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Der gewagte Antrag

Der gewagte Antrag

Titel: Der gewagte Antrag
Autoren: Paula Marshall
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unwürdigen Nachfolger seines geliebten Frederick empfunden hatte.
    In gleichem Maße wie die Nachwirkungen des nach jahrelanger Abstinenz allzu großen Alkoholgenusses am vergangenen Abend hatte Charles jetzt der abweisende Klang der Stimme des Vaters frösteln gemacht.
    “Und nun hast du die Pflicht, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen!”, sagte George herrisch. “Noch ist vielleicht nicht alles verloren. Ich werde meinen ganzen Einfluss einsetzen, um deine neueste Torheit zu vertuschen, noch ehe sie Lady Malplaquet zu Ohren gelangt. Du wirst umgehend zu ihr reisen und um ihre Hand anhalten. Ein in allen Ehren vorgebrachter Heiratsantrag wird gewiss dein widerwärtiges Betragen gutmachen.”
    “Bist du nicht mehr ganz bei Trost?”, wunderte sich Charles und starrte verblüfft den Vater an. “Was sollte meinen Fauxpas je aus der Welt schaffen können? Im Übrigen habe ich nicht die Absicht, Lady Malplaquet um ihre Hand zu bitten. Ich will sie nicht zur Gattin, selbst wenn man sie mir auf einem silbernen Tablett servieren würde. Mehr noch, ich verspüre nicht den Wunsch, überhaupt noch einmal zu heiraten.”
    “Du wirst tun, was ich anordne”, entgegnete der Earl schroff. “Oder ich enterbe dich. Wie du sehr wohl weißt, ist Clermont kein festvererbliches Grundeigentum. Nach Fredericks Tod habe ich ohnehin bereits mit dem Gedanken gespielt, dich zu übergehen und Guy an deine Stelle zu setzen. Ich habe es jedoch aus Ehrgefühl unterlassen. Solltest du dich mir jetzt widersetzen, dann werde ich …”
    “Du bist nicht gezwungen, irgendetwas zu tun”, fiel Charles zornig dem Vater ins Wort. “Fünf Jahre lang habe ich wie ein Verrückter geschuftet, um das Durcheinander, das Frederick bei der Verwaltung von Clermont angerichtet hat, in Ordnung zu bringen. Das kann Green dir bestätigen. Früher wollte ich dir das nie sagen, doch unter diesen Umständen …” Angesichts der betroffenen Miene des Vaters hielt Charles inne. Er konnte ihm nicht die ganze Wahrheit über den verstorbenen Bruder erzählen. Das würde dem Vater das Herz brechen. “Tu, was du nicht lassen kannst”, fuhr er ruhiger fort. “Ich werde mich nach Glen Ruadh zurückziehen, das Mutter mir vererbt hat und das du mir nicht nehmen kannst. Mit Clermont kannst dann nach deinem Gutdünken verfahren.”
    “Das kleine Gut in Schottland wird dir das verschwenderische Leben nicht finanzieren können, das du in London führst”, gab George dem Sohn kühl zu bedenken.
    “Darauf lege ich es gar nicht an”, entgegnete Charles gereizt. “Du kennst mich nicht, Vater! Wahrscheinlich kehre ich zur Kavallerie zurück. In der Armee war ich wenigstens glücklich. Ich hätte den Dienst nie quittieren dürfen.”
    “Solltest du diesen Raum verlassen, ohne dich meinen Lady Malplaquet betreffenden Wünschen zu fügen, kannst du dich meinetwegen zur Hölle scheren!”, erwiderte George barsch.
    “Mit dem größten Vergnügen! Und da Lady Malplaquet dich offenbar so bezaubert hat, schlage ich vor, dass du sie zu deiner Gemahlin machst!” Brüsk drehte Charles sich um und stürmte aus dem Arbeitszimmer. Er hatte angenommen, dass durch seinen fünfjährigen hingebungsvollen Einsatz für den Besitz es dem Vater möglich gewesen war, den Verlust des ältesten Sohnes zu verwinden und sich mit Nachfolge des Zweitgeborenen abzufinden. Doch nun hatte er begriffen, dass er einem Irrtum erlegen war. Aufgrund seines unüberlegten gestrigen Benehmens hatte sich an der Einstellung des Vaters zu ihm nichts geändert. Er bedauerte nur, dass er unter den gegebenen Umständen auf Guys Gesellschaft würde verzichten müssen.
    Guy erwartete ihn in der Halle und verlor die Farbe, als er Charles sah. “Oh, nein, Shad!”, sagte er bestürzt und benutzte vor Schreck den Kosenamen aus der Kindheit, mit dem er den Bruder schon lange nicht mehr angesprochen hatte. “Wie ich sehe, hast du dich hoffnungslos mit Vater entzweit!”
    “Ja, so sehr, dass er mich enterbt hat. Er will, der Himmel möge es verhüten, dass ich die Countess of Malplaquet heirate. Ohne mich vorher zu Rate zu ziehen, hat er die Angelegenheit hinter meinen Rücken betrieben. Ich habe jedoch abgelehnt und mich entschlossen, sofort nach Schottland abzureisen und nie mehr herzukommen. Mit dir werde ich indes in Verbindung bleiben. Tu für Vater, was du kannst. Er lebt nicht in der Realität, sondern in einer Welt, wie er sie sich vorstellt. Zum anderen hängt Fredericks Schatten noch immer über
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