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Der gestreifte Spanier (German Edition)

Der gestreifte Spanier (German Edition)

Titel: Der gestreifte Spanier (German Edition)
Autoren: Marion Pletzer
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und knickte mit den Vorderbeinen ein. Hinter sich hörte er noch Angelikas Schrei: „Banjo, nein!“
    Erleichtert ließ er sich hineinfallen.

S eele

    Eisiger Wind fährt durch die kahlen Kronen der Bäume. Bringt die eisummantelten Zweige zum Knistern. Feine Schneeflocken tanzen in der Luft. Huschen in kleinen Wolken über den gefrorenen Boden. Der Winter beginnt gerade erst. Fröstelnd wende ich mich zum Haus.
    Eine Bewegung im Augenwinkel.
    Ein Schatten verbindet sich mit dem Dunkel des Kellers.
    Ich folge ihm. Bleibe stehen. Lausche in das undurchdringliche Schwarz.
    Rascheln verrät einen heimlichen Gast.
    Etwas Weiches streift mein Bein. Unwillkürlich strecke ich die Hand danach aus. Ein Kopf drückt sich in die Wölbung meiner Hand. Leises Schnurren erklingt.
    Ich gehe in die Hocke, streichle über filziges Haar.
    Eine Katze springt auf meinen Schoß. Ich hebe sie hoch. Sie ist groß und liegt doch leicht in meinen Armen. Sie schmiegt sich in meine Ellenbeuge. Ich trage sie hinaus. Ins Licht. Ihr langes, rotes Fell hat sich zu festen Platten verfilzt. Die Ohren schwarz von Milben, schrundige Haut an kahlen Stellen. Wirbel stehen kantig hervor. Einzig das runde Köpfchen zeugt von edler, persischer Abstammung.
    Sie hebt den Kopf. Sieht mich lange an. Aus goldenen Augen, in denen sich braune Punkte verteilen wie Sommersprossen. Sie halten mich fest. Die Welt um mich erhält einen goldenen Glanz.
    Die Katze reibt ihr weiches Maul an meinen Fingern. Ich bringe sie ins Haus. In die Sicherheit eines neuen Heims. Wieder sieht sie mich an. Ich erkenne ihren Namen.
    Angeni – Seele, in der Sprache der Indianer.

G eister der Nacht

    „Psst! Nur wenn du ganz leise bist, kannst du sie hören, die Geister der Nacht.“
    Mit großen Augen blickte Sascha seinen Großvater an.
    „Geister?“, flüsterte er. Neugierig beugte er sich vor und klammerte sich gleichzeitig noch ein wenig fester an die Hand seines Großvaters.
    Einen Augenblick blieb alles still. Dann raschelte und kratzte es im Gebälk der alten Scheune.
    Etwas wisperte im Halbdunkel des Dachbodens. Etwas Unsichtbares.
    Sascha zuckte zurück.
    „Lass uns gehen, Opa.“ Kräftig zog er am Arm seines Großvaters.
    „Du musst dich nicht fürchten. Das sind gute Geister.“
    Doch Sascha kletterte bereits die steile Leiter hinab, die den Dachboden mit der offenen Scheune verband. So schnell er konnte lief er zum Haus.
    „Oma, Oma. In der der Scheune sind Geister“, rief er aufgeregt.
    „So?“ Zärtlich strich sie ihm über den Kopf. „Was denn für Geister?“
    „Ich konnte sie nicht sehen. Sie verstecken sich, wenn es hell ist. Es sind Geister der Nacht“, erklärte er mit wichtiger Miene.
    Sein Großvater war ihm gefolgt und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    „Ja, sowas gibt es nur bei uns auf dem Land“, sagte er und lachte.

    Am Abend konnte Sascha nicht einschlafen. Er kroch aus dem Bett und setzte sich ans Fenster. Der Mond tauchte den Garten in milchiges Licht.
    Ob die Geister ihre Wohnung bereits verlassen hatten? Er könnte nachsehen und ihnen „Hallo“ sagen. Bestimmt hatte niemand in seiner Klasse eine so spannende Geschichte zu erzählen. Sascha blickte auf die Scheune, deren Umrisse nur schemenhaft zu erkennen waren. Dunkel und unheimlich sah sie aus. Sascha zögerte. Was, wenn sein Großvater gar nicht wusste, dass die Geister in Wirklichkeit böse waren und Kinder mit in ihre Welt auf dem Dachboden nahmen? Auf ewig müsste er dann zwischen Holzsparren und Spinnweben leben. Eilig krabbelte er zurück ins Bett und zog die Decke bis über den Kopf.

    Am anderen Morgen, gleich nach dem Frühstück, lief er aus dem Haus. Im hellen Licht des Tages sah die Scheune ganz harmlos aus.
    Dennoch klopfte sein Herz, als er hineinlief und die Leiter zum Dachboden hinaufkletterte.
    Er setzte sich auf den Boden und wartete. Auf einmal hörte er leises Fiepen. Es hörte sich an wie die zahme Maus, die sein Freund Bert Zuhause in einem Käfig hielt. Angestrengt schaute er sich um. Da bemerkte er eine Bewegung im Halbdunkel. Neugierig kroch er auf allen Vieren darauf zu.
    Ein Tier, nicht größer als eine Maus, hockte unter der Dachbodenschräge. Seine Bewegungen wirken eckig und ungelenk. Blitzschnell umfasste Sascha es, hielt es vorsichtig fest und lief nach unten.
    „Oma, Opa“, rief er. „Seht mal, was ich habe.“
    Seine Großeltern kamen aus dem Haus. Fast andächtig öffnete Sascha seine Hand gerade so weit, dass das Tier zu erkennen
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