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Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
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Zylinders beginnt sich nach oben zu bewegen und verdichtet so das Benzin-Luftgemisch, unddas Einlaßventil schließt sich. Jetzt entzündet die Zündkerze das Benzin-Luftgemisch und bringt es zur Explosion. Da jetzt Einlaß- und Ausstoßventil geschlossen wird, treibt die Kraft der Explosion den Kolben nach unten, die Kurbelwelle dreht sich … Ehe sich der Kolben wieder nach oben bewegt, öffnet sich das Ausstoßventil und läßt das Gas entweichen … und so weiter … Die Kraft des Motors wird über Kupplung, Getriebe und Antriebswelle auf die Achsen übertragen, die wiederum die Räder antreiben … Aber wir werden diese Einzelheiten noch ausführlich behandeln - große Dinge liegen noch vor uns, und der heutige Unterricht war nur eine kurze Einführung …
    Gatuirias Stimme, die plötzlich einen bitteren Unterton hatte, riß Wariinga aus ihren Erinnerungen an Vergangenes:
    »… Und wie sieht es heute aus? Die Kräfte und Fähigkeiten unserer Frauen werden nur in den Dienst der Sklaverei an Schreibmaschinen, in Bars und in den Betten dieser Hotels gezwungen, die überall im Land gebaut worden sind, um die Vergnügungssucht der Touristen zu befriedigen … Wie beleidigend für unsere nationale Würde, daß unsere Frauen nur noch die Blumen sein sollen, die die Betten der ausländischen Touristen schmücken; kehren die Touristen dann in ihre Heimatländer zurück, werden sie ein Loblied auf die Großzügigkeit unserer Frauen im Bett singen! Ein Loblied? Oder soll man es Verachtung nennen?«
    »Daran sind aber nicht allein die Ausländer schuld«, erwiderte Wariinga. »Selbst ihr kenianischen Männer denkt, daß eine Frau zu nichts anderem fähig wäre, als Essen zu kochen und euren Körper zu massieren … Neulich erzählte ich einigen jungen Männern, daß ich mir zum Ziel gesetzt hätte, eines Tages einen einfachen Motor zu entwickeln und zu bauen, der den Frauen auf dem Land die schwere Arbeit erleichtern könnte … einen einfachen Motor, der die größte Energiequelle der Erde nutzen würde - Sonnenenergie … Weißt du was? Die Männer lachten nur! Meine Güte! Haben die Leute eigentlich schon vergessen, daß die kenianischen Frauen während des Mau Mau-Krieges gegen die Engländer Waffen herstellten? Wissen die Leute denn nicht mehr, wie viele Aufgaben und Arbeiten die Frauen in den Dörfern übernehmen mußten, nachdem die Männer in die Lager gebracht worden waren? Das Loblied beginnt zu Hause! Wenn ihr kenianischen Männer uns nicht so geringschätztet und unterdrücktet,dann würden uns auch die Ausländer, über die ihr so viel zu sagen wißt, nicht so verachtungsvoll behandeln …«
    »Haidhuru! Haidhuru ! - Ja, ja, du hast ja recht«, sagte Gatuiria schnell, als wollte er Wariinga beschwichtigen. »Nun aber haben wir die Chance, neu zu beginnen, und wir werden bessere Tage sehen«, fügte er hinzu; seine tiefe Überzeugung, daß sich der Lauf der Dinge ändern müsse, hatte ihn zu dieser optimistischen Feststellung veranlaßt.
    Dann erinnerte sich Gatuiria plötzlich wieder der Einladungskarten zum Fest des heutigen Tages, und wie man den Gästen darauf vorgeschrieben hatte, sich zu kleiden … Er verfiel in Schweigen und dachte an den Schock seiner Eltern bei Wariingas Anblick - Wariinga, mit einem Tuch bekleidet, mit einem Halsschmuck aus Glasperlen und mit Nyori-Ohrringen!
    Dies stimmte Gatuiria froh. Er dachte einen Augenblick daran, Wariinga die Karte zu zeigen, ließ jedoch den Gedanken wieder fallen.
    »Die Zukunft hält Neues und Schöpferisches für uns bereit, und dies ist der Anfang«, wiederholte er, als spräche er sich selbst Mut zu.
    »Möge es so sein!« sagte Wariinga, um gleich zu widerrufen, was sie eben gesagt hatte: »Nein, so soll es nicht sein … wir werden nicht mehr warten, bis sich die Dinge von allein entwickeln … Warum können wir nicht selbst dafür sorgen, daß alles so wird, wie wir es uns vorstellen?«
    »Also, nehmen wir die Dinge in die Hand!« sagte Gatuiria.
    »Wir nehmen die Dinge in die Hand!« fiel Wariinga ein.
    »Die Revolution der Iregi-Rebellen!«
    »Der Anfang einer neuen Welt!« sagte Wariinga.
    »So sei es!« rief Gatuiria aus und trat mit seinem rechten Fuß das Gaspedal durch …
2
    Es ist durchaus wahr, daß ihre Reise nach Nakuru sehr angenehm verlief.
    Und ebenso wahr ist, daß sie die Reise auch noch genossen, als sie durch Lanet fuhren und in ihrem roten Toyota nach Ngorika abbogen.
    Und es ist auch wahr, daß sie die Reise selbst dann noch
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