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Der gestreifte Spanier (German Edition)

Der gestreifte Spanier (German Edition)

Titel: Der gestreifte Spanier (German Edition)
Autoren: Marion Pletzer
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zu, Amor. Ich bin die Chefin und nur ich entscheide, was du beweisen darfst und was nicht.
    Hm.
    Chefs treffen eben auch unpopuläre Entscheidungen. In diesem Fall entscheide ich, dass du gar nichts mehr töten darfst, wenn du weiterhin mit uns leben möchtest.
    Nicht einmal eine Maus? Eine ganz kleine?
    Nein! Dafür verspreche ich dir Sicherheit, einen warmen Schlafplatz, jede Menge Zuwendung und dass du nie wieder hungern musst.
    Aber wo bleibt der Spaß?
    Also schön. Mäuse sind in Ordnung. Aber nicht, dass du mir das durcheinander bringst.
    Ich habe überlebt, oder?
    Ja, ja. Du bist ein kluger Hund. Regel Nummer eins wäre also geklärt. Über Regel Nummer zwei bis sieben reden wir ein anderes Mal.
    Prima! Bekomme ich jetzt die Gans?

    Unsere Blicke lösten sich voneinander. Erneut leckte er mir über das Gesicht. Seine Augen leuchteten. Dann sprang er fröhlich wedelnd auf die Wiese. Die Gans bekam er natürlich nicht.
    Amor lernte die Regeln im Laufe der Zeit. Wenn er sie auch nicht immer befolgte.
    Ich verzieh ihm.

S hamo und der Hut

    „Ist er nicht prächtig?“ Mit glänzenden Augen betrachtete Jarek den großen Hahn auf seinem Arm. Agata nickte. Er war sogar der schönste Hahn, den Jarek je gezogen hatte. Wie flüssige Lava floss das Gefieder der Halskrause den Rücken hinab, verlief sich in langgezogenen, goldgesäumten Spitzen über die Flügel und endete am Ansatz des sichelförmigen Schwanzes. Den Rest des Körpers bedeckten tiefschwarze Federn, die im Sonnenlicht schillerten, als wären sie mit einem Hauch smaragdgrün überzogen.
    Jarek setzte ihn auf den Boden und Shamo lief auf den kräftig bemuskelten Beinen zu seinen Hennen.
    „Kannst du keinen anderen mitnehmen?“, fragte Agata. Im Grunde verabscheute sie die Hähne genauso wie die Hahnenkämpfe, für die Jarek sie züchtete. Doch Shamo war anders. Nie sprang er ihr in den Nacken oder an die Beine. Nie verletzte er sie mit den scharfen Sporen. Shamo handelte überlegt.
    Agata schmunzelte bei dem Gedanken, aber anders konnte sie es nicht ausdrücken. Erst eine Woche zuvor hatte sie ihn beobachtet, wie er still und abwartend unter einer der Tannen stand. Den Blick auf einen Greifvogel gerichtet, der auf einem Ast schräg über ihm hockte und die Hennen fixierte.
    Nur Sekunden später stieß der Habicht herab. Lautlos; blitzschnell; die Krallen zum Zugriff nach vorne gestreckt. Shamo stürzte aus der Deckung und sprang dem Habicht in den Rücken. Federn flogen, schrilles Geschrei zerriss die Luft. Der Habicht trudelte am Boden. Schließlich kämpfte er sich frei und flatterte davon.
    Shamo schüttelte nur das Gefieder aus, als habe er soeben ein entspanntes Sandbad genommen und krähte. An diesem Nachmittag gab Agata ihm eine Extraportion Haferflocken.
    „Mit Shamo gewinne ich“, antwortete Jarek. Er lächelte und küsste Agata auf die
    Wange. „Von dem Preisgeld kaufe ich dir endlich den Hut, der dir so gut gefällt.“
    „Das sagst du immer.“ Agata wollte nichts mehr hören. Selbst wenn Shamo gewann, würden sie das Geld für die Stromrechnung brauchen oder für Karols neue Schuhe.

    Im Flur ging das Licht an und schickte einen schmalen Lichtstreif unter der Schlafzimmertür hindurch. Sekunden später wurde wieder alles dunkel. Die Bettfedern quietschten, als Jarek unter die Decke schlüpfte.
    Für die Dauer einiger Atemzüge blieb alles still, als warte Jarek darauf, dass Agata ihn nach dem Verlauf des Abends fragte. Er wusste, dass sie nicht schlief. Sie schlief nie, wenn er mit den Hähnen unterwegs war. Fast schon wartete sie auf die Nachricht von seiner Festnahme. Sie wünschte, er würde endlich mit den Hahnenkämpfen aufhören. Das Geld war das Risiko nicht wert.
    „Er hat gewonnen“, sagte Jarek schließlich und in seiner Stimme lag Stolz.
    Agata drehte ihm den Rücken zu. Sie wollte es gar nicht wissen. Nicht, wie der Kampf gelaufen war. Nicht, ob Shamo verletzt wurde.

    Der kleine Hut lag noch immer im Schaufenster. Samtschwarz; glänzend wie das Fell eines Nerzes. In Gedanken setzte Agata den Hut auf und rückte ihn vorsichtig zurecht. Perfekt schmiegte er sich an ihr blondes Haar. Ein feiner Schleier bedeckte ihre Stirn bis zu den Augen und verlieh ihrem Gesicht etwas Geheimnisvolles. Agata drehte sich halb nach rechts, halb nach links und betrachtete ihre zierliche Gestalt, die sich unscharf im Schaufenster abbildete. Dann seufzte sie. Wenn Shamo nur noch einmal siegen würde. Dann bliebe Geld übrig.
    Sofort schämte
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