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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif
Autoren: Gabriel Galen
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Felsrand und sah ihnen zu. Immer wieder schauten die beiden Tiere zu ihm hoch, fast so, als wollten sie für ihre Bemühungen se i nen Beifall heischen.
    In all der Zeit hatte Raigo nichts von seinen Verfolgern bemerkt und war zu der Ansicht g e kommen, daß sie nicht länger nach ihm suchten. So war seine Wachsamkeit nach und nach eingeschlafen, und manchmal vergaß er über dem faszinierenden Schauspiel, das sich ihm bot, seine alles andere als aussichtsvolle Lage.
    Am Nachmittag des sechsten Tages lag Raigo wieder am Abgrund, um den Tieren zuzus e hen. Sie hatten gerade die letzten Reste der Mahlzeit verschlungen, die er zu ihnen heru n tergeworfen hatte, und setzten nun ihre Übungen fort.
    Raigo fiel auf, daß den jungen Greif eine heftige Unruhe befallen hatte. Immer wi e der schlug er mit den gewaltigen Schwingen und sprang hoch in die Luft. Dabei stieß er leise, kräc h zende Laute aus wie jemand, der ungeduldig vor sich hin mu r melt.
    Gespannt blickte Raigo in die Tiefe. Und da - mit einem Sprung stürzte sich der Greif über den Rand des Felsvorsprungs, auf dem der Horst ruhte. Raigo stockte der Atem, denn das Tier schien zu fallen. Doch dann griffen die Aufwinde unter die ausgebreiteten Flügel. A n fangs noch etwas taumelig, doch dann mit immer größer werdender Sicherheit segelte das gewaltige Wesen über Raigos Kopf.
    Dieser war aufgesprungen und starrte atemlos auf das grandiose Bild, das ihm dieses sel t same G e schöpf in seiner erhabenen Majestät bot.
    So gefesselt war Raigo von dem prachtvollen Anblick, daß er nicht bemerkte, daß auch der junge Adler den Abstoß vom Nest gewagt hatte und sich nun anschickte, mit seinem ungle i chen Bruder in den Lü f ten in Wettstreit zu treten.
    Und noch etwas war Raigos Aufmerksamkeit entgangen: In dem engen Zugang zu dem Felsplateau waren zwei Reiter erschienen!
    Als sie der Gestalt ansichtig wurden, die dort auf dem Rand des Abgrunds stand und, die Augen mit der Hand beschattend, in die Höhe sah, gaben sie ihren Pferden die Sporen und stürmten auf Raigo zu.
    Das laute Hufgeräusch ließ diesen aus seiner Versunkenheit aufschrecken. Wie der Blitz fuhr er herum und sah die beiden Reiter mit gezückten Schwertern auf sich zu galoppieren.
     
    , Jetzt ist es aus!’ fuhr es Raigo durch den Kopf. , Ich war zu leichtsinnig. Doch wenn ich jetzt auch sterben muß, ich habe das Schönste gesehen, was menschlichen A u gen je zu sehen vergönnt war.’
     
    Fast hatten die Reiter Raigo erreicht, und dieser erwartete sie, den Dolch in der Hand, um sein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen.
    Da erscholl aus der Höhe ein durchdringend-heller Schrei, und der Greif stürzte mit angele g ten Flügeln in die Tiefe. Schon drangen die beiden Angreifer auf Raigo ein, um ihn mit ihren Schwertern über den Rand des Abgrunds zu treiben, als sie nun entsetzt innehielten. In maßlosem Schrecken starrten sie nach oben. Kurz über ihnen hatte der Greif seinen Stur z flug abgefangen. Mit weit aufgerissenem Schnabel, die gewaltigen Klauen und Pra n ken im Angriff vorgestreckt, attackierte er die be i den Männer. Das blanke Entsetzen stand in den Augen der Soldaten. Sie ließen ihre Schwerter fallen und versuchten vergeblich, sich gegen die mörderischen Krallen und die furchtbare Waffe, den Greifenschnabel, zu schü t zen. Ihre Pferde bäumten sich in Panik, und das eine stürzte in kopfloser Flucht mit seinem Reiter in die Ti e fe. Das andere Roß warf seinen Reiter ab und jagte auf das Felsengewirr zu, in dem Raigo se i nen Schlafplatz hatte.
    Scharfe Fänge griffen nach dem Abgeworfenen und krallten sich in seinen Körper. Mit se i nem schreienden, sich windenden Opfer in den Krallen erhob sich der Greif mühelos vom Boden und stieg in die Höhe. Über dem Abgrund öffneten sich die messerscharfen Klauen, und mit verwehendem Schrei fiel auch der zweite Angreifer dem Tod entgegen.
     
    Raigo hatte seit dem Angriff des Greifen wie betäubt am Rande der Schlucht gel e gen, wo er beim Ansturm der Soldaten niedergestürzt war. Obwohl das Ganze nur wenige Minuten g e dauert hatte, kam es Raigo vor, als befände er sich in einem quälend langsam ablaufe n den Alptraum. Von den vielfältigen Gefühlen, die ihn während dieser Zeit überwältigt hatten, war nur noch grenzenlose Verwunderung übriggeblieben. Ein Schrecken hatte den anderen g e jagt, bis er begriffen hatte, was da vor sich ging.
    Den Tod durch das Schwert oder den Sturz in den Abgrund vor Augen, hatte er sich dann
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