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Der Gefangene der Wüste

Der Gefangene der Wüste

Titel: Der Gefangene der Wüste
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das Gesäß. »Ein Arzt freut sich immer, wenn bei den Kranken die Verdauung klappt. Aber zuviel Blähungen sind ungesund, mein Freund. Schwester, freimachen zur Injektion!«
    Cathérine fragte nicht lange. Sie griff die Hose des Mannes, zog sie mit einem Ruck herunter, Dr. Bender nahm eine Spritze aus einem kleinen blinkenden Kasten, den er in der rechten Kitteltasche trug, und ehe der Kranke noch reagieren konnte, saß die Nadel in seiner Hinterbacke und Dr. Bender drückte zu.
    »Verdammt!« schrie der Gespritzte. »O verflucht.« Er drückte die Hände vor den Unterleib, aber es half nichts mehr … es wurde naß unter ihm, er hatte in die Hose gemacht.
    »So geht es«, sagte Dr. Bender gemütlich, ja fast väterlich und reichte Cathérine die leere Spritze. »Große Fresse, aber dann ins Bett pinkeln vor Angst. Der nächste …« Er wandte sich um zu dem Gelbsüchtigen, der eben noch gelacht hatte. Nun lag er wie in strammer Haltung auf dem Bett und starrte den Arzt mit seinen gelbgefärbten Augäpfeln lauernd an. »Und Sie?«
    »Alles in Ordnung, Doktor.«
    »Sie haben Gelbsucht und saufen Schnaps! Wollen Sie krepieren?«
    »Das werden wir alle in der verfluchten Wüste! Da ist Schnaps noch das beste!«
    »Auch eine Philosophie.« Dr. Bender setzte sich ans Bett, untersuchte den Kranken, tastete die harte, geschwollene Leber ab und maß den Blutdruck. Cathérine murmelte die Medikamente herunter, die sie gegeben hatte. Es war erschreckend. Medizin des Mittelalters.
    »Sie müssen eine Bärennatur haben, um das bisher überstanden zu haben«, sagte Dr. Bender. »Aber jetzt wird ein anderer Wind wehen. Sie werden versorgt werden wie im Krankenhaus von Paris.«
    »Eine Pariserin wäre mir lieber, Doktor.«
    »Beim nächsten Urlaub, mein Lieber. Erst müssen wir Ihre Leber hinkriegen …«
    Es war eine trostlose Visite. Auch die beiden anderen Kranken sperrten sich gegen den jungen Arzt … seine Worte flossen an ihnen vorbei wie fauliges Wasser. Sie ließen sich die Zigaretten und Flaschen wegnehmen, aber als er das Zimmer verlassen hatte, griffen sie unter die Matratzen und zogen die versteckten Packungen hervor.
    So ein dämlicher Affe, dachten sie. Krankenhausdrill wie in Paris. Hier leben wir in der Wüste, docteur, in einem Meer von glühendem Sand. Du hast noch keinen Sandsturm erlebt, wenn die Welt untergeht in einer Wolke aus feinkörnigem Staub, der dir den weißen Kittel vom Leib reißen wird wie Lokuspapier! Du kennst die Sahara nicht, docteur … die unendlich Schweigende, sagen die Araber … aber manchmal brüllt sie auf wie zehn Vulkane. Dann wirst du dir in die Hose machen, docteur –
    »Was haben Sie da vorhin gespritzt?« fragte Schwester Cathérine, als sie wieder im Untersuchungszimmer saßen und Dr. Bender die Krankenkartei durchblätterte, die Cathérine gewissenhaft geführt hatte.
    »Einfaches Calcium. Sie wissen doch … wenn man schnell statt ganz langsam injiziert, kommt eine Hitzewelle über den Patienten, und schließlich muß er in die Hose machen, ob er will oder nicht.« Dr. Bender blickte von den Karteiblättern auf. »Wie weit ist Bou Akbir?«
    »24 Kilometer. Warum?«
    »Ich werde die Oase inspizieren und alle Einwohner untersuchen. Der geheimnisvolle Hadjar-Virus ist nicht eingeschleppt … er muß aus der Wüste, aus den Oasen kommen …«
    »Das wird Schwierigkeiten mit Seradji Achmed geben.«
    »Wer ist denn das?«
    »Der Scheich von Bou Akbir. Ein König in seiner Oase.«
    »Ich werde mit ihm sprechen. Morgen fahren wir hin …«
    »Wie Sie wollen, Doktor.« Cathérine hob die Schulter, streifte das Häubchen vom Haar und strich die weiße Schürze glatt. Ihre spitzen, kleinen Brüste drückten sich durch den Stoff. »Sie werden dabei das Phantastische dieser Wüste kennenlernen: Wir arbeiten für das Jahr 2000 und leben doch im Altertum!« Abrupt, als habe sie zuviel Menschliches gesagt, stand sie auf. »Ist noch etwas, Doktor?«
    »Nein. Sie können gehen, Schwester. Vergessen Sie nicht die Medikamente für die einzelnen Kranken. Sie haben sich nichts notiert.«
    »Ich vergesse nie etwas!«
    Sie ging hinaus, mit einem festen Schritt und doch mit einem fraulichen Wiegen der Hüften. Das Pistolenhalfter wippte auf ihrem Oberschenkel.
    Am Abend trafen sie sich vor der Tür der Krankenbaracke.
    Im Camp war das Abendessen vorüber. Die Küche hatte für den neuen Doktor einen Topf herübergeschickt. Nudeln mit Backpflaumen. Luciano, der kleine Italiener, brachte ihn und
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