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Der geheime Auftrag des Jona von Judaea

Titel: Der geheime Auftrag des Jona von Judaea
Autoren: Rainer M. Schroeder
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du nicht sagst!«, antwortete Jona mit gespieltem Erstaunen. »Darauf wäre ich allein nicht gekommen!«
    Timon furchte unwillig die Stirn. »Du hast mich ja gar nicht ausreden lassen!«
    »Bitte, ich höre!«
    »Es versteht sich von selbst, dass Flucht unsere einzige Chance ist, einer Versklavung bis an unser Lebensende zu entkommen! Denn wenn du erst einmal in Tyrus auf dem Sklavenmarkt stehst, erntest du nur höhnisches Gelächter, wenn du beteuerst, dass Berechja kein Recht hat, dich zu verkaufen. Wir sind bestimmt nicht die ersten Schuldsklaven, denen man so übel mitspielt - und wir werden auch nicht die letzten sein! Männer wie Berechja gibt es zu allen Zeiten! Und deshalb bleibt uns bloß die Flucht, solange noch die Möglichkeit dazu besteht!«
    »Aber damit brechen dann wir das Gesetz!«, wandte Jona ein. »Ich weiß nicht, wie es bei dir aussieht, aber meine Zeit als Schuldsklave ist noch nicht abgelaufen. Erst im nächsten Jahr müsste Berechja mich freilassen!«
    »Na und?« Timon warf ihm einen spöttischen Blick zu. »Ob ein Monat oder fünf Jahre, was macht denn das für einen Unterschied? Ich habe noch volle zwei Jahre als Schuldsklave vor mir. Aber ich denke nicht daran, mich an das Gesetz zu halten, wenn ich dadurch mein Schicksal für den Rest meines Lebens besiegele. Denn wenn ich jetzt nichts unternehme, bin ich nämlich in spätestens zwei Wochen der lebenslange Sklave irgendeines phönizischen Gutsbesitzers, eines Händlers aus Antiochia 7 oder gar eines verfluchten Römers, der mich womöglich noch übers Meer nach Italien auf seine Ländereien verschleppt! Und das Gleiche gilt für dich!«
    Jona schwieg einen Moment und blickte mit verkniffener Miene hinaus auf das karge judäische Bergland, das nun rasch in der nächtlichen Dunkelheit versank. Die ersten Sterne lösten sich funkelnd aus der zunehmenden Schwärze.
    »Mir geht es nicht in den Kopf, woher Berechja die Unverfrorenheit nimmt, uns auf dem Sklavenmarkt an irgendwelche Heiden verkaufen zu wollen!«, stieß Jona hervor. »Er weiß doch, dass er damit gegen das Gesetz verstößt. Wer sich an seinen Gläubiger als Schuldsklave verkauft hat, weil er seine Schulden nicht begleichen kann und nicht in Schuldhaft genommen werden will, muss im siebten Jahr aus der Sklaverei entlassen werden! So steht es im Gesetz 8 !«
    Timon schnaubte geringschätzig. »Das Gesetz kümmert Berechja doch weniger als der Dreck unter unseren Fingernägeln! In der Tora steht auch, dass es allen jüdischen Bauern verboten ist, in jedem siebten Jahr zu pflanzen, zu ernten oder Obstbäume zu beschneiden 1 . Alles Land ein Jahr lang brach liegen zu lassen mag ja sinnvoll sein. Aber welcher arme Bauer, der auch so schon kaum genug zum Leben hat, geschweige denn Vorräte für ein ganzes Sabbatjahr anzusparen vermag, kann sich denn diesen Luxus leisten? Das ist nur was für die Reichen und die Pharisäer 9 , die es mit der Auslegung der Schrift auf den Buchstaben genau nehmen - und Zeit für derartige Spitzfindigkeiten haben. Nein, aus dieser Richtung hat Berechja nichts zu befürchten. Wer sollte denn für unser Recht auch nur den kleinen Finger krümmen? Nenn mir auch nur einen!«
    Jona hob die Schultern. »Ich weiß auch keinen. Aber in drei Tagen ist Sabbat 10 und den Besuch der Synagoge wird er uns auch auf der Reise nicht verwehren. Da könnten wir doch die Gelegenheit nutzen und den Synagogenvorsteher über Berechjas schändlichen Plan unterrichten.«
    Timon hielt von dem Vorschlag gar nichts, denn er schüttelte schon den Kopf, noch bevor Jona ganz ausgesprochen hatte. »Das wird zwecklos sein. Dafür ist Berechja zu gerissen, und er versteht sich darauf, Vertrauen zu erwecken und zu blenden. Sonst wären unsere Väter wohl kaum auf ihn hereingefallen.«
    »Stimmt«, murmelte Jona. »Doch wir könnten es wenigstens versuchen...«
    »Ich sage dir, was Berechja dann tun wird«, fuhr Timon grimmig fort. »Er wird sehr überzeugend den Ehrenmann spielen, mit wortreicher Entrüstung abstreiten, dass an unseren Verdächtigungen auch nur ein Körnchen Wahrheit ist, und uns als aufsässige Unruhestifter hinstellen, die nicht zum ersten Mal Ärger machen. Und weiter wird da nichts passieren, verlass dich drauf! Jedenfalls nichts, was uns helfen könnte«, prophezeite er. »Das Einzige, was wir damit erreichen werden, wird sein, dass Berechja und seine Aufpasser gewarnt sind und uns danach keine Sekunde mehr aus den Augen lassen. Nein, ohne handfeste Beweise haben wir
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