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Der Geruch von Blut Thriller

Titel: Der Geruch von Blut Thriller
Autoren: Tom Piccirilli
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er sie aus Notwehr getötet habe. Die Gerichtsmediziner lachen sich wahrscheinlich tot darüber. Wie jemand, dessen Hirn an der Küchenwand klebt, jemanden in Notwehr erschießen will, ist eine Frage, die sie nicht stellen. Aber so dämlich das auch klingen mag, es klingt immer noch besser als die Wahrheit, und es rettet seinen Ruf. Und lässt die Polizei besser dastehen. Jedermanns Arsch ist gerettet, und der Einheit bleibt eine umfangreiche Korruptionsuntersuchung erspart.
    Finn tut so, als leide er an Amnesie. So fühlen sich alle besser.
    Das IAD kommt vorbei und stellt ihm dieselben Fragen zu denselben Personen und Ereignissen. Auch sie wollen keine Antworten haben. Nicht in diesem Fall.
    Roz wird entlassen, aber nicht angezeigt, und kann ihren Status als staatlich geprüfte Krankenschwester behalten. Sie besucht Finn zweimal am Tag und bringt ihm Blumen, Raumspray und dies und das mit. Sie liest ihm aus der Zeitung vor.
    Er erfährt, dass Freddy Carlyle in eine Privatklinik in Tempe, Arizona, gebracht wurde. Freddy hing so sehr an seinem großen Bruder, dass er bei seinem Begräbnis mit ins Grab gesprungen ist und vor der ganzen Bagage eine
Riesenszene hingelegt hat, während die Jungs vom FBI Fotos schossen. Ein paar Tage später versuchte er, sich mit seinen Schnürsenkeln aufzuhängen, und holte dabei den Ventilator von der Decke.
    Finns Wut zielt in eine andere Richtung. Für den Jungen empfindet er nichts als Mitgefühl und Verständnis.
    Er muss für ein paar kosmetische Ausbesserungen erneut unters Messer.
    Trotz allem kommt Carlyle um eine Anklage herum, nachdem einer seiner Jungs endlich den Staatsanwalt in die Luft jagt. In den frühen Siebzigern lief das nur so, damals machte die Mafia ihre Gegner ohne mit der Wimper zu zucken auf der Straße kalt. Carlyle ist dauernd in den Nachrichten und gibt Interviews in den Morgenmagazinen. Er ist redegewandt und scharfsinnig und beherrscht die hohe Kunst, zu klingen wie einer aus dem geknechteten Volk, ein Spielball höherer Kräfte.
    Finn liegt in seinem Krankenbett und hört aufmerksam zu.
    Ray geht wie vermutet für fünf Jahre nach Sing-Sing, so wie einige andere Polizisten und ein paar von Carlyles Leuten auch. Ein Kinderspiel. Sie tun sich im Knast zusammen und haben den Laden innerhalb einer Woche unter Kontrolle.
    Ray ruft aus dem Gefängnis an und sagt: »Ich hab dir ja gesagt, dass die nicht lange auf sich warten lassen.«
    »Du hast mir nicht gesagt, dass Freddy Carlyle seinen Bruder vergöttert. Das war etwas Persönliches für ihn.«
    »Ja, der Junge, der war schräg drauf. Ich hätte nicht gedacht, dass er den Mumm hat, auf dich zu schießen.«

    »Das hatte er im Grunde auch nicht«, erklärt Finn. »Ich frage mich allerdings, woher er so schnell meine Adresse hatte.«
    »Das Syndikat. Die haben dickere Akten als das FBI.«
    Ray macht eine Pause. Finn hört jede Menge Hintergrundgeräusche, Lachen und Singen am anderen Ende. »Was ist da los bei euch?«
    »Die Schwuchteln von Block C veranstalten eine Talentshow. Einige sind richtig gute Tänzer, die Typen liefern eine eins a Barbara-Streisand-Nummer.«
    »Cher auch?«
    »Und Bette Midler. Wenn ich mir dieses beknackte ›Wind Beneath My Wings‹ nochmal anhören muss, stech ich jemanden ab. Es ist gar nicht mal so sehr der Song, sondern dass immer alle weinen müssen. Sogar die Bullen.«
    »Du hast Freddy meine Adresse gegeben, oder? Du hast ihm erzählt, dass ich seinen Bruder umgelegt habe.«
    In seiner maßlosen Arroganz leugnet es Ray nicht mal. Sein Tonfall verändert sich leicht, so wie es fast niemandem sonst auffallen würde. Eine dezent verhohlene Wut und Feindseligkeit schleicht sich in seine Worte. »Ich wusste, dass er nicht abdrücken würde. Er hatte nicht den Mumm. Du hast es vermasselt. Du hast alles vermasselt. Du hättest Carlyle einfach kaltmachen sollen, dann wäre alles wieder in Ordnung gekommen.« Ray schnalzt tatsächlich tadelnd mit der Zunge. »Was willst du jetzt tun?«
    »Damit klarkommen«, sagt Finn.
    Er legt behutsam den Hörer auf die Gabel, klettert aus dem Bett und kriecht über den Boden. Sein Verstand hungert so sehr nach Informationen, dass er unwillkürlich
auf Erinnerungen zurückgreift und ihn damit verwirrt. Einen Moment lang glaubt er, wieder zu Hause zu sein und mit Dani auf den Küchenfliesen zu liegen.
    Dann hämmert er mit den Fäusten auf den Boden ein. Der Schmerz gibt seinen Händen Gestalt. Die Form seiner gebrochenen Hände gibt seinen Armen
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