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Der Gesang der Haut - Roman

Der Gesang der Haut - Roman

Titel: Der Gesang der Haut - Roman
Autoren: Picus-Verlag
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Erinnerungsstoff für Herrn Doktor Gerlach. Jedes Ende macht einen traurig. Klaras Lieder gingen mir unter die Haut. Du hast dir doch das Thema Haut ausgesucht, lächelte Viktor. Eher das Thema mich, erwiderte Moira, und inzwischen hat es sich mit mir und Ihnen und den Gerlachs gewandelt. Ich mache mir übrigens Sorgen um uns alle, mich inklusive. Ich komme sofort zurück, sagte Viktor, warte, ich muss dringend verschwinden. Als er zurückkam, waren Klara, Florian und Moira nicht mehr im Wohnzimmer. Nur eine Frau stand da, die allein einen Rest Creme direkt aus der Schüssel löffelte. Haben Sie Klara gesehen? Die Sängerin? Ich wollte ihr noch gratulieren. Die Frau leckte sich die Mundwinkel und machte eine vage Bewegung zur Tür hin: Ich meine, sie ist mit Gert weg. Und Frau Gerlach? Irgendwo da draußen. Auf dem Weg zum Garten hielt ihn eine Patientin auf, die von ihm wissen wollte, ob Hautcreme Phthalate enthielten, er konnte sich erst befreien, als er versprach, sich gleich wieder mit ihr zu unterhalten. Klara blieb unauffindbar, Gerlach auch, Moira ebenfalls, er musste Moira wiederfinden, was war los, was sollte das plötzliche Siezen? Auch das Bedürfnis, Klara zu gratulieren, wurde immer dringender, vielleicht gab ihm dieser Abend doch noch eine Chance, wenn er alle seine Fehler eingestand (womit sollte er anfangen?), wenn sie heute zusammen nach Hause gingen und einschliefen, wenn sie beide zugaben, dass ihre Seitensprünge nichts Wesentliches gewesen wären, überwundene Krisen eben. Krisenfreie Liebe gibt es in dieser Welt nicht. Was mich nicht umbringt, macht mich stärker, sagt die Liebe, und so weiter.
    Henrietta aber eilte zu ihm, das Haar zerzaust, der Blick glänzend, Inkognito an ihrer Seite, sie grinste erleichtert: Ach, Viktor, ich suche Sie ja die ganze Zeit, haben Sie vorher Gerts Rede gehört?
    Ende gut, alles gut, nickte er, vielleicht haben Sie jetzt Ihre Ruhe vor diesem Fischer, haben Sie Klara gesehen?
    Ende gut, alles gut? Der Detektiv steht immer noch herum und versucht, meine Gäste für seine Lügen zu gewinnen.
    Seine Lügen, Henrietta? Na ja, haben Sie Klara gesehen?
    Viktor, ich erwache.
    Was meinen Sie damit, Henrietta?
    Alles ist Gert egal, sogar sein Ruf, Gert ist alles wurst, ich, die ganze Welt, nur Ihre liebe Klara nicht, ich habe richtig Lust, mich umzubringen, Viktor.
    Sie sind müde und depressiv, aber morgen ist ein neuer Tag, Ihrem Mann geht es gar nicht so schlecht, und einen Sieg gegen Fischer haben Sie schon, und mit der Erpressung ist es endgültig vorbei. Viktor hätte gern noch ein paar »und« plus Trostworte aneinandergereiht, es fiel ihm aber nichts mehr ein.
    Haben Sie Klara gesehen?, fragte er noch einmal.
    Nee, schauen Sie sich überall um, mein Mann hat sie bestimmt in irgendeinen Busch gezerrt und vertilgt. Vergessen Sie nicht, dass er schwer krank ist, total gestört.
    Einige Leute rauchten, um einen glühenden Brasero verteilt. Er erkannte Fischer, der beide Hände in den Hosentaschen hielt und bei den Rauchfahnen der Zigaretten seine Nase rümpfte, der aber in diesen letzten Sünderkreisen einen Geist der Komplizenschaft witterte und, wer weiß, ein verheißungsvolles Gespräch. Seine Erpressungspläne vorläufig gescheitert, grübelte er noch an einer Revanche und versuchte mit der einen Marlboro-Raucherin oder mit dem anderen Pfeifenraucher aufs Thema gefälschte Prüfungsunterlagen zu kommen. Er wurde aber geschnitten: Der Spaßmacher langweilte sie jetzt, diese Ärzte, Zahnärztinnen oder Apotheker interessierten sich nicht die Bohne für seine Geschichten, wollten keine Nestbeschmutzer abgeben, wollten die Ehre der Mediziner unangetastet sehen. Viktor ging an ihnen vorbei und lenkte seine Schritte hinter das Haus, wo sich niemand aufhielt, das Gelände nur von den Fenstern des Wohnzimmers erleuchtet. Auf diesem Weg gelangte man zu dem verwahrlosten Schwimmbecken. Die Gerlachs hatten, erinnerte er sich, die Absicht, den Swimmingpool zu renovieren, ein schönes, langes Schwimmbecken, sicher auch tief genug. Er näherte sich, vielleicht, um die Tiefe abzuschätzen, nicht so leicht bei dem schwachen Licht, das nur aus den Hausfenstern hierher strahlte, vielleicht auch, weil er eine menschliche Stimme oder nur ein Miauen vernahm, oder weil Inkognito ihm gefolgt war und anschlug, und er beugte sich über das Becken, und da entdeckte er sie, ein langer heller Körper. Ihm wurde schwarz vor Augen, das konnte doch nicht sein, das war doch eine Halluzination?
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