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Der gekreuzigte Teufel

Der gekreuzigte Teufel

Titel: Der gekreuzigte Teufel
Autoren: Ngugi wa Thiong'o
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muß ich dich immer und immer wieder anschauen, denn niemand gibt sich damit zufrieden, die Schönheit nur einmal zu sehen!«
    Um sich die Zeit bis zwei Uhr zu vertreiben, legten sie in Naivasha und Gilgil Pausen ein, um Tee und Limonade zu trinken. Gatuiria gefiel das. Wariingas Anblick, wie sie so neben ihm herging und ihre hellen Fersen bei jedem Schritt aufleuchteten, geschmückt mit dem Tuch, den Halsbändern und Ohrringen und ihrer Handtasche über der Schulter, ließ sein Herz vor Freude höher schlagen. Und nicht nur ihm erging es so. Viele Passanten blieben stehen, um Wariinga nachzuschauen.
    »Oh, die ist aber echt!« hörte man einige sagen. Andere bemerkten:
    »Glaubst du jetzt, daß die Tradition weiterentwickelt werden kann? Dieser Schönheit würde man, wo immer sie hinginge, die Türen öffnen.«
    Wieder im Auto, ließ sich Gatuiria eingehend über die verschiedenen Kommentare aus:
    »Es stimmt, was diese Leute sagten. Ich wüßte keine einzige unserer Traditionen, die wir, das Volk Kenias, nicht weiterentwickeln und auf der wir nicht aufbauen könnten - unsere Architektur; unsere Lieder und wie sie gesungen werden; unser Theater; unsere Literatur; unsere Technologie und unsere Wirtschaft. Obwohl Mwireri wa Mukiraai das System, in dem der eine verschlingt, was der andere produziert hat, nie verurteilte, so hat er doch in einigen Punkten recht: Wir dürfen nicht immer hinter ausländischen Dingen herjagen, in die Fußstapfen anderer treten, nur das singen, was andere komponiert haben und in den Chor der Lieder einstimmen, den Solisten aus anderen Ländern angestimmt haben. Wir können unsere eigenen Lieder komponieren, wir können unsere eigenen Solisten sein, und wir können die Lieder uns selbst vorsingen …«
    »Vielleicht wird deine Komposition eine Revolution in der kenianischen Musik auslösen«, sagte Wariinga zu Gatuiria und fügte dann übermütig hinzu: »›Gatuiria Juu!‹«
    »Ich bin kein Politiker, deshalb soll deine spitze Zunge mich nicht loben«, sagte Gatuiria. »Revolution? Deine Worte erinnern mich an etwas, das Igor Strawinsky, ein russischer Komponist, inseinem Buch Die Poesie der Musik sagte. Er argumentierte, daß in der Musik keine echte Revolution möglich sei - es werde nur wenig Neues dem hinzugefügt, was andere schon früher geschaffen hätten. Aber dem, was du empfindest, kann ich nur zustimmen. Wir, die Jugend Kenias, müssen das Licht sein, das unserem Land auf neuen Wegen des Fortschritts voranleuchtet. Du verkörperst zum Beispiel genau das, was ich sagen will. Deine Ausbildung zum Mechaniker in der Montage, als Dreher und in der Gießerei war ein sehr wichtiger Schritt in dieser Richtung. Deine Ausbildung ist wie ein Licht, das den anderen Mädchen ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten aufzeigt …«
    Einen Augenblick lang war es Wariinga, als höre sie nicht mehr Gatuiria reden … Die Stimme war zur Stimme ihres Professors am Polytechnikum geworden, beim Unterricht über den Verbrennungsmotor, insbesondere den Kraftfahrzeugmotor …
    Ein Kraftfahrzeug hat verschiedene Teile, durch deren Zusammenwirken es in Bewegung gesetzt wird. Die Kraft, die es antreibt, entsteht bei der Verbrennung von Gas … Der Motor ist für das Fahrzeug dasselbe wie das Herz für den Körper des Menschen … Der Motor verwandelt eine Mischung aus Luft und Gas in Kraft, die das Fahrzeug antreibt … Es gibt zwei Arten von Verbrennungsmotoren - den Dieselmotor und den Benzinmotor. Aber heute werden wir nur den Motor behandeln, der Benzin verbrennt. Ein Motor hat eine Hauptwelle mit vier oder sechs Zylindern. Jeder Zylinder hat einen Kolben, der durch die Pleuelstange mit der Kurbelwelle verbunden ist. Der Kolben gleicht dem Stößel eines Mörsers, der die Mischung aus Luft und Benzin zusammendrückt. An jedem Zylinder sitzen zwei Ventile: eines, um die Mischung aus Luft und Benzin hereinzulassen, und das andere, um das verbrannte Material hinauszulassen. Jeder Zylinder hat eine Zündkerze … Benzin und Luft werden im Vergaser gemischt … Der Verbrennungsmotor arbeitet in vier Takten: Ansaugen, Verdichten, Verbrennen, Ausstoßen … Jetzt nehmen wir uns einen Zylinder vor, um zu sehen, wie er funktioniert … Also … Der Motor wird durch den Anlasser gestartet. Die Kurbelwelle beginnt sich zu drehen, der Kolben wird im Zylinder nach unten gezogen … das Einlaßventil öffnet sich, ein Benzin-Luftgemisch strömt in den Zylinder und füllt ihn aus … Der Kolben am unteren Ende des
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