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Der goldene Thron

Titel: Der goldene Thron
Autoren: Katia Fox
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zur Seite, griff nach dem Stein, warf in aller Ruhe und traf das markierte Ziel.
    Schon seit Wochen hatte er sich immer wieder mit Guillaume gemessen. In den wichtigen Disziplinen wie Reiten, Schwertkampf und dem Umgang mit den anderen Waffen fühlte er sichGuillaume durchaus gewachsen und im Nahkampf am Boden sogar überlegen, nur beim Laufen war Guillaume besser. Dass sie fast immer gemeinsam kämpften, war durchaus ein Vorteil, denn so forderten sie einander stets heraus und spornten sich zu immer größeren Leistungen an.
    »Nein!«, hörte er Guillaume zu Tode erschrocken rufen und wandte sich abrupt um. Der Vorderhuf von Guillaumes Hengst drohte Gildwins Schulter zu zerschmettern. Einen Moment lang zögerte Adam und spielte mit dem Gedanken, vom Pferd zu springen, um nach dem Jungen zu sehen, doch ein anderer Knappe eilte ihm bereits zu Hilfe. Warum also sollte er auf den wohlverdienten Sieg verzichten?
    Adam erfüllte die nächste Aufgabe und blickte erst dann wieder in die Richtung, in der Gildwin zu Boden gegangen war. Guillaumes Hengst war inzwischen am Zaun angebunden, und den offenbar verletzten Gildwin hatte man an den Rand des Platzes gezerrt. Adam kniff die Augen zusammen. Gildwin schien am Kopf zu bluten und sah leblos aus. Ob er schwer verletzt war? Oder gar tot? Adam reckte sich, um besser sehen zu können. Vielleicht musste man ihm ja auch einen Arm oder ein Bein abnehmen, und er blieb verstümmelt bis an sein Lebensende. Ein wohliger Schauer durchfuhr ihn. Von solchen Geschichten hörte man sonst nur abends am Feuer in der Halle. Selbst einmal so etwas zu erleben aber war etwas Besonderes und ließ sich später gewiss hervorragend erzählen!
    * * *
    »Gildwin!«, rief Guillaume und fiel neben ihm auf die Knie. Er schüttelte ihn sanft, doch der Junge rührte sich nicht. Guillaume zögerte kurz, dann schlug er ihm mit der flachen Hand auf die Wange. »Hörst du mich? Wach auf, Gildwin!« Sein Herz schien in seinem Hals statt in seiner Brust zu schlagen. Er rang nach Atem. Gildwin wollte einfach nicht zu sich kommen! Etwas Warmes klebte an Guillaumes Händen. Es war Blut, das dem armen Gildwin aus einer Wunde am Kopf rann.
    Schweiß, fein wie Sommerregen, drang Guillaume aus allen Poren. »Du darfst nicht sterben!«, murmelte er keuchend. »Warum habe ich nur nicht besser achtgegeben?« Er warf einen hilfesuchenden Blick nach oben. Ich hätte den Hengst halten müssen, Herr! Aber er hatte das Tier einfach nicht bändigen können. »Warum hilft uns denn niemand?«, krächzte er mit versagender Stimme.
    Vor Jahren war ein Knappe bei einer ähnlichen Übung so schwer verletzt worden, dass er wenige Tage später gestorben war. Jeder hier kannte die Geschichte, und Sir Lambert hatte sie bei allem Spaß, den solche Übungen verhießen, immer wieder zur Vorsicht ermahnt. Sie wussten, dass schwere Verletzungen keine Seltenheit bei dieser Art Wettstreit waren, trotzdem hatte niemand geglaubt, dass einem von ihnen je so etwas zustoßen könnte.
    »Sieht nicht gut aus«, murmelte einer der Jungen, die sich um sie versammelt hatten.
    »Lasst mich mal nach ihm sehen«, hörte Guillaume plötzlich die dunkle Stimme des Reitlehrers und wurde beiseitegeschoben.
    »Was … was ist geschehen?«, stöhnte Gildwin im gleichen Augenblick.
    »Gildwin!«, rief Guillaume. »Meiner Treu, du hast mir ja einen gehörigen Schrecken eingejagt! Mach das bloß nie wieder!«, drohte er erlöst und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen.
    »Kannst du aufstehen?«, fragte Sir Lambert.
    Gildwin versuchte es. »Au!«, schrie er auf. »Meine Schulter, hier vorn«, keuchte er mit schmerzverzerrtem Gesicht und wurde kalkweiß.
    »Die Wunde an seinem Kopf muss versorgt werden, und auch nach der Schulter muss der Wundarzt sehen«, erklärte Sir Lambert und beauftragte Guillaume damit, den Jungen zum Zelt des Baders zu bringen.
     
    Viele Wochen waren seit dem Unfall vergangen, doch Gildwins Verletzung heilte so schlecht, dass er noch immer nicht wieder mit den anderen üben konnte.
    »Ares hat sich den hinteren Knöchel beim Sprung über die Hürde aufgeschürft«, erzählte Guillaume, während er dem Wundarzt beim Wechsel von Gildwins Verband zur Hand ging. Seit dem Unfall hatte er den Jungen jeden Tag besucht, um ihm die Zeit zu verkürzen und sein schlechtes Gewissen zu beruhigen.
    »Oh! Warte, da habe ich etwas für dich, Guillaume«, sagte der Baderchirurg und hob den Zeigefinger. »Gestern frisch angerührt!« Er ging zu einer
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