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Der Glucksbringer

Der Glucksbringer

Titel: Der Glucksbringer
Autoren: Wilding Lynne
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Ackergäulen und bringen Sie das ins Dorf, zu Nummer 42, Codlington Street.« Er schob dem Kutscher die Notiz zu. »Fragen Sie nach Jack O’Rourke. Er wird dort sein. Geben Sie die Mitteilung aber keinem anderen, verstanden?« Als Dave nickte, fuhr der Earl fort. »Warten Sie auf Jacks Antwort, die bringen Sie mir dann umgehend her. Ja?«
    »Ja, Mylord. Umgehend.« Nach einem erneuten Nicken drehte der Kutscher sich rasch herum und suchte schleunigst das Weite.
     
    Am Sonntagmorgen entdeckte Rosemary Westaway Corinne in der ersten Reihe des Kirchengestühls der St. Finbar’s Church. Die junge Frau saß neben ihrem Vater und schaute sich heimlich um, bis sie Liam erspähte. Die Haube auf ihrem Kopf wippte kaum merklich nach vorn, und sie lächelte ihnen zu. Aha, sie trug die neue Brosche und schien unendlich stolz darauf. Sie steckte für alle gut sichtbar an dem Revers ihrer elegant geschneiderten dunkelgrauen Kostümjacke und glitzerte faszinierend. Rosemary stupste ihren Sohn an und raunte ihm zu: »Sie trägt sie, Liam.«
    »Ich weiß, Ma.« Er grinste. »Ich miete mir noch diese Woche einen Einspänner, um nach Bonham Hall hinauszufahren. Dort werde ich bei ihrem Vater offiziell um Corinnes Hand anhalten.«

    »Das ist das einzig Vernünftige, was du tun kannst, mein Sohn.« Während die Orgel die einleitenden Takte zu dem ersten Lied spielte und die Gemeinde sich erhob, versuchte Rosemary, ihre aufkommenden Zweifel auszublenden. Sie hatte Liam schon zigmal ins Gewissen geredet, er solle sich Corinne aus dem Kopf schlagen, weil sie unerreichbar für ihn war. Er hatte sich dann jedoch jedes Mal stur gestellt. Wollte ihre Argumente nicht gelten lassen, dass der Graf ihn für einen armen Schlucker hielt, der seiner Tochter kein angemessen sorgenfreies Luxusleben bieten könnte, geschweige denn einen wohlklingenden Adelstitel. Auf dem Ohr war Liam taub – den resoluten, willensstarken Charakter hatte er von ihr geerbt. Letztlich, und um den Hausfrieden nicht zu gefährden, hatte sie eingelenkt. Sie wollte ihrem verliebten Jungen keine weiteren Steine in den Weg legen, folglich hatte sie die Romanze gebilligt und ihn in seinem Brautwerben unterstützt.
    Außerdem mochte sie die zauberhafte Corinne O’Mara. Sie war kein bisschen eingebildet oder hochmütig, wie es der Landadel sonst so an sich hatte. Das gesellschaftliche Klima hatte sich seit dem Tod von Königin Viktoria ohnehin verändert. Mit Beginn des neuen Jahrhunderts waren die Klassenunterschiede längst nicht mehr so ausgeprägt wie früher. Was war also verwerflich daran, dass ein Bürgerlicher eine Adlige heiratete? Umgekehrt war es schließlich seit Jahrhunderten der Fall, wenn ein verarmter Edelmann damit seine Vermögenslage aufbessern konnte. O’Mara würde gewiss dagegenhalten, dass Liam es aus dem einzigen Grund auf seine Tochter abgesehen habe, weil er sich ins gemachte Nest setzen wolle. So ein Unfug, wo doch inzwischen allgemein bekannt war, wie schwer der Adel damit zu
kämpfen hatte, dass die Landbevölkerung zunehmend in die größeren Städte abwanderte, wo sich in den Fabriken und Spinnereien besser bezahlte Arbeit finden ließ. Weswegen hatte sein Sohn Edward denn die unscheinbare Beatrice Cox geheiratet, die wie die Westaways dem Bürgertum entstammte? Weil sie Geld wie Heu hatte! Das arme Ding konnte einem leidtun.
    Aber das tat hier nichts zur Sache. Ihre Sorge galt einzig und allein Liam. Ungeachtet seiner künstlerischen Begabung war er freilich ein einfacher Mann, der niemandem Böses wollte und immer zuerst das Gute in den Menschen sah. Im Gegensatz zu ihr hatte er keine Ahnung, wozu Patrick O’Mara fähig war. Da waren beispielsweise die Gerüchte um unbezahlte Rechnungen – zu viele, als dass man es als dummes Gerede unzufriedener Pächter abtun könnte. Nein, ihr Sohn würde sehr, sehr umsichtig vorgehen müssen, so viel stand fest.
    Die Gemeindemitglieder standen reihenweise auf und versammelten sich vor dem Altar, um die heilige Kommunion zu empfangen. Das lenkte Rosemary einstweilen von ihren brütenden Überlegungen ab.

3
    D ie drei Männer drückten sich in den Schatten des Mietstalls. Es war erst kurz vor fünf am Nachmittag, trotzdem dunkelte es bereits. Es waren raue, wilde Gesellen, mit dicken Jacken, Mützen und Schals zum Schutz vor der winterlichen Kälte, ihre Füße steckten in kräftigen Arbeitsstiefeln. Zwei von ihnen umklammerten wuchtige Knüppel. Ihr Anführer, ein hoch gewachsener
Typ mit schütterem,
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