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Der goldene Buddha

Der goldene Buddha

Titel: Der goldene Buddha
Autoren: Clive Cussler , Craig Dirgo
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existierten, um Hoffnung zu wecken. Sie existierten für die Ewigkeit.
    Die Rückkehr des Dalai-Lama nach Lhasa war ein solches Ereignis.
    Der erste April begann als klarer und windstiller Tag. Die schneebedeckten Berge rund um die Stadt wirkten so nah, als könne man mit ausgestrecktem Finger die scharfen Grate berühren. Sogar die Luft schien vor Energie zu sprühen. Sie erfüllte die Gläubigen mit einer Hoffnung, die sie seit Jahrzehnten nicht mehr empfunden hatten, und sie linderte und kühlte die Feuer des Krieges.
    »Unglaublich«, sagte leise der Reporter einer Tageszeitung aus Los Angeles.
    Es war ein Bild aus Shangri-La. Der Potala-Palast schimmerte wie die Phantasmagorie eines Genies. Auf der Flanke des Hügels blühten unzählige rote und blaue Blumen und erschufen einen Wasserfall aus Farben. Tausend buddhistische Mönche in gelben Gewändern säumten sämtliche Treppen. Die grünen Dächer der unteren Gebäude waren teilweise sichtbar und trugen zum Kontrast bei, während die weißen Steine der Palastmauern von allem Schmutz befreit schienen, seit der Schleier der Unterdrückung sich von ihnen gehoben hatte. Hoch oben kreiste ein Falke träge im warmen Aufwind.
    Der Auserwählte kehrte heim.
    In etwa anderthalb Kilometern Entfernung, auf der großen flachen Wiese unterhalb des Potala, trat ein Mönch zu einem mannshohen Gong, der in einem Rahmen aus dunklem, mit Schnitzereien verziertem Holz hing. Er blickte zu dem Dalai-Lama, der auf einem vergoldeten Thronsessel saß. Über dem Thron wölbte sich ein seidener Baldachin, dessen hölzerne Stangen von sechs kräftigen Mönchen gehalten wurden, die in Einklang mit dem Thron voranschritten.
    Die sechs Mönche stimmten eine Litanei an, die nur aus einem einzigen Wort bestand, und der Schlägel aus Holz und Leder schlug den Gong.
    Der Gongschlag hallte durch die Luft. Einmal, zweimal, zum dritten Mal. Und dann setzte sich die Prozession in Bewegung.
    Die Ngagpa, die das symbolische Rad des Lebens trugen, bildeten die Spitze der Kolonne. Unmittelbar hinter ihnen folgten tibetische Reiter, deren Rosse mit Zeremoniendecken geschmückt waren, auf denen in komplexen Stickereien Szenen aus der tibetischen Geschichte dargestellt wurden. Die Männer ließen ihre Tiere mit eingeübter Präzision hin und her schreiten und hielten dabei lange Bronzestangen mit gerillten Spitzen, an denen dreieckige Wimpel hingen. Nach den Reitern kamen zwei Dutzend Bogenschützen, die ihre Waffen über der Schulter trugen und in perfektem Gleichmaß marschierten. An die Schützen schlossen sich zwölf Träger mit Käfigen voller Singvögel an, die ein Lied der Freiheit und des Glücks zwitscherten. Als Nächstes folgten fünfundfünzig Mönche aus Namgyal, dem Heimatkloster des Dalai-Lama. Sie beteten im Chor und trugen in ihren Händen die heiligen Texte.
    Dann kamen weitere Reiter, insgesamt vier Dutzend, die außerdem Musiker waren. Sie spielten Flöten und Saiteninstrumente und lenkten ihre Pferde mit den Knien. Auf die beritteten Musiker folgten Mönche des Tsedrung-Ordens, die die tibetische Regierung repräsentierten, und Kinder, deren schmale, spitz zulaufende bunte Flaggen wie Stoffdrachen durch die Luft tanzten.
    Hinter den Kindern ritten ernste Männer mit roten Mützen und den grünen Tarnuniformen der tibetischen Armee. Sie ließen ihre Pferde ein paar Schritte gehen und hielten an. Dann wieder ein paar Schritte und abermals eine Pause. Diese Soldaten trugen die tibetischen Staatssiegel. Gleich nach ihnen kamen zehn einfache Mönche, barfuß und in gelben Gewändern. Sie summten laut.
    Der goldene Buddha folgte als Nächstes. Er stand auf einem schlichten Wagen, der von einem einzelnen Pferd gezogen wurde.
    Nur ein paar Meter hinter der Statue kam der Thronsessel mit dem Dalai-Lama.
    Zu beiden Seiten der Prozessionsstrecke zum Potala standen zweihunderttausend Tibeter. Der Tag, der jahrzehntelang Ziel ihrer Gebete und Hoffnungen gewesen war, war nun endlich gekommen – und sie ließen ihrer Freude freien Lauf. Beim Anblick des goldenen Buddha geriet die Menge außer sich.
    Lauter Jubel brandete auf, und die Gläubigen warfen sich auf die harte Erde nieder, um wie aus einem Mund zu beten.
    Der Dalai-Lama begann seinen Weg durch die Menge und sah die Freudentränen auf den Wangen der Menschen. Es war ihm eine Wonne, Verpflichtung und Ehre, und er lächelte.
    Auf den Thronsessel folgten Mitglieder des Kasag, des engeren Beraterstabs des Dalai-Lama. Danach kamen die Kusun
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