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Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr

Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr

Titel: Der geheime Zirkel 02 - Circes Rueckkehr
Autoren: Libba Bray
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Missbilligung. Ich drehe mich um und sehe Mrs Nightwing , die eisige Direktorin der Spence -A kademie , die mich anschaut , als sei ich aussätzig. Ve r dammt.
    »Miss Doyle , halten Sie das für komisch? Finden Sie es richtig , sich über das Elend der Ärmsten der Armen und U n glücklichen Londons lustig zu machen?«
    »Ich … ich … aber …«
    Mrs Nightwing starrt mich über ihre Brillengläser hi n weg strafend an. Ihr ergrauender , hoch aufgetürmter Haarknoten scheint wie zur Bestätigung zu nicken.
    »Vielleicht würden Sie ein Quäntchen gesundes und dri n gend benötigtes Mitgefühl entwickeln , wenn Sie eine Zeit lang gezwungen wären , Samariterdienste zu leisten , Kranke zu pflegen und Wunden zu verbinden , wie ich es in meiner Jugend während des Krimkriegs getan habe.«
    »J-ja , Mrs Nightwing. Ich weiß nicht , wie ich so herzlos sein konnte« , stottere ich.
    Aus dem Augenwinkel sehe ich Felicity und Ann über ihre Basteleien gebeugt , als seien es faszinierende Fundstücke aus einer archäologischen Ausgrabung. Ich bemerke , dass ihre Schultern zittern , und schließe me s serscharf daraus , dass sie mit dem Lachen kämpfen. Und das nennt sich Freundschaft.
    »Dafür verlieren Sie zehn Punkte für gute Führung. Und a ls Buße erwarte ich von Ihnen , dass Sie in den Weihnachtsferien ein wohltätiges Werk tun.«
    »Ja , Mrs Nightwing.«
    »Sie werden einen ausführlichen Bericht über dieses woh l tätige Werk verfassen und mir mitteilen , wie es Ihren Chara k ter gestärkt hat.«
    »Ja , Mrs Nightwing.«
    »Und an dieser Figur müssen Sie noch hart arbeiten.«
    »Ja , Mrs Nightwing.«
    »Haben Sie irgendwelche Fragen?«
    »Ja , Mrs Nightwing. Ich meine , nein , Mrs Nightwing. Da n ke.«
    Ein wohltätiges Werk? In den Weihnachtsferien? Wü r de es nicht genügen , die Gesellschaft meines Bruders , Thomas , so lange zu ertragen? Verdammt. Ich hab die Nase voll davon.
    »Mrs Nightwing?« Beim bloßen Klang von Cecilys Stimme könnte mir Schaum vor den Mund treten. »Ich hoffe , diese hier sind zufriedenstellend. Ich möchte so gerne den Ärmsten der Armen dienen.«
    Es kostet mich fast übermenschliche Kraft , ein lautes Ha! zu unterdrücken. Cecily , die keine Gelegenheit au s lässt , Ann wegen ihres Stipendiatenstatus aufzuziehen , will mit den A r men ganz bestimmt nichts zu tun haben. Sie will nur Mrs Nightwings Schoßhündchen sein und sonst nichts.
    Mrs Nightwing hält Cecilys perfekt geformte Figuren hoch , um sie in Augenschein zu nehmen. »Die sind vo r bildlich , Miss Temple. Sie verdienen mein Lob.«
    Cecily lächelt selbstgefällig. »Danke , Mrs Nightwing.«
    Oh du fröhliche Weihnachtszeit.
    Mit einem tiefen Seufzer zerlege ich meinen veru n glückten Trommler wieder und beginne noch einmal von vorn. Meine Augen brennen und tränen. Ich reibe sie , aber das nützt nichts. Was ich brauche , ist Schlaf , aber der Schlaf ist genau das , wovor ich mich fürchte. Seit Wochen werde ich von bösen Träumen geplagt. Wenn ich aufwache , erinnere ich mich an kaum etwas , nur an vereinzelte Bruchstücke. Ein in Rot und Grau ve r schwimmender Himmel. Eine gemalte Blume , von der blutige Tränen tropfen. Ein seltsamer , in Licht aufgelö s ter Wald. Die Spiegelung meines ernsten , fragenden G e sichts im Wasser. Aber was in meiner Erinnerung haften bleibt , sind die Bilder von ihr , schön und traurig.
    »Warum hast du mich verlassen?« , ruft sie und ich kann nicht antworten. »Ich will zurückkommen , i ch will , d ass wir wieder zusammen sind.« Ich stürze fort und renne , aber ihre Stimme erreicht mich. »Es ist deine Schuld , G emma! Du hast mich hier zurückgelassen! Du hast mich verlassen!«
    Das ist alles , woran ich mich erinnere , wenn ich mo r gens aufwache , schwer atmend und mit Schweiß b e deckt , müder , als ich zu Bett gegangen bin. Es sind nur Träume. Aber w a rum hinterlassen sie in mir so beunr u higende Gefühle?
    »Ihr hättet mich warnen können« , beschwere ich mich bei Felicity und Ann , sobald wir allein sind.
    »Du hättest vorsichtiger sein können« , verteidigt sich Ann. Sie fischt ein vom vielen Waschen grau gewordenes Tasche n tuch aus ihrem Ärmel und wischt sich ihre stä n dig laufende Nase und ihre wässrigen Augen.
    »Ich hätte es nicht getan , wenn ich gewusst hätte , dass sie direkt hinter mir steht.«
    »Du weißt , dass Mrs Nightwing wie Gott ist –überall zur gleichen Zeit. Vielleicht ist sie ja wirklich Gott , wer weiß.« Felicity seufzt. Der
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