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Der gestreifte Spanier (German Edition)

Der gestreifte Spanier (German Edition)

Titel: Der gestreifte Spanier (German Edition)
Autoren: Marion Pletzer
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sie sich, Shamos Leben zu riskieren für einen Hut, den sie gar nicht brauchte. Sie besaß ja nicht einmal das passende Kleid, um ihn ausführen zu können. Doch sie konnte den Blick nicht von dem Hut wenden. Er war für sie gemacht.
    Nur noch ein Sieg.

    In der Scheune herrschte Gedränge. Mehrere Strahler an der Decke erleuchteten die Kampfarena taghell. Rauchschwaden hingen in der Luft. Der Geruch von Zigaretten mischte sich mit dem frischen Blutes. Geldscheine wechselten hastig die Besitzer.
    Agata drückte sich in der Nähe der Tür herum, durch die ab und zu ein frischer Luftzug strömte. Die Gerüche, die anfeuernden Rufe der Männer und das Geschrei, wenn einer der Hähne blutend, mit zerfetztem Hals im Sand liegenblieb, bereiteten ihr Übelkeit.
    „Shamo“ Shamo“, hörte sie nun überall. Jareks Hahn galt als der Favorit.
    „Franza hat einen Neuen. Aggressiv wie ein Tiger“, sagte einer der Männer im Vorübergehen. Shamos Name wurde aufgerufen und die Männer drängten sich dicht um die Arena.
    Trotz aller Abscheu, spürte Agata nun doch die Nerven unter ihrer Bauchdecke vibrieren. Eilig suchte sie sich einen Platz an der Arena. Heute kämpfte Shamo nur für sie.
    Shamos Gegner, ein porzellanfarbiger Hahn mit deutlich vom Körper abstehenden Schultern und breiter Brust, ruckte unruhig mit dem Kopf.
    Der Richter gab das Zeichen.
    Shamo sträubte die Halsfedern, die im Scheinwerferlicht zu brennen schienen. Im nächsten Moment gab es nur noch ein Gewirr von Federn und Beinen. Immer wieder ließen die Hähne voneinander ab. Sekunden nur, um sich für einen erneuten Angriff zu sammeln.
    Das Geschrei in der Scheune wurde ohrenbetäubend. Fünf Minuten, die Agata wie eine Stunde vorkamen.
    Blut lief aus den Kämmen der Hähne in ihr Halsgefieder und verklebte es. Sie atmeten schwer, mit weit geöffneten Schnäbeln. Die Männer schrieen und fuchtelten mit den Armen. Federn stoben auf und segelten durch die Luft.
    Agata presste einen Hand vor den Mund und bahnte sich einen Weg nach draußen. Die Nachtluft kühlte ihr erhitztes Gesicht. Wäre er doch schon vorüber, Shamos letzter Kampf.
    Ein Aufschrei ging durch die Menge, gefolgt von Beifall.
    Mit heftigem Herzklopfen ging Agata zurück in die Scheune. Jarek kam ihr entgegen. Entsetzen im Blick. Auf seinen Armen lag Shamo. Der Kopf baumelte haltlos in der Luft. Sanft strich Agata mit den Fingern über sein Gefieder. Tränen liefen ihre Wangen hinab.

    Der kleine Hut war weg. An seinem Platz lag ein nun irischgrüner mit breiter Krempe.
    Traurig schaute Agata ins Schaufenster. Eine andere Frau würde ihn nun tragen. Ihren Hut.

K atzenfutter

    „Verdammtes Vieh!“ Mit einem Ruck zog Heinz die schwere Gardine vor das Fenster.
    „Was ist?“, rief Lore aus der Küche.
    „Eines Tages knall ich sie ab.“
    „Aber Heinz, lass doch die Katze.“ Lore kam ins Wohnzimmer und mit ihr der Duft von gebratenem Fleisch.
    „Sie tötet meine Vögel, diese Scheißkatze.“
    „Das ist Natur. Außerdem fängt sie Mäuse. Sogar Ratten, sagt Frau Schultheiß. Sind dir Ratten im Garten lieber? Die fressen auch Vögel. Junge, die noch im Nest sitzen.“ Lore schüttelte den Kopf. Anfangs hatte sie sich über Heinz‘ neu gewonnenes Interesse gefreut. Ja, hatte ihn geradezu gedrängt, sich ein Hobby zu suchen, nachdem er seinen Beruf nicht mehr ausübte. Den ganzen Tag war er ihr vor den Füßen herumgelaufen. Ein Störenfried in ihrem gewohnten Ablauf von Einkaufen, Kochen und Putzen. Doch genauso akribisch, wie er vorher Einkommensteuererklärungen geprüft hatte, übte er nun die Vogelkunde aus.
    Jeden Tag saß er stundenlang am Fenster oder im Garten und beobachtete Amseln, Meisen und Rotkehlchen. Auf seinem Schreibtisch lag ein kleines, schwarzes Buch, in das er jeden Vogel eintrug, der seinen Weg in den Garten fand. Er notierte sogar die Anzahl der Bruten und Jungtiere, die auf seinem Grund und Boden aufgezogen wurden.
    Erschien eine neue Art, strahlte sein sonst so missmutiges Gesicht. Und das war mehr, als sie ihm in den letzten Jahren hatte entlocken können. Sie wollte ihm diese Leidenschaft ja gar nicht nehmen, aber es kam ihr so vor, als gehöre sie nach den vielen Ehejahren nur noch zum praktischen Inventar des Haushaltes, so wie der Allzweckreiniger.
    Heinz kümmerte sich nur um die Vögel.
    Wenn der Herbst nahte, stellte er gefüllte Futterhäuschen auf und hängte Meisenringe an die Zweige der Bäume.
    Rund und dick wie Knödel hockten die Vögel auf den
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