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Der Gejagte

Der Gejagte

Titel: Der Gejagte
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auf. Die Menschen in ihrer unmittelbaren Nähe versuchten hastig,
sich in Sicherheit zu bringen, während die herbeieilenden Soldaten
ihre Waffen zogen.
Andrej wirbelte Abu Dun herum, bevor dieser auf die Idee kommen
konnte, den Helden zu spielen, und stieß ihn so grob vor sich her,
dass dieser um ein Haar das Gleichgewicht verloren hätte. Andrejs
Hand hinterließ einen schmierigen Blutfleck auf Abu Duns Schulter,
denn das Schwert des Muselmanen hatte sein Fleisch bis auf die
Knochen aufgerissen. Die Wunde blutete heftig und schmerzte unerträglich. Trotzdem ließ er Abu Dun nicht los, sondern ergriff ihn
noch fester und stieß ihn auf das Pferd des Muselmanen zu. Das Tier
scheute, versuchte nach ihm zu beißen und wäre zweifellos einfach
davongesprengt, wäre es nicht in der aufgewühlten Menschenmenge
eingekeilt gewesen.
Mit seinem Verhalten rettete dieses Pferd ihnen am Ende sogar das
Leben.
Andrej wich den zuschnappenden Zähnen aus, packte die Zügel und
riss den Kopf des Tiers mit solcher Gewalt herum, dass der Hengst
gequält aufschrie und mit den Hinterläufen austrat. Seine wirbelnden
Hufe trafen zwei, drei Männer und fegten sie von den Füßen. Daraufhin brach rings um sie herum Panik aus. Die Menschen versuchten in blinder Todesangst ihr nacktes Leben zu retten und stoben in
alle Richtungen davon. Einige der heranstürmenden Soldaten wurden
einfach niedergetrampelt. Auch die anderen kamen nicht mehr
schnell genug voran. Die beiden Gefährten hatten einen winzigen
Vorsprung, und das musste reichen.
Andrej schwang sich in den Sattel, zerrte den völlig verstörten Abu
Dun zu sich herauf auf den Rücken des Tiers, das unter dem gewaltigen Gewicht des Nubiers fast in die Knie ging, und zog das Pferd
herum. Es scheute und weigerte sich, dem unbekannten Herrn zu
gehorchen, aber Andrej brach seinen Willen mit blanker Gewalt. Das
Pferd schrie vor Schmerz auf, als die Trense in das empfindliche
Fleisch in seinem Maul schnitt, warf den Kopf zurück, drehte sich
aber gehorsam auf der Stelle und sprengte los. Die sie umgebenden
Menschen stoben auseinander, um nicht umgerissen zu werden. Einige Männer stürzten und brachten weitere zu Fall. Dann tat sich eine
Gasse in der Menge auf, durch die Andrej das Pferd lenkte.
Die Panik der Menge diktierte ihren Fluchtweg, aber zu ihrem
Glück führte dieser vom Waffenarsenal weg, und das allein zählte.
Andrej rammte dem Tier erbarmungslos die Absätze in die Flanken
und beugte sich gleichzeitig tiefer über seinen Hals. Etwas traf ihn in
die Seite und explodierte in einer Wolke aus feurigem Schmerz, der
sich von seinem Knie bis in die Rippen hinaufzog. Er spürte, wie
warmes, klebriges Blut an seinem Bein hinablief. Metall blitzte. Ein
Schwert hieb nach ihnen und verfehlte sein Gesicht nur um Haaresbreite. Dann war plötzlich das Schlimmste vorbei. Rings um sie herum flüchteten noch immer Menschen in heller Aufregung, aber die
Menge war nicht mehr so dicht und das Pferd gewann an Tempo.
Andrej hielt auf eine der großen Straßen zu, die vom Platz fortführten, und zwang das Tier so brutal um die Biegung, dass es erneut
protestierend aufschrie und um ein Haar gestürzt wäre. Hinter ihm
keuchte Abu Dun vor Schreck auf, vielleicht auch vor Schmerz.
Andrej wusste nicht einmal, ob sein Freund vielleicht ebenfalls verwundet worden war, aber ihm blieb keine Zeit, nach ihm zu sehen.
Es war noch nicht vorbei.
Auch die Straße vor ihnen war voller Menschen, die erschrocken
und verwirrt stehen blieben, als sie das Pferd mit den zwei ungleichen Reitern auf sich zugaloppieren sahen. Einige versuchten, zur
Seite zu springen, aber die meisten blieben einfach stehen. Ein Mann
starrte ihnen sogar mit einem Ausdruck grimmigen Trotzes entgegen.
Anstatt zur Seite zu gehen, versperrte ihnen mit einem demonstrativen Schritt den Weg.
Andrej schluckte einen Fluch hinunter, riss das Pferd herum und
preschte geduckt durch ein niedriges Tor auf einen von Säulengängen umschlossenen Hof, aus dem kein Weg hinausführte. Mit einem
weiteren Fluch (diesmal in seiner Muttersprache, was ihn wohl endgültig verraten hätte, wäre jemand in der Nähe gewesen, um ihn zu
hören) riss er das Pferd erneut herum, fiel mehr von dessen Rücken,
als dass er abstieg, und konnte gerade noch zugreifen, als Abu Dun
nun tatsächlich aus dem Sattel fiel. Das Pferd machte einen Satz zur
Seite und raste mit einem protestierenden Wiehern davon. Schwer
atmend sah Andrej sich
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