be­hagt. Ver­gib mir.“
    Ganz ge­wiß lag et­was sehr Schlim­mes in der Luft. Paul dach­te nach, be­vor er ei­ne Ant­wort gab, und ver­such­te, ei­ne an­ge­mes­se­ne Er­wi­de­rung zu fin­den.
    Die Pries­ter­mut­ter war üb­ri­gens ei­ne jun­ge Frau, kaum äl­ter als er sel­ber, de­ren ma­kel­lo­se Or­den­stracht we­der ih­re weib­li­chen At­tri­bu­te ver­barg noch sie ge­schlechts­los wir­ken ließ. Das dun­kel­brau­ne Haar trug sie in der Mit­te ge­schei­telt; es war über die Oh­ren ge­stri­chen, um die­se zu ver­ber­gen, und im Nacken fest zu­sam­men­ge­steckt – doch es um­rahm­te ihr Ge­sicht wie ei­ne mys­ti­sche Au­ra. Der um­ge­bo­ge­ne Kra­gen um­schloß einen schlan­ken, wei­ßen Hals, und das Kreuz hing zwi­schen ih­ren Brüs­ten. Das Kleid war so lang, daß es den Bo­den be­rühr­te und ih­re Fü­ße ver­barg. Ge­le­gent­lich bausch­te es sich beim Ge­hen, und sie zog den Saum hin­ter sich her. Ihr Cha­rak­ter, das wuß­te er, war freund­lich und of­fen. Nur wenn es ab­so­lut not­wen­dig war, wur­de sie streng. Es wä­re nur all­zu leicht ge­we­sen, sie als hüb­sches Mäd­chen zu lie­ben, wenn es nicht wich­tig ge­we­sen wä­re, sie als ver­ant­wort­li­che Frau und weib­li­chen Mit­menschen zu ver­eh­ren. Und na­tür­lich als Pries­te­rin.
    Da­her schi­en es das Bes­te, ihr zu ge­stat­ten, oh­ne Rück­sicht auf sei­ne Ge­füh­le ihr Herz aus­zu­schüt­ten, und leicht konn­te man ihn oh­ne­hin nicht ver­let­zen. Of­fen­sicht­lich war sie der Mei­nung, was sie zu sa­gen hat­te, wür­de ihn be­tref­fen, und viel­leicht wür­de es das auch – aber er war si­cher, es aus­hal­ten zu kön­nen. „Bit­te re­det frei, Mut­ter.“
    Die Oberin trat an ih­ren Schreib­tisch und schi­en sich dort fast auf et­was zu stür­zen. „Bit­te, nimm
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