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Der Glucksbringer

Der Glucksbringer

Titel: Der Glucksbringer
Autoren: Wilding Lynne
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grau meliertem Haar, schlug fröstelnd den Kragen seiner Jacke hoch und blies sich in die Hände, um die Kälte zu verscheuchen.
    »Wenn er nicht bald kommt, Jack, steige ich aus der Sache aus. Mir frieren so langsam die Eier ab«, grummelte der Kleinste von ihnen.
    »Mann, halt die Klappe, Bobby. Immerhin haben wir die Kohle für unsere Arbeit schon im Voraus eingesackt.«
    »Wenn ihr mich fragt, sitzt bei dem Earl’ne Schraube locker«, wandte Hugh ein, der Dritte im Bunde.
    »Pssst! Ich höre Schritte«, warnte Jack seine Kumpane. Er blinzelte angestrengt in die Dunkelheit und gewahrte die breitschultrige Silhouette eines Mannes, der in ihre Richtung kam. »Hey, Mann, Sie sind nicht zufällig Liam Westaway?«, rief er der schemenhaften Gestalt zu.
    »Doch, der bin ich.«
    Nachdem das geklärt war, bauten die Männer sich strategisch geschickt auf, ihre Körperhaltung angespannt, augenblicklich bereit, ihren unrühmlichen Auftrag zu erfüllen. Sie beobachteten, wie Liam näher kam.
    »Ach, das trifft sich gut«, sagte Jack und setzte feixend hinzu: »Wir sollen Ihnen nämlich eine Nachricht beibringen.« Er nickte seinen Kumpeln zu. »Los, schnappt ihn euch.«
    Mit einem oder auch zwei Gegnern hätte Liam es vermutlich spielend aufnehmen können, aber gegen drei hatte er keine Chance. Die wüste Schlägerei war nach nicht einmal fünf Minuten vorbei, und die drei Ganoven blickten schwer atmend auf den Mann, der hingestreckt auf dem Straßenpflaster lag. Sein Gesicht
war eine einzige blutende Masse und bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Einer seiner Arme schien unnatürlich verdreht, da Jack ihm mit dem Holzknüppel den Knochen gespalten hatte.
    Hugh zog einen Gegenstand aus seiner Jackentasche. Eine scharfe Messerklinge blitzte im Dämmerlicht auf, das aus dem Mietstall fiel. »Los, kommt, wir bringen ihn um die Ecke, okay?«
    »Nein«, explodierte Jack. »Das war nicht abgemacht. Wir sollen ihn nach Dublin bringen und dort auf ein Schiff verfrachten. Ich weiß zufällig, dass die Marie Antoinette morgen Nacht mit der Flut die Segel setzt.«
    »Auuu Scheiße, Dublin ist verdammt weit weg«, blökte Bobby und spuckte missfällig auf die Straße. »Reine Zeitverschwendung.«
    Jack grinste verschlagen. »Aber es bringt uns ein paar zusätzliche Mäuse ein, Jungs. Unser Auftraggeber will nämlich nicht, dass er stirbt. Nur so als Hinweis: Er soll das hier mitnehmen.« Er zog ein in Stoff gehülltes Päckchen aus seiner Jackentasche und wickelte es aus. Die Topasbrosche blitzte im schwachen Lichtschein auf.
    »Mann, eh, her mit dem Klunker.«
    Hugh schnappte danach, doch Jack stieß ihn zurück, woraufhin er rücklings taumelnd zu Boden ging. »Hände weg, Sportsfreund. Die ist für Liam.«
    »Und wozu?«, erkundigte sich Bobby und kratzte sich die rauen Bartstoppeln.
    »Die Brosche ist eine Warnung für den Burschen da. Damit er kapiert, dass er sich nie wieder in Kilbricken blicken lassen soll. Und wenn doch, lässt der Earl ihn eiskalt abmurksen.« Jack half Hugh auf. »Los, weg hier, wir haben eine lange Nacht vor uns, und ich will
noch vor Mondaufgang auf der Straße sein.« Er starrte sekundenlang auf den bewusstlosen Liam. »Hast du an den Äther gedacht?« Die Frage galt Bobby, der zustimmend nickte. »Gut. Wir müssen ihn ruhigstellen, bis er an Bord ist.« Er schob Hugh in Richtung der Stalltüren. »Hol den Karren. Und ein bisschen dalli.«
     
    Rosemary schrak abrupt aus dem Schlaf auf und blinzelte benommen in dem stockfinsteren Zimmer umher. Sobald sie sich aufsetzte, hatte sie eine ahnungsvolle, ungreifbare Vision vor Augen. Irgendetwas stimmte da nicht: Das fühlte sie intuitiv.
    Mit einem wärmenden Umhang und Hausschuhen bekleidet, stocherte sie in der Kaminasche herum und legte Holzscheite nach, um das Feuer in ihrem Schlafzimmer wieder anzufachen. Frühmorgendliches Dämmerlicht sickerte in fahlen Streifen durch die Fensterblenden. Sie hatte auf Liams Rückkehr gewartet – darüber war sie eingeschlafen. Sie lief in sein kleines Schlafgemach, das kaum größer war als ein Alkoven. Gespannt, wie sein Gespräch mit O’Mara verlaufen war. Doch er hatte sein Bett nicht angerührt.
    »Liam!«
    Keine Reaktion. Er war nicht im Haus. Er war auch nicht in seiner Werkstatt. Das ahnungsvolle Gefühl in ihrer Magengrube beschwerte sie zunehmend. Ihr Sohn, wo war ihr Sohn? Sie kleidete sich eilends an und hastete zu den Mietställen, wo sie lediglich erfuhr, dass Liam sich am Abend keinen Einspänner geliehen
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